Der Sternenwald
Versorgungsgüter wie möglich fort. Riegelt die unteren Decks ab und blockiert die Wände. Vielleicht können wir die Lava lange genug aufhalten.«
Er rechnete in Gedanken, um herauszufinden, wie viel Zeit nötig war und ob die Gesetze der Himmelsmechanik überhaupt eine Rettung ermöglichten.
»Nehmt unser schnellstes Schiff. Wir schicken Rendezvous eine Nachricht und bitten die anderen Clans um Hilfe.« Kotto schluckte. Es widerstrebte ihm noch immer, die entscheidenden Worte auszusprechen. »Wir müssen Isperos evakuieren.«
95 ZHETT KELLUM
Tagelang glühten Raumschifftrümmer über Osquivel. Die Hydroger hatten sich wieder in die Tiefen des Gasriesen zurückgezogen und die desorganisierten Reste der terranischen Kampfflotte waren aus dem Sonnensystem geflohen.
Sechs Stunden später wagten sich die Roamer aus ihren Schlupfwinkeln in den Ringen. »Es wird Zeit, dass wir zu unserem Leben zurückkehren, verdammt«, sagte Del Kellum und das Interkom-System übertrug seine Stimme. »Sicher, mir tun die vielen toten Tiwi-Soldaten Leid, aber vielleicht können wir irgendetwas aus den Trümmern bergen. Niemand sonst wird Anspruch darauf erheben.«
Zhett band ihr Haar zusammen und streifte einen warmen Overall über. Sie nahm einen Schutzanzug, ging dann an Bord einer Greifkapsel. Zusammen mit anderen Kapseln, darunter die ihres Vaters, machte sie sich auf den Weg zum kosmischen Trümmerfeld. Dutzende von kleinen Raumschiffen verließen ihre Verstecke und flogen dorthin, wo eine gewaltige Schlacht stattgefunden hatte.
Zhett saß an den Kontrollen und bewegte die Greifarme ihrer Kapsel wie die eigenen Finger. Die Steuerung des kleinen Raumschiffs war ihr längst in Fleisch und Blut übergegangen. Sie und ihr Vater trennten sich voneinander, als sie inmitten der Trümmer mit der Suche nach Schätzen begannen.
Die zerstörten Tiwi-Schiffe trieben im All – reiche Beute für die immer nach Ressourcen suchenden Roamer. Funkelnde Wolken aus gefrorener Atmosphäre hingen wie kondensierter Atem in der Leere. Ein Moloch glitt dahin, der Rumpf an mehreren Stellen geborsten, ohne ein Lebenszeichen an Bord. In einem so großen Schiff mussten die geschlossenen Schotten die eine oder andere Sektion versiegelt und einigen Besatzungsmitgliedern das Überleben ermöglicht haben. Doch der Ausfall der Lebenserhaltungssysteme bedeutete, dass ihnen keine Chance blieb. Rettungskapseln waren ausgeschleust worden und hatten eigentlich von anderen TVF-Schiffen aufgenommen werden sollen, doch im Durcheinander der Flucht waren sie zurückgeblieben.
Zhett biss sich auf die Lippe und ärgerte sich über die traditionelle vorsichtige Zurückhaltung der Roamer. Was hatte sie ihnen hier eingebracht? Wenn sie und die anderen eher aufgebrochen wären, hätten sie vielleicht einige Opfer retten können. Inzwischen war es vermutlich zu spät.
Sie öffnete einen privaten Kom-Kanal, der sie mit ihrem Vater verband. »Glaubst du nicht, dass die Tiwis zurückkehren und ihre Schiffe bergen? Oder wenigstens die Toten nach Hause bringen?«
»Sie haben eine schwere Niederlage erlitten, Schatz. Ich rechne nicht damit, dass sie bald zurückkehren. Und wenn doch… Dann gehen sie bestimmt davon aus, dass die Hydroger ihre Schiffe in die Tiefen von Osquivel gezogen oder sie restlos zerstört haben.«
Es überraschte Zhett, dass das terranische Militär bereit war, gefallene Kameraden aufzugeben. Aber der Kampf gegen die Hydroger war kein typisches Gefecht gewesen. Die vernichtend geschlagenen Menschen hatten nur mit knapper Not entkommen können. Wenn sie Zeit mit der Bergung der Toten verloren hätten, wäre niemand von ihnen mit dem Leben davongekommen.
Zhett dachte an die vielen Roamer, die bei Hydroger-Angriffen auf Himmelsminen ihr Leben verloren hatten. Ihre Mutter und ihr kleiner Bruder waren vor langer Zeit bei einem Kuppelbruch gestorben. Sie hatte die Trauerfeier als achtjähriges Mädchen erlebt und erinnerte sich genau daran: Bestickte Tücher umhüllten die dreißig Leichen, als sie dem Weltraum übergeben wurden, auf einer Flugbahn, die sie aus der Ebene der Ekliptik brachte und für immer zwischen den Sternen fliegen lassen würde – wahre Roamer, ihr Weg bestimmt allein von der Gravitation und ihren Leitsternen.
Die Greifkapseln schwärmten zwischen den Wracks aus, schätzten die Situation ein und suchten nach Rettungskapseln mit noch aktiven Systemen. Die Roamer konnten die TVF-Schiffe entweder demontieren oder reparieren – es hing
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