Der sterbende Stern
Irnanier überprüften ihre Waffen.
In dichter Reihe zogen sie zum Zollhaus, das das südliche Ende der Brücke bewachte. Am nördlichen Ende der Brücke befand sich ein ähnlicher, fester Bau. An jedem Haus befand sich eine Winde, mit der ein Teil der Brücke aufgezogen oder herabgelassen werden konnte. Niemand konnte ohne zu bezahlen über die Brücke.
Drei Männer kamen aus dem Gebäude. Sie waren kurz und breitschultrig und sahen wie Waldschrate aus. Sie waren in dicke Pelze gehüllt und grinsten breit.
»Wieviel?« fragte Stark.
»Wie groß ist die Gruppe?« Kleine Augen blickten prüfend in das Schneetreiben hinter ihnen. »Wieviele Tiere? Wieviele Wagen? Die Brückenbohlen leiden. Holz ist teuer.«
»Keine Wagen«, sagte Stark. »Ein Dutzend Tiere. Was ihr seht.«
Drei Gesichter starrten ihn ungläubig an. »Sechs Leute, die allein reisen?«
Stark fragte noch einmal: »Wieviel?«
»Hm«, sagte der Anführer der drei und schien plötzlich aufgewacht. »Eine kleine Gruppe zahlt nur wenig.« Er nannte eine Summe. Stark beugte sich herab und zählte ihm ein paar Münzen in die schmutzige Hand. Die Männer liefen plappernd in ihr Haus. Irgendwie konnten sie sich mit der anderen Seite der Schlucht verständigen, und dann senkten sich die beiden Brückenteile knirschend herab.
Stark und die Irnanier ritten auf die Brücke.
Die Verständigung funktionierte prächtig. Bevor sie die andere Seite noch erreicht hatten, schoß der nördliche Teil in die Höhe, und vor ihnen gähnte der Abgrund.
»Dann kämpfen wir eben«, sagte Stark.
Sie wandten sich um und wollten von der Brücke galoppieren, als ein Pfeilhagel aus den schmalen Fenstern des Brückenhauses vor ihnen in die Bretter fuhr.
»Bleibt stehen!« rief eine Stimme. »Legt eure Waffen ab!«
Eine ganze Horde Waldschrate kam in Pelzen und mit Waffen eilig aus dem Dorf gerannt. Stark sah, daß von den Fenstern aus Pfeile auf sie zielten. »Ich denke, wir sitzen in der Falle«, sagte er. »Wollen wir noch ein wenig länger leben oder sterben?«
»Leben«, sagte Gerrith.
Sie legten ihre Waffen ab und blieben stehen. Die Dörfler strömten auf die Brücke, zogen sie von den Sätteln, stießen und knufften sie und lachten. Die Tiere wurden zum Haus geführt und an Haken festgebunden. Der Brückenwart kam mit seinen Freunden heraus.
»Sechs Leute, die allein reisen!« sagte er und hob die Hände zum rötlichen Glühen im Süden auf. »Alte Sonne, wir danken dir, daß du uns Narren geschickt hast.« Er wandte sich um und tastete Stark nach dem Lederbeutel ab.
Halk, der ebenfalls abgetastet wurde, konnte nicht an sich halten und leistete Widerstand. Er wurde sofort niedergeknüppelt.
»Fügt ihm keinen Schaden zu«, rief der Brückenwart. »Seine Muskeln sind ihr Gewicht in Eisen wert.« Er fand den Lederbeutel und schnitt den Riemen durch. Dann tastete er Starks Brust ab. »Der hier auch! Alle vier sind groß und kräftig. Gut! Und die Frauen …« Er kicherte. »Vielleicht behalten wir sie eine Weile, was? Bis sie uns langweilig werden.«
Gerrith sagte: »Ich habe mich getäuscht. Sterben wäre besser gewesen.«
Und Stark antwortete: »Hör genau hin!«
Es war schwer, bei dem Schwatzen der Dörfler überhaupt etwas zu hören, und ihre Ohren waren nicht so gut wie seine. Aber dann hörte auch sie die näherkommenden Geräusche, und dann wurden sie von allen gehört. Hufgeklapper, klirrende Harnische und Waffen. Im Schneegestöber tauchten Reiter auf. Sie kamen schnell wie der Wind, ihre Lanzen waren spitz, und angeführt wurden sie von Amnir aus Komrey.
Die Dörfler ergriffen die Flucht.
Amnir gab ein Zeichen. Die Reiter trieben sie zurück, drückten ihnen die Lanzen in den Pelz, daß sie vor Schmerz hüpften und heulten. Der Brückenwart blieb stocksteif mit Starks Geldbeutel in der Hand stehen.
»Ihr habt das Abkommen gebrochen«, sagte Amnir, »das Abkommen, das euch das Leben garantiert. Wer einmal den Brückenzoll gezahlt hat, darf ohne Behinderung Weiterreisen.«
»Aber«, sagte der Brückenwart, »sechs Leute allein unterwegs? Die sind doch dem Untergang geweiht. Durfte ich das Geschenk der alten Sonne ziehen lassen? Selten genug schickt sie uns eins.«
Amnir blickte mit harten Augen auf ihn herab. Er setzte dem Mann die Lanzenspitze an die Kehle. »Was du in deiner Hand hältst, gehört das dir?«
Der Mann schüttelte den Kopf. Er ließ den Beutel fallen.
»Was soll ich mit dir und deinen Leuten machen?« fragte Amnir.
»Herr«, sagte
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