Der sterbende Stern
Steppe. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie bös. Ihr seid zu sechst, gute Kämpfer, wie ich annehme, aber gegen die, die ihr auf der Straße treffen werdet, seid ihr nichts.«
»Was könnten die von uns wollen?« sagte Stark. »Wir haben nichts, das zu stehlen sich lohnte.«
»Auf euch selbst wird man scharf sein«, sagte Amnir. »Auf eure Körper, eure Stärke.« Er verneigte sich zu den Frauen hin. »Auf eure Schönheit. In der Steppe wird mit Männern und Frauen gehandelt. Warum das Risiko eingehen? Wenn man euch fängt oder beim Widerstand gegen die Gefangennahme tötet, wo ist dann euer Ziel?« Er beugte sich über den Tisch und sagte in aufrichtigem Ton: »Ich ziehe als Händler tiefer in das dunkle Land als sonst einer, weil ich nicht nur mutig sondern auch umsichtig bin. Ich reise mit fünfzig gut bewaffneten Männern. Warum nicht sicher mit mir reisen?«
Stark legte die Stirn in Falten, als denke er nach. »Es ist die Zeit«, sagte Stark und schüttelte den Kopf. »Allein kommen wir rascher voran.«
»Eine Zeitlang«, pflichtete ihm Amnir bei. »Und dann …« Er machte die Handbewegung des Halsabschneidens. »Außerdem kann ich mir nicht leisten, langsam zu reisen. Viel Zeit würdet ihr nicht verlieren.«
»Wann brichst du auf?«
»Am Morgen, vor der ersten Dämmerung.«
Stark schien wieder zu überlegen. »Wieviel müssen wir dir bezahlen?«
»Ihr müßt nichts bezahlen. Ihr braucht Reittiere und Proviant, und wenn wir angegriffen werden, erwarte ich, daß ihr mit uns kämpft. Das ist alles.«
»Ein ehrliches Angebot«, sagte Kazimni. »Und wenn es euch zu langsam geht, könnt ihr die Wagen immer noch verlassen, nicht wahr, Amnir?«
Amnir lachte. »Ich werde sie nicht aufhalten.«
Stark blickte Gerrith an. »Was meint die weise Frau?«
»Wir sollen tun, was der Dunkle Mann für richtig hält.«
»Nun«, sagte Stark, »wenn es stimmt, das wir später immer noch unserer eigenen Wege gehen können …«
»Selbstverständlich!«
»Dann meine ich, wir sollten am Morgen mit Amnir ziehen.«
Man schüttelte sich die Hände. Man besprach noch einige Einzelheiten, und die beiden Männer gingen. Stark nahm seine Karten und ging mit seiner Gruppe nach oben. Sie drängte sich in eins der kleinen Zimmer.
»Was meint die weise Frau jetzt?« fragte Stark.
»Dieser Amnir aus Komrey führt nichts Gutes im Schilde.«
»Das kann man auch ohne weise Frau sehen«, sagte Halk. »Der Mann riecht nach Verrat. Und doch will der Dunkle Mann mit ihm ziehen.«
»Der Dunkle Mann hat keine Scheu vor Lügen, wenn er sie für notwendig hält.« Stark sah sie der Reihe nach an. »Wir warten die vierte Stunde nicht ab. Sobald es im Gasthaus still ist, ziehen wir los. Wir können im Sattel schlafen.«
Es war sternklare Mitternacht, als sie aus Izvand ritten. Das kalte Band der Straße wies nach Norden in das dunkle Land, und weit und breit war niemand zu sehen. Sie ritten so schnell wie möglich. Halk schien es eilig zu haben, und Stark hatte keine Lust, es ihm auszureden. Auch er wollte Amnir so weit wie möglich hinter sich wissen.
Das Land stieg langsam zu den eisbedeckten Gebieten des Nordens an, und Stark konnte von höhergelegenen Stellen aus die Straße im Auge behalten. Er konnte auch die Nase in den Wind halten, in die Stille horchen und das geheimnisvolle Land ertasten, das ihn umgab.
Gut war das Land nicht. Das primitive Geschöpf in ihm spürte, das es vom Bösen wie von einer Krankheit überzogen war. Die Drei Damen waren hinter Wolken verschwunden. Schnee begann herabzurieseln. Stark war darüber nicht froh, weil er ihnen die Sicht nahm. Die Gruppe blieb dicht beieinander und ritt vorsichtig weiter.
Sie stießen an einer Kreuzung auf ein Gasthaus. Stark hielt es für richtiger, es in einem Bogen zu umgehen. Sie führten die Tiere am Zügel, um so wenig wie möglich Lärm zu machen.
Die Dämmerung ließ sich Zeit, und als sie die alte Sonne zeigte, war sie nur ein rötlicher Schein im Schneetreiben.
In diesem düsteren Licht kamen sie an die Brücke.
12.
Die Brücke, die tiefe Felsenschlucht, die sie überspannte, und das Dorf, das die Brücke erhielt und dafür Maut verlangte, waren auf allen Karten deutlich bezeichnet. Es gab offensichtlich keine Umgehung, die nicht mindestens eine Woche gekostet hätte, und der Brückenzoll schien vernünftig. Stark lockerte das Schwert in der Scheide und nahm ein paar Münzen aus dem Lederbeutel, der ihm unter den dicken Pelzen um den Hals hing. Die
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