Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
und geschickt wi e immer, fertig rasierte, überdachte er noch einmal die hektischen Vorbereitungen des letzten Tages. Die Marine-Infanterie des ganzen Geschwaders war in zwei gleichstarke Divisionen geteilt worden. Die eine Hälfte war auf Rattrays
Zeus
,

das Führungsschiff, gekommen, die andere auf die
Va
l
o
rous,

das letzte Schiff der Formation. Auch alle großen Kutter des Geschwaders waren auf diese beiden Schiffe verteilt worden; und Bolitho konnte sich vorstellen, was sie mit so vielen zusätzlichen Leuten an Bord für eine unruhige Nacht gehabt hatten.
    Er stand auf, wischte sich das Gesicht ab und sah dabei durchs Heckfenster. Aber draußen war es noch zu finster; man erkannte nur ein bißchen Schaum am Ruder. Die Schiffe liefen fast genau mit Ostkurs, und die Küste lag etwas über fünf Meilen an Steuerbord voraus. Broughton hatte recht daran getan, den Kurs beizubehalten, bei dem der Wind sehr bequem über das Achterdeck kam, und nicht zu versuchen, jetzt schon die endgültige Formation für den Angriff auf die Küste herzustellen. Denn dabei hätten die Schiffe leicht auseinandergeraten können, wogegen sie jetzt, bei dem günstigen Wind und den üblichen, leicht abgeblendeten Hecklichtern, ohne weiteres in zwei Reihen heransegeln konnten, sobald der Admiral das entsprechende Signal gab.
    In der dicken Fensterscheibe sah er sein Spiegelbild, und dahinter, wie einen zweiten Schatten, Allday. Sein Hemd war noch offen, und er sah das Medaillon an seinem Halse im Takt der Schiffsbewegung leicht hin und her schwingen, und auch die dunkle Locke, die ihm rebellisch übers Auge hing. Unwillkürlich faßte er hin und berührte die tiefe Narbe unter dem Haar vorsichtig mit der Fingerspitze. Es war eine ganz automatische Bewegung, und doch dachte er jedesmal, er würde dort Hitze fühlen oder Schmerz wie damals, als er niedergehauen und für tot liegengelassen worden war.
    Allday, hinter ihm, lächelte erleichtert. Diese wohlbekannte Bewegung, die offensichtliche Überraschung Bolithos, jedesmal wenn er die Narbe berührte, hatte immer etwas Beruhigendes. Er wartete noch, bis Bolitho das Halstuch locker geschlungen hatte, dann brachte er Uniformrock und Degen.
    »Sind Sie bereit, Captain?«
    Einen Arm im Rock hielt Bolitho inne und musterte ihn. Seine grauen Augen waren wieder völlig unbewegt.
    »Bereit bin ich immer«, entgegnete er lächelnd. »Ich hoffe, Gott ist uns heute gnädig.«
    Allday grinste und blies die Laterne aus. »Amen darauf, kann ich nur sagen.«
    Beide gingen zusammen in die kühle Dunkelheit hinaus.
    »An Deck: Land voraus!« Überlaut klang die Stimme des Ausgucks durch die klare Luft. »Einen Strich an Steuerbord!«
    Bolitho hielt in seinem Auf- und Abgehen inne und spähte durch die schwarzen Linien des Riggs. Hinter dem langsam kreisenden Bugspriet und dem flappenden Klüver breitete sich der erste Schimmer der Morgenröte über die Kimm. Dort, ein bißchen nach Steuerbord, hob sich etwas ab, das wie eine lange, schmale, scharfkonturierte Wolke aussah; doch es war, wie er wußte, der Kamm eines fernen Berges, der, von der noch unsichtbaren Sonne gerötet, sichtbar wurde.
    Er zog seine Uhr und hielt sie dicht ans Auge. Es wurde bereits heller, und wenn alles gutgegangen war, würde die
Valorou
s

jetzt beidrehen, ihre Marine-Infanteristen würden in die Boote klettern und zur Küste rudern. Hauptmann Giffard von der
Euryalu
s

hatte das Kommando, und er tat Bolitho jetzt schon leid. Es war schlimm genug, zweihundert Seesoldaten mit ihren schweren Stiefeln und Musketen durch rauhes, unbekanntes Gelände zu führen, aber wenn die Sonne erst stieg, würde es eine Tortur sein. Marine-Infanteristen waren gedrillt und diszipliniert wie Landsoldaten, aber da war es mit der Ähnlichkeit auch schon vorbei. Sie waren an ihr seltsames Bordleben gewohnt, der enge Raum bot ihnen wenig Bewegungsmöglichkeit, und daher waren sie einem Gewaltmarsch nicht gewachsen.
    »Ich kann die
Tanai
s

sehen, Sir«, sagte Keverne.
    Bolitho nickte. Der rote Schein lag auf der Großrah des Vierundsiebzigers wie Feenglanz in den Wäldern von Cornwall, dachte er. Seine Hecklaterne verblaßte bereits; und als er zum Verklicker der
Euryalu
s

emporsah, glänzte das Großmarssegel feucht im Frühtau, und mit jeder Sekunde vertiefte sich der Widerschein der Morgenröte auf seiner Fläche.
    Man hörte leichte Schritte, und Keverne flüsterte: »Der Admiral, Sir.«
    Broughton schritt zum Achterdeck und starrte auf den fernen

Weitere Kostenlose Bücher