Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
Vom Netzwerk:
ihr, mir an der Theke Gesellschaft zu leisten. Die Unterhaltungen wurden merklich leiser, während die Cops so taten, als bemerkten sie Colemans El-Greco-Körper nicht. Mit katzenhafter Geschmeidigkeit kam sie zu mir an die Theke. Sie blickte unbehaglich drein und strich mit den Fingern über ihre dichten Locken, um zu verbergen, dass sie die Hand auf ihr Muttermal an der Schläfe legte, wie sie es schon bei unserer ersten Begegnung getan hatte.
    »Ist es okay an der Theke, oder würden Sie lieber an einem Tisch sitzen?«, fragte ich.
    »Nein, ist schon okay.« Sie setzte sich auf den gepolsterten Hocker neben mir und rutschte ein wenig hin und her, als versuchte sie, es sich mit der Waffe an der Hüfte oder einem Kabel unter der Bluse halbwegs gemütlich zu machen. »Es ist nur, meine Eltern sind Mormonen, und ich habe mich nie richtig daran gewöhnen können, an einer Theke zu sitzen.«
    Sie bestellte sich einen Eistee bei Emery, der sie verstohlen musterte und sich zu fragen schien, was unter ihrer Seidenbluse steckte. Cheri durchbohrte ihn mit einem wütenden Blick – die Art von Warnung, die meine Vermutung bestätigte, dass die beiden ein Paar waren.
    Emery stellte einen Korb mit Chips und eine Schale Salsa vor uns hin. »Das geht aufs Haus«, sagte er mit seinem angenehmen Akzent und einem freundlichen Zwinkern, bevor er sich entfernte, um andere Kunden zu bedienen.
    »Er scheint Sie zu mögen«, sagte Coleman.
    »Unsinn. Er kennt mich überhaupt nicht. Er flirtet mit Ihnen.«
    Emery brachte den Eistee, schob Coleman einen Löffel auf einer Stoffserviette hin und stellte die Zuckerdose dazu. Er lächelte sie an, aber sie schien es nicht zu bemerken.
    »Der Besuch bei den Lynchs war eine Sackgasse, nicht wahr?«, sagte sie. »Nichts von dem, was die beiden gesagt haben, ergibt einen Sinn.«
    »Genauso wenig wie Sexualmorde. Diese Leute denken nicht so wie wir.«
    Sie nickte. »Wie Sie bereits sagten, wir brauchen mehr.«
    »Bei Befragungen weiß man nie, was sich später als wichtig erweisen könnte. Wir versuchen, so viel wie möglich zu schlucken, als wären wir Container für Informationen, und manchmal ergeben sich Zusammenhänge. Und hin und wieder entscheiden diese Zusammenhänge über Leben und Tod. Aber das wissen Sie ja selbst. Ihre Analyse hat Weiss übrigens ziemlich beeindruckt.«
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass ich ihm persönlich begegnet bin. Er ist großartig.«
    »Oh ja. Weiss und ich kamen zur gleichen Zeit zum FBI «, erwiderte ich. »Ich habe Ihnen die Geschichte ja schon erzählt. Auch dass wir ihn Sigmund getauft haben. Haben Sie auch einen Spitznamen?«
    »Snow. So rein und weiß wie jungfräulicher Schnee.« Sie verdrehte die Augen, während ich darauf achtete, mir nichts anmerken zu lassen, denn ich musste an den Verdacht denken, den Sigmund in Bezug auf sie und Royal Hughes, den Pflichtverteidiger, geäußert hatte.
    »Wird man Sie immer noch Snow nennen, wenn Morrison herausfindet, dass Sie Ihre Befugnisse überschritten haben?«
    »Manchmal muss man sich entscheiden, ob man sich an die Regeln hält oder das Richtige tut.«
    »Sie klingen wie ein Kühlschrankmagnet. Nichts kann einen tiefer in den Schlamassel reiten als das Gefühl, im Recht zu sein.«
    Sie ging nicht auf meine Bemerkung ein, sondern wechselte das Thema. »Eine Sache fand ich immer merkwürdig«, sagte sie. »Weiss hat den Route-66-Morden in seinem Buch sehr viel Raum gewidmet, aber er hat Jessica Robertson mit keinem einzigen Wort erwähnt.«
    »Als er das Buch geschrieben hat, war sie erst ein paar Monate verschwunden. Weiss ist ein intellektueller, distanzierter Typ, aber ich denke, Jessica stand ihm nah. Viele Leute standen ihr nah.«
    »Warum?«
    »Sie war sehr kindlich. Auf einige Entfernung sah sie aus wie dreizehn oder vierzehn. Hat sich nie bei jemandem unbeliebt gemacht – eine Eigenschaft, die in einer Ego-Mühle wie dem FBI völlig unbekannt ist, wie Sie sicher selbst wissen. Jessica war eine von den seltenen Frauen, die schonungslos offen sein konnten, und niemand wäre deswegen auf die Idee gekommen, sie herunterzumachen. Im Gegenteil, alle wollten sie beschützen.«
    Und das ist jetzt genug über Jessica, dachte ich. Ich erwähnte nicht, dass ich sie »Grünschnabel« genannt hatte und sie mich »Trainer«.
    Coleman schien zu spüren, dass ich nicht mehr über dieses Thema reden wollte, und sie drängte nicht weiter. »Ich habe den Abschnitt über Lynch aus der Fallakte kopiert. Er liegt im

Weitere Kostenlose Bücher