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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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immer lauter und durchdringender wurde. Ein blasses Glühen steigerte sich zur Helligkeit eines Schmelzofens, als die Reibung die kinetische Energie der Orbitalbewegung in Hitze umwandelte. Stoßwellen im heißen, ionisierten Wasserstoff bildeten eine stabile Schale, in deren Innern regenbogenfarbene Plasmaströme aufflackerten. Die Stoßwellen liefen hinter dem Jäger zusammen und sahen dabei aus wie ein weißglühender Diamant. Die Schwerebeschleunigung nahm immer mehr zu – betrug sie erst fünf g e , wuchs sie bald auf zehn an und erreichte schließlich einen Höchstwert von etwas über fünfzehn. Die Lichtshow verblasste langsam. Cash fuhr die Flügel des Einmannjägers aus. Die Atmosphäre war nun dicht genug, dass er statt der Düsen die aerodynamischen Steuerflächen benutzen konnte, um die Fluglage stabil zu halten.
    Cash stürzte in freiem Fall und im steilen Winkel durch den gewaltigen Himmel des Saturn und beschrieb dabei langsame Schlängelbewegungen, um die Geschwindigkeit zu verringern. Er betrachtete Vera Jacksons Jäger, der etwa fünfzig Kilometer östlich von ihm durch die Atmosphäre stürzte, und hielt nach der Kapsel Ausschau, die das Shuttle abgesetzt hatte, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Er schickte seinen Statusbericht an die Einsatzleitung und nahm die Glückwünsche des Einsatzleiters entgegen.
    »Auf mein Zeichen«, sagte Vera und begann von zehn rückwärts zu zählen.
    Bei null fuhr Cash seine Bremsfallschirme aus, und es folgten ein dumpfer Knall und ein gewaltiger Ruck, als der Fallschirm den Jäger herumriss und seine Vorwärtsbewegung abbremste. Und dann fiel er mit der Nase voran durch
einen riesigen klaren Ozean aus Wasserstoff und Helium. Er bewegte sich mit knapp unter hundert Stundenkilometern, in einer Luftströmung, die ihn mit etwa der fünffachen Geschwindigkeit in östliche Richtung trug. Wenn er weiter so schnell hinabstürzte, würde er in etwa zehn Stunden den Anfang der amorphen Grenzlinie zwischen der Gasatmosphäre und dem tiefen Ozean aus heißem metallischen Wasserstoff erreichen, der darunter lag. Allerdings würde der Jäger schon lange vorher durch den gewaltigen Druck und die hohen Temperaturen zerquetscht und zu Schlacke verbrannt werden. Nicht einmal widerstandsfähige, mit dicken Schilden ausgestattete Robotersonden waren bisher in der Lage gewesen, mehr als die Hälfte des gasförmigen Teils der Atmosphäre des Saturn zu durchdringen. Die beiden Einmannjäger würden nur etwa drei Stunden lang hinabstürzen und die Flüssigwasserzone durchqueren, ehe sie ihre Antriebe zünden, aufsteigen und die Atmosphäre wieder verlassen würden.
    Wenn alles gutging, würden sie dicht an ihrem Ziel vorbeikommen. Und selbst, wenn sie es verfehlten, enthielten die Pakete, die sie absetzen würden, autonome Drohnen, die monatelang auf den Winden des Saturn reiten konnten, während sie ihr Ziel suchten und nach anderen Anomalien Ausschau hielten.
    In der Zwischenzeit blieben Cash ein paar Augenblicke, um das gewaltige Panorama zu genießen, das sich um ihn herum ausbreitete. Es war früher Morgen. Der Himmel war von einem tiefen Indigo und scheinbar unendlich. Die Sonne war eine winzige flache Scheibe, die am dunstigen Horizont leuchtete und von konzentrischen Schalen aus blutrotem Licht umgeben war. Überall um Cash herum erstreckte sich Tausende Kilometer weit die kristallklare Wasserstoffatmosphäre, in der lediglich ein paar kleine Wolken
aus gefrorenem Ammoniak schwebten, die wie ganz normale Federwolken aussahen und vom Licht der Morgendämmerung rosa gefärbt wurden. Er fühlte sich, als sei er der König dieser ganzen weiten Welt, ein Kaiser der Lüfte. Er sagte Vera, dass dieser Ort wie geschaffen sei zum Fliegen.
    »Ganz meine Meinung«, erwiderte diese. »Halten Sie Ausschau nach dem Sturm. Wir fliegen direkt darauf zu.«
    Unter ihnen wurde der beigefarbene Ozean aus Wolken auf halbem Wege zum östlichen Horizont vom großen ovalen Auge des Sturms zerrissen. Die Wirbel aus Wolken und klarer Luft, von denen er umgeben war, ließen ihn wie einen der Hurrikans auf der Erde erscheinen. Tatsächlich wirkte alles hier merkwürdig vertraut. Der blaue Himmel, die weißen Wolken und die Sonne, die einen goldenen Farbton annahm, als sie über dem Horizont aufging. Man musste sich bewusst in Erinnerung rufen, dass die Entfernung zum Horizont mehr als das Zehnfache betrug als auf der Erde. Dass der Sturm zweitausend Kilometer Durchmesser hatte. Dass der Himmel aus

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