Der Sternenwald
Jahrhunderten die Nachricht vom ersten Kontakt mit den Generationenschiffen der Menschen bekommen hatte. Die Kommandanten der Solaren Marine, Beamte und Ildiraner aus dem Geschlecht der Adligen, hatten über die Bedeutung dieser bisher unbekannten intelligenten Wesen nachgedacht, die unbeholfen zwischen den Sternen unterwegs waren, ohne die Möglichkeit, schneller als das Licht zu fliegen…
Aber das war nicht die einzige Sache. In seinem Gedächtnis bewahrte Cyroc’h auch das Wissen darüber, was die Hydroger vor zehntausend Jahren angestellt hatten, beim letzten titanischen Krieg. Nur Weise Imperatoren trugen dieses Wissen von einer Generation zur nächsten. Die Hydroger hatten nie versucht, andere Völker zu verstehen; sie interessierte nur der kosmische Kampf gegen die Wentals und Verdani und ihr unsicheres Bündnis mit den Faeros. Die an Planeten gebundenen Ildiraner oder die Klikiss blieben ihnen unbegreiflich und der Weise Imperator brauchte dringend eine neue Art von Brücke, einen mächtigen, geschickten Botschafter, der die Grundlagen für ein Bündnis schuf, das die Hydroger verstehen konnten.
Die Idee, den langfristigen, aber bis dahin nicht sehr erfolgreichen Dobro-Zuchtplan durch Menschen zu erweitern, stammte von Yura’h. Nach dem Tod seines Vaters hatte Cyroc’h das Programm fortgesetzt. Und das musste auch Jora’h, ganz gleich, wie sehr er es verabscheuen würde. Ein Erfolg des Projekts war dringend notwendig.
So viele verschiedene Pläne erforderten Aufmerksamkeit, die Hydroger waren zurückgekehrt und das Schicksal des Ildiranischen Reiches stand auf dem Spiel – warum musste ihn sein sterblicher Körper ausgerechnet jetzt im Stich lassen? Die bösartigen Wucherungen in seinem Leib erschienen Cyroc’h wie ein übler kosmischer Scherz. Warum ausgerechnet jetzt?
Er verspürte das Bedürfnis, seinen Zorn den strahlenden Sonnen am ildiranischen Himmel entgegenzuschleudern oder ins Ossarium zu gehen und Lösungen von den glühenden Totenköpfen seiner Ahnen zu verlangen. Doch die benötigte Antwort hätte er dadurch nicht bekommen.
Zwei Ildiraner des Mediziner-Geschlechts kamen herein, versiegelten das Meditationszimmer und wahrten strenge Diskretion. Die Ärzte hatten große Augen und sehr bewegliche, flexible Hände, beide mit einem zusätzlichen Finger. Mit ihren besonders sensiblen Fingerkuppen konnten die beiden Doktoren Veränderungen der Körpertemperatur wahrnehmen. Die Nase war breit, wies große Löcher auf und gab den Ärzten die Möglichkeit, eine Krankheit zu riechen und ihre Ursache festzustellen. Ildiraner des medizinischen Geschlechts waren zu invasiver Chirurgie ebenso imstande wie zu Druckpunktmassage. Sie kannten sich mit Arzneien und Behandlungsmethoden aus und bei einer Diagnose arbeiteten sie immer zusammen.
Die ildiranischen Ärzte trafen Vorbereitungen für einen weiteren Ganzkörperscan, obwohl bereits drei durchgeführt worden waren. Der Weise Imperator sah nur eine Routine darin – er kannte das Ergebnis bereits. Die Thism- Verbindungen teilten ihm mit, ob die Ärzte logen oder ihre Besorgnis zu verbergen versuchten. Es war der Fluch, zu viel zu wissen.
»Es gibt keinen Zweifel, Herr«, sagte der erste Doktor. »Die Wucherungen breiten sich in Gehirn und Nervensystem aus. Eine Behandlung ist nicht möglich.«
Cyroc’h bewegte die dicken Arme. Die Beine waren längst nicht mehr fähig, sein Gewicht zu tragen. Er würde nie wieder gehen, während die Tumore in seinem Rückgrat wuchsen. Schon seit einer ganzen Weile ahnte er die Wahrheit und verfluchte sein Schicksal. Die eigene Sterblichkeit fürchtete er nicht, denn gelegentlich sah er die glänzende Sphäre aus hellem Licht jenseits des Lebens. Seine Sorge galt dem Reich, das viel wichtiger war als die eigene Existenz.
»Ich verstehe«, sagte er und schickte die beiden Ärzte fort.
Erstdesignierter Jora’h war völlig unvorbereitet. Der Weise Imperator hatte gehofft, seinen Sohn im Verlauf vieler Jahre zu einem fähigen Nachfolger heranreifen zu lassen. Aber die beiden Spezialisten aus dem Mediziner-Geschlecht ließen ihm keine Hoffnung. Dies war ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt für seinen Tod.
17 JESS TAMBLYN
Zwei nicht gekennzeichnete Raumschiffe der Roamer trafen sich heimlich im nebligen Schweif eines Kometen, verborgen vor dem Hintergrund der Sterne. Jess und Cesca, nur sie beide, fern von Verantwortung und Verpflichtungen.
Hier draußen konnten sie einfach nur ein Liebespaar sein, zwei Menschen,
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