Der Sternenwald
Konsistenz von Ton bekamen. Die Sonne brannte am Himmel, ein gewaltiger Plasmaofen, mit dunklen Flecken besprenkelt und von Protuberanzen umgeben, die wie Flammen aus dem Maul eines Drachen wirkten. Die Korona schimmerte vor dem schwarzen Hintergrund des Alls. Während des letzten Monats hatte die solare Aktivität immer mehr zugenommen, und dadurch war das von den Roamern eingerichtete Kühlsystem hoffnungslos überlastet. Alles schien zur gleichen Zeit schief zu gehen.
Vor Jahren hatte sich seine Großmutter Jhy Okiah für ihn eingesetzt und die anderen Clans davon überzeugt, in die Basis auf Isperos zu investieren – die Ausbeute an Metallen und Isotopen lohnte einen hohen Aufwand. Kotto hatte sich alle Mühe gegeben und die ganze Zeit über am Rand des Unmöglichen balanciert.
Doch jetzt gingen ihm die Ideen aus.
Dünne dreieckige Kühlrippen ragten hier und dort aus der erstarrten Lava und glühten kirschrot. Sie sahen aus wie die Flügel ausgestorbener Dinosaurier und dienten dazu, Wärme aus dem Stützpunkt abzuleiten. Zwei Rippen waren bei der seismischen Aktivität umgestürzt, die das Katapult zerstört hatte, was einen Temperaturanstieg in der Basis bedeutete. Kotto beschloss, dies zuerst reparieren zu lassen, bevor es zu einer neuen Krise kam.
Und es kam immer zu einer neuen Krise.
Als junger Mann hatte Kotto an Maschinen und elektrischen Systemen herumgebastelt. Sein intuitives Verständnis für Physik und Technik ging nicht auf traditionelles Lernen zurück. Er war neuen Möglichkeiten und Innovationen gegenüber sehr aufgeschlossen, hinzu kam eine angemessene Portion Pragmatismus. In Hinsicht auf die anderen Roamer, die ihm ihr Leben anvertrauten, ging Kotto keine ungerechtfertigten Risiken ein.
Aber manchmal funktionierten nicht einmal seine besten Ideen.
Es knackte im Lautsprecher des Anzugkommunikators. Solare Turbulenzen bewirkten starke Statik, aber trotzdem hörte Kotto das Drängen in der Stimme. »Sie müssen sofort zurückkehren, Kotto! Wir haben einen Bruch in Lagerraum 3. Ein Ausrüstungsabteil ist bereits voller Lava und die Wand des Generatorraums droht nachzugeben.«
»Der Generatorraum! Wie konnte das geschehen? Wenn die Lava dort eindringt, verlieren wir zwanzig Prozent des Lebenserhaltungspotenzials.«
»Ich weiß es nicht, Kotto. Eine nicht verzeichnete Hitzefeder näherte sich ziemlich schnell und an einer Stelle gaben die Isolierungsfasern und Keramikplatten dem plötzlichen Temperaturanstieg nach.«
Kotto lief bereits zur versiegelten Tür, die zur unterirdischen Anlage führte. Drei Techniker erwarteten ihn dort, ihre Gesichter blass und schweißfeucht, nicht nur wegen der hohen Temperatur. »Diesmal steht es wirklich schlimm, Kotto.«
Er streifte die Handschuhe ab und legte den Helm beiseite. Als er den Schutzanzug auszog, verbrannte er sich die Finger an der noch immer heißen Außenschicht. Er steckte sich die Fingerspitzen in den Mund, ignorierte dann den stechenden Schmerz. Kotto folgte den Technikern, noch bevor er den Schutzanzug ganz abgelegt hatte, ließ unterwegs einzelne Teile fallen.
Auf der dritten Ebene standen mehrere Techniker vor der verschlossenen Tür des ruinierten Bereichs. Im Kontrollraum trat Kotto zu den Bildschirmen und schaltete auf die Überwachungskamera von Lagerraum 3 um. Er sah nachgebende Metallwände, schwelende Behälter und Ausrüstungsteile. Scharlachrotes Magma quoll wie Blut durch einen Riss und verbrannte alles, was es berührte.
»Vielleicht zieht die Thermalfeder bald weiter«, sagte ein Techniker.
»Ich soll hier angeblich der Optimist sein«, erwiderte Kotto. »Und nicht einmal ich glaube daran. Zeigen Sie mir den Generatorraum.«
Jemand betätigte Kontrollen und die Bilder auf dem Schirm wechselten. Manche zeigten nur graues Nichts, weil die entsprechenden Kameras in der enormen Hitze geschmolzen waren. Im Generatorraum mit den Konvertern und einem Teil der Lebenserhaltungssysteme sah Kotto, wie Rauch von der Isolierung aufstieg. Die dicken Metallwände glühten rot und waren bereits so weich geworden, dass sie sich an einigen Stellen verzogen.
Es war das Ende von Isperos.
Brodelnde Geräusche kamen aus den Rohrleitungen in den Korridoren, als die Kühlsysteme versuchten, die Hitze schneller abzuleiten, als sie entstand. Kotto wusste, dass sie überfordert waren. Er stellte sich der bitteren Erkenntnis, dass es für die von ihm ersonnene und geplante Kolonie keine Hoffnung mehr gab.
»Schafft so viele
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