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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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war beinahe körperlich zu spüren. »Ich hätte den kleinen Bastard ersäufen sollen, als ich die Chance dazu hatte!«

19.
    Laura Coleman ließ den Motor an und schaltete gleichzeitig die Klimaanlage ein. »Mist. Wir haben vergessen, ihn zu fragen, ob seine Frau ein Fan von Kate Smith war, wie Floyd behauptet.«
    »Bilderbuchverhöre gibt es nur in Bilderbüchern«, sagte ich. »Möge Barky in Frieden ruhen.«
    »Ich habe nie behauptet, dass Floyd Lynch ein netter Kerl ist«, entgegnete Coleman. »Wussten Sie nicht, dass er ausgesagt hat, er habe die Mumifizierungstechnik an Tieren erprobt?«
    »Doch. Ich hab’s dem Video entnommen, das Sie mir gegeben haben«, antwortete ich. »Aber der Hund der Familie? Also wirklich, der Hund! «
    »Trotzdem. Es ist kein Kapitalverbrechen«, sagte Coleman. Sie steuerte den Prius schwungvoll aus dem Wohnwagenpark und auf die Hauptstraße von Benson. »Ich mache einen Stopp bei dem Burger King, den wir auf dem Hinweg gesehen haben. Ich will eine Cola für den Rückweg. Möchten Sie auch etwas?«
    »Wir könnten einen Happen essen.«
    »Damit warten wir, bis wir zurück in Tucson sind.«
    »Okay, aber lassen Sie uns reingehen. Ich muss mal pinkeln. Und bitte bestellen Sie mir auch eine Cola.«
    Ich ging auf die Toilette, während Coleman sich um die Getränke kümmerte.
    Kurze Zeit später waren wir auf der I-10 in Richtung Westen unterwegs. Coleman wurde gesprächig, wie es oft bei längeren Autofahrten der Fall ist, wenn man vorher mit irgendwelchen Wichsern geredet hat. Wahrscheinlich will man sich auf diese Weise versichern, dass man selbst zu den Normalen gehört.
    »Wie sind Sie eigentlich zum FBI gekommen?«, erkundigte sie sich.
    Ich ließ die Eiswürfel kreisen und trank den Rest meiner Cola, bevor ich antwortete. »Ich komme aus einer Polizistenfamilie. Mein Dad und mein Bruder waren bei der City Police, meine Schwester Ariel bei der CIA . Wir haben als Kinder mit Barbies gespielt, aber sie ließen Ken wegen Drogenbesitzes hoppnehmen, statt mit ihm auf den Abschlussball zu gehen.«
    Coleman lachte. Vermutlich dachte sie, ich hätte einen Scherz gemacht.
    »Und Sie?«, fragte ich.
    »Ich bin während der Route-66-Morde dazugekommen«, berichtete sie. »Übrigens war ich immer der Meinung, dass man Sie damals mies behandelt hat, damals und auch später.« Mit »später« war wohl die Zeit gemeint, nachdem ich in Georgia den unbewaffneten Mann erschossen hatte. »Für mich waren Sie immer eine der Besten.«
    »Waren? Ich bin noch nicht tot, okay?« Zeit, das Thema zu wechseln. »Übrigens, das Verhörvideo war sehr aufschlussreich, sieht man von der Sache mit den Ohren ab. Gute Arbeit. Sie haben eine Menge Zeit in diesen Kerl investiert. Ein widerliches Arschloch, nicht wahr?«
    »Ja, aber ich …« Sie stockte, räusperte sich.
    »Was?«, fragte ich.
    Sie schwieg, kaute auf der Unterlippe.
    Ich gelangte immer mehr zu der Erkenntnis, dass Coleman nie etwas ohne Grund sagte und jedes Mal an etwas Bestimmtes dachte, wenn sie über triviale Dinge redete, zum Beispiel darüber, wie ich zum FBI gekommen war.
    »Okay«, sagte ich. »Sie haben möglicherweise die abenteuerlichsten Dinge über mich gehört. Aber eins bin ich ganz bestimmt nicht – eine Therapeutin. Also, was liegt Ihnen auf der Seele? Spucken Sie’s aus. Ich verspreche, dass ich nicht laut lache und es auch nicht auf Twitter verbreite.«
    Coleman atmete tief durch. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sie das Lenkrad fester packte. »Ich habe all diese Bücher gelesen, das von Dr. Weiss zum Beispiel, um mich auf die Verhöre vorzubereiten. Bevor es losging, sagte ich mir: Okay, jetzt begibst du dich gleich in den Kopf dieses Monsters. Ich war aufgeregt und hatte zugleich Angst. Sie verstehen, was ich meine?«
    »Oh ja.«
    »Das Unheimliche daran ist, es ist nie passiert. Ich hatte etwas Widerwärtiges, Albtraumhaftes erwartet. Aber nach einiger Zeit – ich glaube, es war kurz nach der Sitzung, die Sie auf Video gesehen haben – bekam ich das Gefühl, dass ich es mit einem ganz normalen Mann zu tun hatte. Einem beschissenen Mistkerl, zugegeben, aber nicht das unmenschliche Monster, das ich erwartet hatte.«
    »Womit hatten Sie denn gerechnet? Mit jemandem, der böse lacht, während er die Spitzen seines Schnurrbarts zwirbelt?«
    »Hätte er nicht wenigstens ein klein wenig aussehen können wie Charles Manson?« Endlich lachte sie, und das entspannte uns beide. »Einen Psycho stelle ich mir jedenfalls anders vor. Und

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