Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sternenwald

Der Sternenwald

Titel: Der Sternenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
eine Möglichkeit finden, Ildira zu verlassen und nach Dobro zu fliegen.
    Der Weise Imperator musste rasch handeln. Wenn die Ildiraner längere Zeit Verwirrung und Zurückhaltung bei ihm spürten, entstand mehr Chaos als durch eine falsche Entscheidung. Der Luxus, sich hilflos zu fühlen, stand dem Oberhaupt des ildiranischen Volkes nicht zu.
    Schmerz brannte unkontrolliert durch sein Nervensystem, so heftig, als wären die wuchernden Tumoren im Gehirn tollwütig geworden. Cyroc’h musste die Agonie ertragen und durfte sich nichts anmerken lassen. Für den Weisen Imperator war es nicht möglich, schmerzstillende Mittel oder Stimulanzien wie Schling zu nehmen. Medikamente hätten ihn zwar von der Pein befreit, aber auch seinen Griff um die Stränge des Thism gelockert, und das konnte er nicht zulassen.
    »Bron’n, helfen Sie mir!«, rief er heiser. »Holen Sie die Bediensteten.«
    Der stämmige Leibwächter kam der Aufforderung sofort nach. Leise schnatternde Bedienstete eilten herbei, nur erfüllt von dem Wunsch, den Weisen Imperator zu umsorgen. Bron’n stand in der Nähe und die rasiermesserscharfe Schneide seines Kristallschwerts glitzerte wie Diamant im Licht, das durch die transparenten Wände des Palastes fiel.
    Cyroc’h betätigte die Kontrollen des Chrysalissessels und veränderte seine Konfiguration, sodass er sich nach vorn neigte und wie eine Sänfte getragen werden konnte. Die Bediensteten wuselten um ihn herum, rieben Salbe auf die Haut, wischten Flecken vom Sessel, fügten Decken und Kissen hinzu und stützten den Kopf des Weisen Imperators. Zwei von ihnen streichelten liebevoll den zuckenden Zopf.
    Als sie fertig waren, ließ Bron’n sein Schwert auf den Boden pochen und die Bediensteten hoben den Chrysalissessel an. »Was ist unser Ziel, Herr?«
    »Ich möchte den Hyrillka-Designierten besuchen.« Cyroc’h atmete tief durch, schob Enttäuschung und Pflicht beiseite. »Bringen Sie mich zu den medizinischen Räumen.«
    »Wie Sie befehlen, Herr.«
    Es begann eine improvisierte Prozession durch gewölbte Korridore, vorbei an Wasserfällen, die über edelsteinbesetzte Rutschen plätscherten. Höflinge, Beamte und Pilger rissen erstaunt die Augen auf und wichen zur Seite.
    Die Sache sprach sich schnell herum, und als sie die medizinische Sektion erreichten, traten zwei Ärzte vor, wirkten stolz aber auch eingeschüchtert durch die Präsenz des Weisen Imperators. »Geht es Ihnen schlechter, Herr?«, fragte einer von ihnen besorgt. Er schnupperte und versuchte dadurch, Hinweise auf den Krankheitszustand zu gewinnen.
    »Nein, ich bin hier, um nach meinem Sohn Rusa’h zu sehen.«
    »Der Zustand des Hyrillka-Designierten hat sich nicht verändert«, sagte ein anderer Ildiraner des medizinischen Geschlechts. »Er ruht friedlich, aber sein Geist bleibt gefangen. Der Subthism-Schlaf dauert an.«
    »Dennoch möchte ich ihn sehen.« Cyroc’h senkte die Stimme. »Und was meinen eigenen Zustand betrifft… Wenn Sie noch einmal laut davon sprechen, lasse ich Sie hinrichten.« Gerade jetzt durften die Ildiraner nicht von der Schwäche ihres Oberhaupts erfahren.
    Die Ärzte begriffen plötzlich, was sie enthüllt hatten, und daraufhin wechselten sie entsetzte Blicke. Cyroc’h wusste, dass Bron’n absolutes Vertrauen verdiente, und er beschloss, diese kleine Gruppe aus Bediensteten anschließend eliminieren zu lassen. Notwendige Entscheidungen. Das Geheimnis seiner tödlichen Krankheit durfte nicht bekannt werden – noch nicht. Das ildiranische Volk durfte nicht in Verzweiflung geraten.
    Die Bediensteten trugen den Chrysalissessel zu Rusa’hs Bett, sodass der Weise Imperator in das Gesicht seines dritten Sohns sehen konnte. Der Hyrillka-Designierte war pausbäckig und verwöhnt gewesen, verweichlicht und schwach…
    Der älteste Sohn Jora’h hatte sich schon früh als stolzer Träumer erwiesen, als unpraktisch und naiv. Cyroc’hs zweiter Sohn, der Dobro-Designierte, war ernst und unerschütterlich loyal, wenn auch ohne große Leidenschaft. Rusa’h hingegen war verhätschelt und unbekümmert gewesen, hatte immer nur an leckeres Essen, Drogen und seine geliebten Vergnügungsgefährtinnen gedacht. Der Angriff der Hydroger auf Hyrillka hatte den Designierten in einen tiefen geistigen Abgrund stürzen lassen und ihm fehlte die Willenskraft, wieder herauszuklettern.
    »Du warst immer weich, Rusa’h, ohne Rückgrat.« Cyroc’h fragte sich, ob sein Sohn allein deshalb bewusstlos blieb, weil er sich nicht der

Weitere Kostenlose Bücher