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Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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die er Sonja erzählt hatte, stand er auf und legte Holz auf das niedergebrannte Feuer. Er wartete, bis es aufflammte und Rauch aufstieg. Dann blickte er hinüber zu dem Geistesgestörten. Urrim schlief. Daron betrachtete ihn, und Sonja sah seinen Gesichtsausdruck – was war es? Schwermut? Neid? Misstrauen? Zweifel? Doch dann verschwand er mit dem flackernden Schein neuer Flammen.
    Daron drehte sich wieder zu ihr um. »Wie ich bereits sagte, zog mich meine Mutter nicht auf, weil sie es nicht konnte. Ich wurde vom Stamm angenommen, geduldet, aber ich blieb immer ein Außenseiter. Als der Stamm sich vor meinem Vater zu fürchten begann, weil er sich zu sehr mit seinen magischen Studien beschäftigte, ging Vater eines Nachts und kehrte nie wieder. Kaum war er fort, fielen sie über meine Mutter her und töteten sie, weil sie das Verbrechen begangen hatte, sich in einen so fremdartigen Mann zu verlieben. Sie hatten nicht gewagt, ihr etwas anzutun, solange Vater in der Nähe war. Ich lief davon, einen Tag nachdem mein Vater verschwunden war, um ihn zu suchen. So kam es zu meinen Jahren der Wanderschaft, den Hexen, von denen ich dir erzählte, den Zauberern, und schließlich ließ ich mich als Söldner anwerben und lernte mit dem Schwert umzugehen. Doch nie war ich imstande, meine Herkunft zu vergessen, so sehr ich es auch versuchte. Und nun kann ich mein Erbe vielleicht zu etwas Nutzbringendem verwenden …«
    »Und alles, wonach du dich richten kannst, sind – Träume?«
    »Ja. Träume – wenn du sie so nennen willst. Wahrscheinlich, glaube ich, sind es Erscheinungen, eine Antwort auf meine Jahre des Grübelns und der Suche in meinem Schlaf. Ich bin der Sohn eines Zauberers. Mein Vater war nicht völlig menschlich, obgleich er durchaus wie ein Mensch aussah. Und ich habe Kräfte, die über übliche Kräfte hinausgehen. Ich bin unbeholfen mit ihnen, kann nie auf sie zählen, aber ich spürte sie stetig wachsen, seit ich aufhörte, Kind zu sein. Ich bin ein Zauberer, Sonja, und der Sohn eines Zauberers. Mir fehlen lediglich die Möglichkeiten, meinen Beruf zu erlernen und ihn auszuüben. Ich bin wie ein Kind mit der Begabung zum Künstler, dem niemand einen Pinsel, Ton oder Stein und Meißel gibt, damit es sich schöpferisch ausdrücken kann.«
    Sonja schwieg lange. »Ich glaube dir, Daron«, sagte sie schließlich.
    Die Bemerkung erschien ihm merkwürdig. »Warum solltest du mir nicht glauben?« fragte er erstaunt. Er setzte sich wieder neben sie.
    »Ich meine«, fuhr Sonja fort, »dass ich an dich glaube. Oder …« Sie blickte ihn an und dann zur Seite.
    Daron brauchte keine Zauberkräfte, um zu verstehen, was sie meinte. Er stand wieder auf, ging zum Feuer und warf ein paar dickere Äste in die Flammen. Nach einer Weile kehrte er zu Sonja zurück und legte eine Hand auf ihr Haar.
    Als sie zu ihm hochblickte, zitterten ihre Lippen.
    Kurz danach, als sie sich am Feuer in ihre Decke kuschelte, lauschte Sonja den gequälten Atemzügen Darons, bis sie in der Dunkelheit außerhalb des Flammenscheins allmählich ruhiger wurden. Dann fiel ihr Blick auf Urrim, der in seine Decke gewickelt tief und fest schlief. Sie fragte sich, welche Geheimnisse der Kopfverletzte barg. Sie alle hatten ihre Geheimnisse. Es war eine Welt der Geheimnisse, eine Welt finsterer Sümpfe und Hexer, eine Welt der Schwerter und unheimlicher Laute, der Tempel und Krieger – und noch weiterer Geheimnisse. Grübelnd schlief sie ein.
     
    »Dieser Sumpf erscheint mir irgendwie vertraut«, erklärte Daron am nächsten Tag, als sie im Morgengrauen westwärts ritten.
    »Auf welche Weise, Daron?« erkundigte sich Sonja.
    »Nun - so wie ich ihn in meinen Träumen sah. Ich habe das Gefühl, nach Hause zu kommen – oder zu einem wohlbekannten, trostlosen Ort zurückzukehren.«
    Urrim ritt zwischen ihnen, und als Sonjas Blick auf ihn fiel, dachte sie über die Frage nach, die sie Daron vergangene Nacht gestellt hatte, die jedoch durch ihre tiefere Unterhaltung verloren gegangen war: Was war der Grund für Urrims Anwesenheit? Sie zögerte, sie jetzt noch einmal zur Sprache zu bringen, und tat es auch nicht, aber sie ging ihr weiterhin durch den Kopf.
    Der Sumpf, der sie nun umgab – nass, grau und kalt – erschien ihr wie ein lebendes Wesen, so schwer war er von Feuchtigkeit und Schatten und hängenden Ranken, die von knorrigen Wurzeln und Ästen fielen. Moos wuchs so dick an den Bäumen, dass es selbst die Luft zu dämpfen schien. Unentwegt waren das

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