Der sterbende König (German Edition)
sagte Sigelf so scharf, wie sein Gesicht geschnitten war, «jung und dumm. Er hat seine Lektion gelernt.»
«Die Lektion der Untertanentreue?», fragte ich und sah über die Straße, wo sich Sigebriht gerade tief vor dem König verneigte.
«Sie haben dasselbe Weibsbild geliebt», sagte Sigelf, «aber Edward war ein Prinz, und Prinzen bekommen, was sie wollen.»
«Ebenso wie die Könige», sagte ich milde.
Sigelf verstand, was ich damit meinte, und warf mir einen eiskalten Blick zu. «Cent braucht keinen König», sagte er, und versuchte damit offenkundig, das Gerücht zu entkräften, er wolle diesen Thron selbst.
«Cent hat einen König», sagte ich.
«Das haben wir auch gehört», sagte er höhnisch, «aber Wessex muss mehr für uns tun. Jeder verfluchte Nordmann, der mit einem Tritt in den Arsch aus dem Frankenreich verabschiedet wird, taucht an unserer Küste auf, und was tut Wessex? Kratzt sich selbst bloß am Arsch, und dann riecht es an seinen Fingern, während wir leiden.» Er sah zu, wie sich sein Sohn erneut vor Edward verbeugte, und spuckte aus, allerdings war es schwer zu entscheiden, ob der Grund dafür die Unterwürfigkeit seines Sohnes oder die Führung von Wessex war. «Denkt nur daran, was geschehen ist, als Harald und Haesten gekommen sind!», forderte er mich auf.
«Ich habe sie beide besiegt», sagte ich.
«Aber erst, als sie halb Cent geplündert und fünfzig oder mehr Dörfer niedergebrannt hatten. Wir brauchen mehr Verteidigung.» Er funkelte mich wütend an. «Wir brauchen Hilfe!»
«Aber nun seid Ihr hierher gekommen», sagte ich beruhigend.
«Wir helfen Wessex», sagte Sigelf, «obwohl Wessex uns nicht hilft.»
Ich hatte geglaubt, dass die Ankunft der Einheiten aus Cent Edward zum Handeln bringen würde, doch stattdessen wartete er weiter ab. Täglich wurde ein Kriegsrat abgehalten, aber er entschied nichts, abgesehen davon, dass wir weiter abwarten und den Gegner beobachten sollten. Kundschafter wurden ausgeschickt und brachten jeden Tag Berichte, und diese Berichte enthielten nichts anderes, als dass sich die Dänen immer noch nicht bewegt hatten. Ich drängte den König, endlich anzugreifen, aber ich hätte ihn ebenso gut bitten können, zum Mond zu fliegen. Ich flehte ihn an, mich meine eigenen Männer südwärts führen zu lassen, um den Feind auszukundschaften, doch er lehnte ab.
«Er glaubt, du würdest angreifen», erklärte mir Æthelflæd.
«Aber warum greift er nicht selbst an?», fragte ich verzweifelt.
«Weil er Angst hat», sagte sie, «weil er von zu vielen Seiten Ratschläge bekommt, weil er sich davor fürchtet, die falsche Entscheidung zu treffen, weil er nur diese eine Schlacht verlieren muss, und er ist nicht mehr König.»
Wir waren im obersten Stockwerk eines Römerhauses, einem dieser erstaunlichen Gebäude, in dem Treppen von einem Stockwerk zum anderen hinaufführen. Der Mond schien durch ein Fenster herein und durch die Löcher im Dach, wo die Ziegel heruntergefallen waren. Es war kalt, und wir hatten uns in Felle gewickelt. «Ein König sollte sich nicht fürchten», sagte ich.
«Edward weiß, dass er an seinem Vater gemessen wird. Er fragt sich, was unser Vater jetzt tun würde.»
«Alfred hätte mich rufen lassen», sagte ich, «mir zehn Minuten lang eine Predigt gehalten und mir dann die Armee überlassen.»
Sie lag schweigend in meinen Armen und sah zu dem vom Mondlicht durchbrochenen Dach hinauf. «Glaubst du», sagte sie, «dass wir jemals Frieden haben werden?»
«Nein.»
«Ich träume von dem Tag, an dem wir in einem großen Palas wohnen, auf die Jagd gehen, den Sängern zuhören, am Fluss entlangspazieren und niemals Angst vor einem Feind haben müssen.»
«Du und ich?»
«Nur du und ich.» Sie drehte ihren Kopf herum, sodass ihr das Haar über die Augen fiel. «Nur du und ich.»
Am nächsten Morgen erhielt Æthelflæd von Edward den Befehl, nach Cirrenceastre zurückzukehren, eine Anweisung, die sie glatt missachtete. «Ich habe ihm gesagt, er soll dir den Befehl über die Armee geben», sagte sie.
«Und was hat er gesagt?»
«Dass er der König ist und die Armee führt.»
Ihr Ehemann hatte auch Merewalh nach Gleawecestre zurückbefohlen, aber Æthelflæd überzeugte ihn davon, zu bleiben. «Wir brauchen jeden guten Mann», sagte sie, und so war es, aber nicht, damit diese guten Männer hinter den Mauern Lundenes verrotteten. Wir hatten eine ganze Armee dort, und alles, was sie tat, war, Wallmauern zu bewachen und auf die immer
Weitere Kostenlose Bücher