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Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
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Jora’h wollte nichts mehr davon hören. Er dachte nur an die unschuldige Nira. Sie nahm in seinem Herzen einen Platz ein, den er keiner seiner zahlreichen Partnerinnen eingeräumt hatte – und dafür hatte sie ihm eine Tochter geschenkt, ein Halbblut-Kind. Unsere Tochter! Inzwischen war Osira’h sechs Jahre alt und wuchs unter der strengen Ägide des Dobro-Designierten auf. Jora’h hatte sie nie gesehen.
    »Du hattest kein Recht«, sagte er leise und wandte sich vom Chrysalissessel ab. »Ich verlange, dass Nira unverzüglich freigelassen wird. Ich muss sie sehen.«
    »Hör mich an, Jora’h.« Der Weise Imperator klang erregt, fast verzweifelt. »Uns bleibt nur noch wenig Zeit. Meine Krankheit wird schlimmer…«
    Jora’h wirbelte herum. »Dann hast du vielleicht nicht mehr genug Zeit, noch mehr Schaden anzurichten und weitere Morde zu verüben.« Er schritt an den Wächtern vorbei und verließ die Himmelssphäre.
    »Komm zurück, Jora’h!«, rief sein Vater.
    Der Erstdesignierte blieb im Tor stehen, das zu den Fluren führte. »Ich werde nach Dobro fliegen, um dort mit eigenen Augen zu sehen, was du getan hast. Ich werde Nira von dort fortbringen und auch die anderen menschlichen Sklaven befreien. In diesem Krieg kämpfen wir gegen Ungeheuer, Vater, und wir dürfen nicht selbst zu Ungeheuern werden.«
    Jora’h eilte fort und hörte nicht die kummervollen Worte, die der Weise Imperator ihm nachrief.

92 NIRA
    Im Morgengrauen gab es plötzlich Alarm, der alle Menschen und Ildiraner weckte. Müde Gefangene verließen die Gemeinschaftsunterkünfte – Männer, Frauen und Kinder traten verwirrt nach draußen. »Ein Feuer! Alle müssen an die Arbeit!« Selbst die Zuchtbaracken wurden geöffnet, damit auch die fruchtbaren Frauen mithelfen konnten.
    Vor zwei Wochen hatte ihr Körper bei einer Fehlgeburt das deforme Ergebnis des erzwungenen Geschlechtsverkehrs mit dem Ildiraner aus dem schuppigen Geschlecht ausgestoßen. Fünf Tage hatte sie mit dem grässlichen reptilienartigen Mann verbracht, doch der Fötus war noch horrender als sein Erzeuger gewesen. Nira empfand die Fehlgeburt als einen Segen. Auf Dobro gab es nur wenig Gnade…
    Noch immer schwach gesellte sie sich den anderen hinzu, ohne zu wanken. Die ildiranischen Ärzte hatten sie für gesund erklärt; man erwartete von ihr, dass sie wie alle anderen arbeitete.
    Begleitet von stämmigen Wächtern schritten ildiranische Aufseher an den Zäunen entlang und nutzten die organisatorischen Fähigkeiten ihres Geschlechts, um Arbeitsgruppen zusammenzustellen, die normalerweise eingesetzt wurden, um Opalknochen-Fossilien auszugraben, in Minen Rohstoffe zu gewinnen oder Bewässerungskanäle zu graben. Heute gab es wichtigere Arbeit. Schon vor einer ganzen Weile hatte die Trockenzeit begonnen und immer wieder brachen Feuer aus.
    Als das erste Licht des neuen Tages den Himmel zu erhellen begann, sah Nira die schwarzen Flecken an den östlichen Hügeln. Hier und dort trieben Rauchwolken; Brandgeruch lag in der Luft. Nira sehnte sich nach dem Trost der Weltbäume, danach, ihre goldene Rinde zu berühren und ihr Selbst durch das Netzwerk des Weltwaldes gleiten zu lassen. Sie hatte immer Kraft geschöpft aus der Meditation mit den großen Bäumen und diese Kraft brauchte sie.
    Als die Gefangenen Aufstellung bezogen hatten, trat der Dobro-Designierte auf die Beobachtungsplattform außerhalb der Zäune. Mit kalter, ausdrucksloser Miene sah er auf die Versammelten hinab. »Erneut sind Feuer ausgebrochen und schon lange waren sie nicht mehr so schlimm.«
    Nira verachtete Udru’h, aber sie hob das Kinn und starrte ihn an. Die Begegnung mit dem schuppigen Ildiraner war schlimm genug gewesen, aber es gab eine Vergewaltigung, die sie als noch schlimmer empfunden hatte: die durch den Dobro-Designierten. Er schien zornig gewesen zu sein, bestrebt, über sie zu dominieren, so als könnte er beweisen, seinem älteren Bruder überlegen zu sein, indem er sich ihr aufzwang.
    Niras geliebte Tochter Osira’h, ihre Prinzessin, wuchs bei ihm auf und er spielte ihr gegenüber den wohlwollenden Vater. Brachte Udru’h auch den anderen Halbblut-Kindern so großes Interesse entgegen, etwa seinem eigenen Sohn, den er mit ihr gezeugt hatte?
    Als es heller wurde, kamen muskulöse ildiranische Arbeiter aus den Versorgungsschuppen, brachten Werkzeuge, Schaufeln und Hacken. Die Aufseher und Wächter trugen feuerfeste Kleidung, doch die Menschen bekamen nur Gesichtstücher, um sich vor Staub und

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