Der Stolz der Flotte
Aber ein bißchen mußte er noch durchhalten. Ganz langsam sprach er: »Adam – sag du’s mir.« Er schluckte mühsam. Kaum traute er sich, es auszusprechen. »In dem Boot da…«
Adam starrte ihn an und dann auf die See hinaus. Ein Kutter pullte auf die von Schußnarben übersäte Bordwand der
Euryalu
s
zu, bis zum Dollbord mit triefenden, erschöpften Männern vollgepackt. »Ja, Onkel«, antwortete er, »ich sehe ihn auch.«
Bolitho faßte ihn fester um die Schulter und starrte in das Boot, das jetzt an die Bordwand stieß. Neben dem Bootsführer saß Herrick und sah zu ihm auf; er stützte einen verwundeten Matrosen und grinste über sein ganzes, zu Tode erschöpftes Gesicht.
Keverne kam nach achtern mit einer unausgesprochenen Frage auf den Lippen, die er aber unterdrückte, als Broughton dazwi schenfuhr: »Auch wenn Sie künftig die
Aurig
a
übernehmen, Mr. Keverne, wäre ich Ihnen doch verbunden, wenn Sie hier noch so lange Stellvertretung machen würden, bis ein Transfer möglich ist.« Er sah Bolitho an, der sich immer noch schwer auf Pascoes Schulter stützte. »Ich glaube nämlich, mein Flaggkapitän hat fürs erste genug geleistet. Für uns alle.«
Und da rannte Allday auch schon zur Fallreepspforte.
Epilog
Die Admiralitätsordonnanz führte Bolitho und Herrick in einen Warteraum und schloß die Tür, ohne ihnen einen weiteren Blick zu sche nken. Bolitho trat an ein Fenster und sah auf die dichtbelebte Straße hinunter. Auf einmal war seine hochgespannte Erwartung verflogen. Es war sehr still im Wartezimmer, und durch das Fenster spürte er die Wärme der letzten Septembersonne auf seinem Gesicht. Doch die Leute, die dort unten in solcher Hast und Eile ihren Geschäften nachgingen, waren warm eingewickelt, und die zahlreichen Pferde, die vor Kutschen und Wagen trabten, gaben mit ihren dampfenden Nüstern und bunten Decken bereits einen Vorgeschmack des nahenden Winters.
Hinter ihm lief Herrick ruhelos im Zimmer herum, und Bolitho fragte sich, ob er sich wohl auch, entweder resigniert oder ängstlich gespannt, auf die kommenden Unterredung vorbereitete.
Wie dieses London an den Nerven riß! Kein Wunder, daß die Ordonnanz Herrick und ihn mit solcher Gleichgültigkeit behandelt hatte, denn die Eingangshalle und die Flure waren voller Marineoffiziere, und nur wenige davon unter Kapitänsrang. Alle hatten nur ihre Vorladung oder ihr Schiff im Kopf oder wollten sich vielleicht auch bloß einmal hier im Zentrum von Britanniens Seemacht sehen lassen und so tun, als hätten sie sehr viel Arbeit.
Fast drei Monate waren vergangen, seit das französische Flaggschiff in jener furchtbaren Explosion auseinandergeborsten war, und zunächst hatte Bolitho mehr als reichlich damit zu tun gehabt, das angeschlagene Geschwader ohne weitere Verluste nach Gibraltar zu bringen. Dort sollte es auf neue Befehle warten.
Die zahlreichen Verwundeten waren entweder gestorben oder irgendwie durchgekommen; die Mannschaften hatten sich rastlos bemüht, die Havarien auszubessern, soweit das bei den beschränkten Mitteln, die Gibraltar zu bieten hatte, möglich war. Und Bolitho hatte auf irgendeine Anerkennung für ihre Mühen gewartet.
Endlich war eine Brigg mit Depeschen für Broughton eingelaufen: Die Schiffe, die seetüchtig waren, mußten unverzüglich Segel setzen, und zwar sollten sie nicht vor Cadiz zu Lord St. Vincent stoßen, sondern nach England zurückkehren. Nach allem, was sie zusammen durchgemacht und geleistet hatten, kam es Bolitho hart an, das kleine Geschwader auseinanderzureißen.
Aber die
Valorou
s
war fast nicht mehr reparaturfähig und mußte mit der
Tanais
,
die in nicht viel besserem Zustand war, in Gibraltar bleiben. Die übrigen waren mit zwei französischen Prisen, den beiden Vierundsiebzigern, in See gegangen und hatten ohne weitere Zwischenfälle in Portsmouth Anker geworfen. Dort gingen die notwendigen Routinearbeiten weiter: Reparaturen und Neuverteilungen. Aber das hieß, von manchen vertrauten Gesichtern Abschied zu nehmen. Keverne, verdientermaßen zum Commander befördert, hatte die
Au
r
i
g
a
bekommen. Captain Rattray war an Land ins Hospital geschafft worden, wo er, halb blind und mit nur einem Bein, vermutlich seine Tage beschließen würde. Fourneaux war im Kampf gefallen. Gillmor hatte Seperatorder erhalten, mit seiner
Coquett
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zur Kanalflotte zu stoßen, die immer knapp an Fregatten war.
Während im Hafen von Portsmouth ein Tag nach dem anderen verging, hatte Bolitho Zeit
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