Der Stern des Untergangs
dann rief er streng, wenn auch mit leicht bebender Stimme: »Hört sofort auf!«
Doch Sonja drang wieder vor. Mit drei geschickten Streichen hatte sie Daron gegen den Holztisch gedrängt. Mit einem vorgetäuschten Schritt zur Seite forderte sie ihn heraus, dann schlug sie sein Schwert seitwärts und griff erneut an.
»Aufhören, sage ich! Hört sofort auf!« Sie hörten, wie der Greis scharrend auf die Füße kam.
Aus dem Gleichgewicht geworfen, wurde Daron mit dem Rücken über den Tisch gedrängt, und seine Klinge schnitt ins Holz, niedergepreßt von Sonjas Schwert.
Und so war er gezwungen, in dieser Lage zu verharren.
Keuchend starrten sie einander durch die jetzt fast klare Luft an.
»Daron …?«
»Lass … mich hoch, Sonja!«
»Gut, doch zuerst musst du …«
»Meine Wut … ist vergangen, Sonja.«
Sie blickte ihm eindringlich in die Augen, denn sie traute ihm nicht. Doch diese Augen verrieten keine Heimtücke.
Hinter ihnen schlurfte der Greis herbei. »Hört auf! Hört auf! Legt eure Waffen weg, ich flehe euch an!«
Daron schaute ihn an, doch Sonja drehte sich nicht zu ihm um. »Daron?« flüsterte sie.
»Lass mich hoch«, bat er heiser. »Mein Wahn ist vergangen. Verzeih mir, Sonja …«
Sie traute ihm immer noch nicht, denn sie wusste, dass niemandem zu trauen war, dessen Leidenschaft, gleich welcher Art, zuhöchst erregt war. Sie lockerte den Druck ihres Schwertes, hob es und trat zurück, doch noch hielt sie die Schneide nach oben und die Spitze dicht vor Darons Brust.
Er richtete sich auf, hob seine freie Hand, um sich den Speichel vom Mund zu wischen, dann machte er sich daran, die Klinge aus dem Tisch zu ziehen.
Er bewegte den Schwertarm langsam. Sonja wich zurück und achtete darauf, dass er die Lage nicht zu seinem Vorteil ausnützen konnte. Doch Daron blieb vor ihr stehen, geschlagen, gebrochen – doch mehr wegen seines eigenen Gefühlsausbruches, wie es schien, als wegen Sonjas Sieges im Schwertkampf über ihn.
Er warf das Schwert leicht in die Luft, fing es am Griff mit der Spitze nach unten auf und steckte es in die Scheide, um es klackend ganz hineinzuschieben.
»Das wär’s«, sagte er immer noch keuchend.
Sonja steckte ebenfalls die Klinge in die Hülle und stellte sich neben Daron, dann drehte sie sich zu dem Greis um, doch so, dass sie Daron aus den Augenwinkeln sehen konnte.
»Bitte«, sagte der alte Mann, »keine Gewalttätigkeit mehr. Die Frau tat nur, worum ich sie bat.«
Alt war er, doch voll Leben und sichtlich Macht ausstrahlend. Er trug ein schimmernd weißes Gewand und braune Ledersandalen. Sein einziges Schmuckstück war ein Ring mit grünem Stein am rechten Mittelfinger. Sein Kopf war kahl, doch ein langer weißer Bart, vereint mit Schnurrbart, wallte weit über die Brust. Seine Augen waren grau und durchdringend.
»Ich weiß nicht, was euch hierher führte«, setzte er fort, »aber ihr kamt gerade noch rechtzeitig, um mich zu befreien, und dafür bin ich dankbar. Bald wäre es nicht mehr möglich gewesen, denn ich glaube, die Beschwörung näherte sich ihrem Höhepunkt.«
»Beschwörung?« echote Sonja. »Wart Ihr deshalb in dieser – Kugel gefangen?«
Der Greis nickte. »Odurac rief mich vor einem Monat hierher. Wir kannten einander von früher und hatten noch eine Rechnung zu begleichen, aber er versicherte mir, dass er meiner Hilfe bedürfe. Ich kam mit meiner Magie als Waffe hierher und war wachsam. Aber seit unserer letzten Begegnung hatte er ungeheure Kräfte erworben, deshalb gelang es ihm schnell, mich zu überwältigen und gefangen zu setzen. Doch verzeiht … Ich bin Ban-Itos, ein Flüchtling aus den östlichen Landen.«
»Ich bin die Rote Sonja, eine freie Schwertkämpferin.«
»Und Euer Begleiter?«
Daron kam näher. Seine Stimme bebte noch vor Erregung. »Mein Name ist Daron. Ich bin … der Sohn Oduracs.«
Ban-Itos’ buschige Brauen hoben sich, die grauen Augen funkelten. »Ah! Ah!« murmelte er. »Des Zauberers Sohn! Bei Hotath und Enlil, jetzt erkenne ich die Ähnlichkeit! Seid Ihr Zauberer, wie er? Habt Ihr Verruchtes vor?«
»Ich habe nie die Zauberei beherrscht. Wie Sonja bin ich Söldner. Doch kam ich hierher, um meinen Vater zu suchen … Ich sah ihn nicht mehr seit meiner Kindheit.« Darons Gesicht verfinsterte sich. »Und jetzt ist er tot!« Er wandte sich von Sonja ab und schritt weg.
»So ist Odurac wahrhaftig tot? Ich glaubte es zu spüren, als Ihr mich befreit habt, Rote Sonja.«
»Ist das, was du erzählst, wirklich
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