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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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unaussprechliche Wahrheit vor sich selbst verleugnet. »Verdammte Scheiße …«, murmelte er im Tonfall eines plötzlich sehr alten Mannes. Zu unerträglich war der Anblick dieses Artefakts und die Wut, die es offensichtlich in ihm auslöste.
    Wir wurden von einem Geräusch unterbrochen. Stiefel pochten auf den Metallstufen des Wohnwagens. Dann flog die Tür auf. »Hey, Dad!«, rief eine Stimme über das dumpfe Dröhnen der Klimaanlage hinweg. »Machst du uns ein paar Tacos?«
    »Wir haben Besuch!«, rief Lynch ein bisschen zu hastig zurück.
    Ich blickte Coleman an. Sie begriff jetzt, warum ich vorgeschlagen hatte, das Auto nicht direkt vor dem Wohnwagen der Lynchs zu parken: Man weiß nie, was man alles nicht zu hören bekommt, wenn man seine Anwesenheit verrät, weil man den Wagen vor dem Haus abstellt.
    Der Mann, der nach Lynch gerufen hatte, blieb wie erstarrt stehen, als er uns sah.
    Ich erwiderte seinen Blick. Seine Frisur erinnerte an einen Pilzkopf: Auf der Schädeldecke trug er die Haare lang, während sie an den Seiten und hinten bis auf die Haut rasiert waren. Er gehörte zu der Sorte Mann, die hauptsächlich wegen des Haarschnitts und der allgemein bedrohlichen Ausstrahlung lächerlich aussieht und einem gleichzeitig Angst macht.
    Er ignorierte uns vollkommen und starrte seinen Vater an. »Was machst du dahinten?«
    »Die beiden sind vom FBI «, sagte Lynch und buchstabierte den Namen, so deutlich er konnte. An Michaels unveränderter Miene war nicht abzulesen, ob er überhaupt des Alphabets mächtig war. »Sie glauben nicht, dass Floyd diese Mädchen umgebracht hat.«
    Mike hatte sich abgewandt und ging zur Tür. Ohne sich umzudrehen, sagte er: »Komm, Dad. Es wird bald dunkel.«
    Lynch erhob sich. »Sag mal, Mike«, fragte er, »hat Floyd damals eigentlich den Hund mitgenommen?«
    Mike antwortete nicht. Ich spähte durch das trübe Wohnwagenfenster und sah, dass er zu seinem Motorrad ging.
    »Dann eben nicht«, murmelte Lynch und wandte sich zum Gehen.
    Ich nahm die Pappkiste an mich, bevor er auf den Gedanken kommen konnte, den Inhalt bei E-Bay zu verkaufen. »Haben Sie was dagegen, Mr. Lynch, wenn wir die Kiste mitnehmen?«, erkundigte ich mich. »Sie haben offensichtlich keine Verwendung für diese Dinge.«
    »Keine Sorge, Mr. Lynch. Der Inhalt der Kiste beweist nicht, dass Ihr Sohn ein Serienkiller ist«, fügte Coleman hinzu.
    Lynch ging zur Tür. »Herrgott noch mal, erschießen Sie ihn und fertig«, sagte er schroff.
    Verdammt. Wir verloren die Kontrolle über dieses Gespräch. Ich bedachte Coleman mit einem eindringlichen Blick. Das hier war kein offizieller Besuch, und wir mussten das Beste daraus machen, wenn er nicht umsonst gewesen sein sollte.
    »Mr. Lynch!«, rief sie. »Eine Augenblick bitte!«
    »Was denn noch?« Mürrisch kam er zu uns zurück.
    Coleman reichte ihm eine Visitenkarte. Ohne einen Blick darauf zu werfen, steckte Lynch sie in seine Hemdentasche.
    »Fällt Ihnen irgendjemand ein, mit dem Ihr Sohn im Lauf der Jahre Kontakt gehabt haben könnte?«, fragte Coleman.
    »Kann ich nicht sagen, nein«, antwortete er in einem Tonfall, als scherte er sich einen Dreck darum, wie lange wir noch blieben und in seinem Wohnwagen herumschnüffelten. Wieder wandte er sich ab und ging zur Tür.
    »Gibt es vielleicht jemanden, der durch das Geständnis Ihres Sohnes, die Route-66-Morde begangen zu haben, einen Vorteil erlangt?«, rief ich ihm hinterher, als er durch die Tür trat. »Hat er nie irgendwelche Namen erwähnt?«
    Doch Lynch hatte bereits andere Dinge im Kopf. Er stellte sich breitbeinig vor das Motorrad, dessen Motor dumpf grummelte, und starrte seinen Sohn mit unverhohlener Wut an, die Fäuste in die Hüften gestemmt. »Antworte, gottverdammt! Steig von dem beschissenen Motorrad und sag mir, ob Floyd meinen Hund umgebracht hat!«
    Wir stiegen die Metallstufen des Wohnwagens hinunter. Im Schutz des Lärms, den das Motorrad machte, rückte ich näher an Lynch heran und nahm meine Sonnenbrille ab. Ich hoffte, ihn unvorbereitet zu erwischen. »Hat Floyd mal den Namen Brigid Quinn erwähnt?«, fragte ich ihn, ohne dass Coleman mithörte.
    Er reagierte verärgert. Wütend packte er mich am Oberarm, brachte sein Gesicht ganz nah an meines und fuhr mit der Zunge über die Kerbe in seiner Lippe.
    »Es ist nicht meine Schuld!«, stieß er hervor. »Was soll ich denn machen? Ich habe ein Kind, das sich als Monster entpuppt hat. Das nicht verdient zu leben. Was soll ich tun?« Seine Scham

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