Der Sternenwald
und voller Asche, wie ein grauer Schneefall. Nira stürmte in den kleinen, dichten Wald hinein, stieß Zweige beiseite und spürte Dornen wie Krallen an der Haut. Sie bahnte sich einen Weg, immer tiefer hinein ins gefährliche, tröstende Dickicht, fühlte dabei die Lebenskraft der Pflanzen, ausgehend von ihren Wurzeln im Boden. Es waren Bäume.
»Bitte hört mich an!«, rief sie mit heiserer Stimme. »Bitte!«
Mitten im kleinen Wald, umgeben von Ästen und Zweigen, sank Nira auf die Knie und schlang die Arme um zwei krumme Stämme. »Hört mich, hört mich an!«
Sie nahm ihre ganze geistige Kraft zusammen und versuchte, dem Netzwerk des Weltwaldes eine Telkontakt-Nachricht zu schicken und dem Universum außerhalb von Dobro mitzuteilen, dass sie noch lebte. Alle Menschen auf diesem Planeten hingen von ihr ab, auch wenn sie es nicht wussten.
Doch sie vernahm keine Antwort. Nichts.
Nira presste die Stirn an die raue Rinde und schloss die Augen. Sie rief mit ihren Gedanken, so laut sie konnte, dachte an Osira’h und ihre anderen vier Kinder, an die Nachkommen der Siedler.
Stille.
Nira schlang die Arme um einen Stamm, so fest wie möglich, ohne auf die spitzen Dornen zu achten. Sie weigerte sich noch immer aufzugeben, schlug immer wieder mit der Stirn gegen den Stamm, bis ihr Blut in die Augen rann. »Bitte… bitte…«
Aber dies war nur ein Baum, kein Teil des Weltwaldes. Nur ein Baum… dazu verurteilt, im Feuer zu verbrennen.
Nira umklammerte den Stamm noch immer und schluchzte, als die Männer des Designierten sie fanden. Sie hackten sich einen Weg durchs Dickicht und zerrten sie fort von den Bäumen, während sie noch immer mit ihren Gedanken rief… ohne eine Antwort zu bekommen.
103 KÖNIG PETER
Nach der langen, ermüdenden Hochzeitsfeier, nach Tanz, Musik, Getränken und kulinarischen Köstlichkeiten aller Art, zog sich König Peter schließlich in seinen privaten Flügel des Flüsterpalastes zurück. Die plötzliche Stille bewirkte, dass es in seinen Ohren rauschte, und er war froh darüber, endlich allein zu sein.
Allein mit Estarra.
Die schöne junge Frau war jetzt seine Gemahlin, seine Königin. Sie wirkte sehr intelligent, aber auch scheu und fehl am Platz, blieb ein wundervolles, faszinierendes Geheimnis für ihn.
Im königlichen Schlafzimmer – draußen standen mehrere Wächter – wandte sich Peter Estarra zu und spürte Verlegenheit. Er berührte sie am Kinn und drehte ihren Kopf so, dass sich ihre Blicke trafen. »Selbst wenn ich eine Delegation von Hydrogern empfangen müsste – ich schätze, ich wäre weniger verunsichert als jetzt.«
Estarra sah überrascht auf und lachte dann. Die Anspannung löste sich schnell auf. »Hast du Angst vor mir?«
»Eher vor der Situation, in der wir uns befinden.«
Bevor Estarra etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür, und OX kam wie ein Kellner-Kompi herein. Er trug ein Tablett mit einer Flasche Wein und zwei so transparenten Gläsern, dass sie fast unsichtbar waren. Der Korken war bereits gezogen und in den Flaschenhals zurückgeschoben worden.
»Bitte entschuldigen Sie die Störung, König Peter und Königin Estarra.« Es schien OX gefallen, die Titel auszusprechen. »Der Vorsitzende Wenzeslas schickt Ihnen diese Flasche mit dem besten Wein der Hanse. Er ist hundert Jahre alt und gilt als einer der erlesensten Jahrgänge überhaupt.«
Peter freute sich über die Ablenkung, zog den Korken und sah aufs Etikett. »Ein Schiraz von Relleker. Als ob wir an diesem Abend noch etwas zu trinken brauchten.«
»Die Flasche kostet bestimmt ein Vermögen«, sagte Estarra.
Peter schenkte ein und betrachtete den dunkelroten Wein in seinem Glas. »Regel eins: Traue niemals Basil.« Er ging zu einer Pflanze in der Ecke und schüttete den Inhalt des Glases in den Topf. »Wahrscheinlich ist der Wein vergiftet.«
Estarra lachte, aber Peter blieb ernst. Seine Worte waren nicht unbedingt scherzhaft gemeint.
Während OX pflichtbewusst auf eventuelle Anweisungen wartete, wandte sich Peter an seine Ehefrau und lächelte. »Wochenlang habe ich mir gewünscht, mit dir allein zu sein. Heute hat man mich von Ort zu Ort gezerrt und die ganze Zeit über bin ich mit irgendwelchen Dingen beschäftigt gewesen, sodass ich kaum darüber nachdenken konnte – bis jetzt.«
Estarra lachte leise. »Genauso geht es mir. Ich habe keine… Angst vor dir, Peter, aber die Situation ist…« Sie suchte nach dem richtigen Wort. »Einschüchternd.«
Peter klopfte sich mit dem
Weitere Kostenlose Bücher