Der Stolz der Flotte
seine Signale so schnell wie möglich gehißt wurden. Nun stand aber im ganzen Signalhandbuch nichts, was dem Wort Djafou irgendwie nahekam. Der Eile halber, und weil er vermeiden wollte, den Namen auszubuchstabieren, hatte er statt dessen ein geläufigeres Signal genommen. Captain Falcon hätte an seiner Stelle etwas mehr Phantasie entwickelt – oder überhaupt nichts gesagt. Kannte man den Kapitän, so wußte man auch, wie es auf seinem Schiff zuging.
Das Land hatte andere Farben bekommen, während die Sonne sich höher über ihr Spiegelbild im Wasser hob: das Purpurrot war zu einem matten Grünbraun geworden, die grauen Klippen und Schluchten zeichneten sich deutlich ab, wie auf einem Holzstich in der
Gazette.
Aber im großen und ganzen hatte sich der erste Eindruck nicht verändert: baumlos, ohne ein Zeichen von Leben, die Luft bereits flirrend vor Hitze oder vielleicht auch vor Staub, den der stetige Landwind aufwirbelte. Der westliche Arm der Bucht wurde von dem anderen, schnabelförmigen, noch im tiefen Schatten liegenden Arm überschnitten. Genau voraus lag ein runder Hügel, dessen Vorderseite durch einen Erdrutsch ins Meer gestürzt war. Die Entfernung betrug etwa vier Meilen, doch konnte Bolitho sehen, wie die See in weißen Federn auf dem steinigen Strand auflief und sich einen kleinen Priel an diesem trübseligen Küstenstrich suchte.
Die
Zeu
s
würde jetzt in Höhe der nächstgelegenen Landzunge sein und bei dieser klaren Luft gute Sicht auf das Fort haben. Rattray würde sich inzwischen schon selbst ein Bild davon machen können, was ihn in den nächsten Stunden erwartete.
»Die
Zeu
s
soll anfangen, die Marine-Infanterie zu landen!« befahl Broughton. Dabei sah er Calvert an. »Kümmern
Sie
sich um das Signal und versuchen Sie, sich wenigstens ein bißchen nützlich zu machen!«
Und etwas ruhiger zu Bolitho: »Sobald Rattrays Boote weg sind, signalisieren Sie: ›Geschwader in Linie halsen!‹ Wir haben dann den äußeren Verteidigungsgürtel gesehen und können den Angriff kalkulieren.«
Bolitho nickte. Das klang vernünftig. Halsen und auf Gegenkurs zurücksegeln war weniger gefährlich, als jetzt gleich anzugreifen, da sie Schiff um Schiff die Öffnung der Bucht kreuzen mußten. Wenn sie beim ersten Blick auf das Fort merkten, daß die Pläne und die flüchtigen Notizen nicht stimmten, dann würden sie immer noch Zeit haben, von der Küste freizukommen. Auf jeden Fall konnte Rattray, wenn die
Z
e
u
s
gehalst hatte und wieder Führungsschiff war, hoffentlich ein wachsames Auge auf Land und Wind haben. Wenn der Wind plötzlich auffrischte oder ausschoß, dann würden sie allesamt reichlich zu tun haben, um von den Felsen klarzukommen, und kaum Zeit finden, sich auf ein Artillerieduell einzulassen. Er beobachtete, wie die Signalflaggen zur Rah aufstiegen und sich im Winde entfalteten; Sekunden später sah er, wie es daraufhin an Deck der
Zeu
s
lebendig wurde und sich immer mehr Leinwand an den Rahen bauschte.
Bis jetzt hatte jeder Kommandant genau nach Broughtons Plan gehandelt. Rattray würde vielleicht eine Stunde brauchen, bis alle seine Boote weg waren, und inzwischen konnten die anderen Schiffe vor der Bucht auf ihren Positionen bleiben.
Bolitho sah nach oben, denn von dort kam der Ruf: »Da ist die
C
o
quette,
Sir! In Luv, zwei Strich achterlicher als dwars!«
Bolitho zupfte an seinem Hemd. Es war schon ganz naßgeschwitzt, und in Kürze würde es noch erheblich heißer sein. Er mußte trotz seiner trüben Gedanken lächeln: heißer in mehr als einer Hinsicht.
Partridge hatte das flüchtige Lächeln bemerkt. Er stieß den Leutnant in die Seite und flüsterte: »Sehen Sie das? Der Alte ist so kühl wie’n Zofenkuß!«
Leutnant Lucey, normalerweise ein munterer, etwas leichtsinniger junger Mann, hatte Angst vor dem Morgenrot gehabt und vor dem, was es ihm bringen mochte. Als er sah, wie der Kommandant vor sich hin lächelte, wurde ihm ein bißchen besser.
Da waren sie auch schon in Höhe der ersten Landzunge. Nach der langen und langsamen Anfahrt schienen alle überrascht zu sein, daß sie schon da waren. Als sie die Landspitze achteraus hatten, sah er das mächtige Fort blaugrau in der Morgensonne liegen und fühlte sich sonderbar erleichtert: es war genauso, wie er es sich vorgestellt hatte. Ein massiver, kreisrunder Bau, innen ein kleinerer Turm mit einem Fahnenmast, der in der Sonne weiß glänzte. Aber es wehte noch keine Flagge daran, und auch sonst deutete nichts darauf
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