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Der sterbende Stern

Der sterbende Stern

Titel: Der sterbende Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Brackett
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der Mann, »ich bin ein armer Mensch. Die Arbeit hat meinen Rücken krumm gemacht. Meine Kinder leiden Hunger.«
    »Deine Kinder«, sagte Amnir, »strotzen vor Fett. Und dein Rücken hindert dich nicht daran, Reisende zu berauben.«
    Der Mann breitete die Arme aus. »Herr, ich bin habgierig. Ich ergriff die gute Gelegenheit. Jeder hätte das getan.«
    »Nun«, sagte Amnir, »das stimmt wenigstens.«
    »Du kannst uns natürlich niedermetzeln«, sagte der Brückenwart, »aber wer macht dann unsere Arbeit? Denk an die Zeit, die es dich kosten wird, den Reichtum, den du verlieren wirst. Denk an die Grauen Fresser. Vielleicht wirst auch du, Herr, in ihren Klauen enden.«
    »Es steht dir nicht an, Drohungen auszusprechen«, sagte Amnir und drückte ein wenig fester mit der Lanze zu.
    Der Brückenwart seufzte. Zwei große Tränen rannen über seine Wangen. »Herr, ich bin in deiner Hand.«
    »Nun«, sagte Amnir, »wenn ich dich schone, wirst du dich an das Abkommen halten?«
    »Für immer.«
    »Das heißt, bis du das nächste Mal glaubst, es ohne Gefahr brechen zu können.« Er wandte sich um und rief: »Zurück in eure Ställe, ihr Schmutzfinken.«
    Die Dörfler rannten davon. Amnir stieg von seinem Reittier und ging zu Stark und seiner Gruppe. Man hatte dem blutverschmierten Halk auf die Beine geholfen.
    »Ich habe euch gewarnt«, sagte Amnir. »Oder etwa nicht?«
    »Allerdings.« Stark sah an ihm vorbei auf die Reiter, die sich in einem Halbkreis vor den Irnanier aufgebaut hatten. »Ihr müßt schnell geritten sein, um uns einzuholen.«
    »Sehr schnell. Du hättest warten sollen, Stark. Du hättest mit meinen Wagen ziehen sollen. Was war los? Hattest du kein Vertrauen zu mir?«
    »Nein«, sagte Stark.
    »Wie klug von dir«, sagte Amnir und lächelte. Er gab seinen Männern ein Zeichen. »Packt sie.«
     

 
13.
     
    Die Drei Damen standen tief und zeigten sich nur noch selten. Der Himmel wurde von der smaragden strahlenden Leuchte des Nordens beherrscht. Die kurzen Tage des dunklen Landes waren kaum heller als die Nächte. Der weiße Schnee färbte sich im trüben Glühen der alten Sonne rostrot, und die weite Ebene, übersät mit Ruinen verlassener Städte, zog sich hinauf zu einer fernen Gebirgswand, die ebenso ockerfarben schimmerte. Der lange Wagenzug kroch knarrend durch die unwirkliche Landschaft, und die Planen der sechzehn Fahrzeuge schlugen im Wind. Sie brachen lange vor Sonnenaufgang auf und fuhren bis weit in die Nacht hinein, und wenn sie hielten, wurde um Menschen und Tiere eine Wagenburg gebaut.
    Stark und die Irnanier ritten auf ihren eigenen Tieren und wurden vom Proviant ernährt, den sie in Izvand gekauft hatten. Amnir war entzückt, daß ihn ihre Beförderung nichts kostete. Jedes Reittier wurde von einem bewaffneten Reiter geführt. Man hatte den Gefangenen die behandschuhten Hände gebunden, und die gestiefelten Füße waren mit einem Seil gefesselt, das unter dem Bauch der Tiere durchlief. Die Fesseln waren so angelegt, daß sie den Blutkreislauf nicht unterbanden, damit die Gliedmaßen nicht erfrieren konnten.
    Das war unbequem, aber besser als die Behandlung während der ersten Tage, als sie Amnir in den Wagen versteckt hielt, damit sie keinen neugierigen Blicken ausgesetzt waren.
    Dann verließen sie die bezeichneten Straßen und zogen in die riesige Weite hinaus, und die Wagen folgten einer uralten Route, die nur deutlich zu erkennen war, wenn sie einen Bergrücken durchschnitt oder über einen Damm lief, der ein technisches Wissen verriet, das auf Skaith schon lange verloren gegangen war.
    »Eine alte Straße«, sagte Amnir. »Als die alte Sonne noch jung war, war dies Land reich und voller blühender Städte. Diese Straße stellte die Verbindung her. Damals ritt man nicht auf Tieren, hatte man keine schwerfälligen Wagen. Man fuhr in glänzenden Fahrzeugen schnell wie der Wind. Man konnte sich auch in den Himmel aufschwingen und rasch wie Sternschnuppen reisen. Wie du siehst, trotten wir jetzt über den kalten Leichnam unserer Welt.« Und doch schwang Stolz in seiner Stimme mit. Wir sind Menschen, und wir überleben.
    »Wohin trotten wir denn?« fragte Stark.
    Amnir weigerte sich, ihm mitzuteilen, was er mit ihnen vorhatte. Offenkundig war nur, daß er große Pläne hatte, denn oft sah er sie sehr wohlgefällig an. Kazimni hatte sicher die Hand mit im Spiel gehabt und würde einen Anteil des Gewinns erhalten. Stark konnte ihm deshalb nicht böse sein. Er hatte sie sicher nach Izvand gebracht.

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