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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wird.«
    »Ich bin stolz darauf, es mit Ihnen teilen zu dürfen, Sir«, sagte Meheux nur.
    Bolitho wandte sich um und ging das schiefe Deck hinunter bis zur
    Heckreling. Der westliche Horizont war schon ganz finster, und selbst das lebhafte Kielwasser des Schiffes war kaum zu erkennen.
    Unter seinen Füßen, in der ausgebrannten Achterkajüte, konnte er das leise Pfeifen McEwens hören, der sich mit seinem Zweiunddreißigpfünder beschäftigte. Merkwürdig, wie sicher sich alle fühlten. Wie geborgen.
    Er wandte den Kopf: die spanische n Matrosen waren mit dem Trimmen des Großmastes fertig und sicherten geräuschvoll die Brassen an den Belegnägeln. Sogar sie – die mit dem Federstrich irgendeines Politikers oder Monarchen seine Feinde geworden waren – schienen unter seinem Kommando ganz zufrieden zu sein.
    Er lächelte müde über seine grotesk schweifenden Gedanken und begann, langsam auf und ab zu gehen. Einmal, als sein Auge auf den nächstliegenden Niedergang fiel, mußte er wieder an den bärtigen Riesen mit dem Enterbeil denken – was wäre wo hl geschehen, wenn Witrand nicht so schnell geschossen hätte? Mit der zweiten Pistole hätte er ebenso schnell ihn selbst erledigen können. In dem grimmigen Scharmützel hätte kein Mensch den zweiten Schuß bemerkt. Aber vielleicht fühlte sich sogar Witrand sicherer, wenn Bolitho am Leben blieb.
    Er schüttelte sich ärgerlich. Diese absurden Gedanken kamen nur von seiner Müdigkeit. Morgen waren die Rollen vielleicht wieder vertauscht: er war wieder Gefangener, Witrand ging wieder seinen mysteriösen Geschäften nach, und alles war nur ein Zwischenspiel gewesen. Eine kleine Episode im Fluß des Ganzen.
    Aber so mußte man den Krieg ansehen. Einen Feind durfte man nicht als Persönlichkeit betrachten; das war zu gefährlich. Ihn an den eigenen Hoffnungen und Ängsten teilnehmen zu lassen, war reiner Selbstmord.
    Was hätte er selbst wohl unter ähnlichen Umständen getan? Darüber dachte er noch nach, als Meheux ihn ablösen kam.
    Und so, unter der leichten Brise und den wenigen, aber gut ziehenden Segeln, setzte die
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ihre Reise fort. Die einzigen Geräusche kamen von den Pumpen, und gelegentlich stieß ein Verwundeter einen Schrei aus. Schlaflos lag Bolitho in seiner provisorischen Hängematte. Diese Laute faßten alles zusammen, was er und seine Männer miteinander erlebt und erreicht hatten.
    Er rasierte sich eben vor einem zersprungenen, an ein zusammengebrochenes Bücherschapp gelehnten Spiegel, als Meheux hereinkam und meldete, ein Segel sei in Sicht – es läge beinahe direkt achteraus und käme sehr schnell auf.
    Bolitho musterte sein zerrissenes, geschwärztes Hemd und zog es sich dann widerstrebend an. Vielleicht war das Rasieren reine Zeitverschwendung gewesen, aber er fühlte sich doch besser danach, wenn er auch immer noch wie eine Vogelscheuche aussah. Meheux starrte ihn wortlos und fasziniert an. Bolitho spürte direkt, wie seine Augen am Rasiermesser hingen, das er jetzt, nachdem er es an einem Tuchfetzen abgewischt hatte, in den Schottkasten warf, wo er es gefunden hatte.
    Langsam sagte er: »Tja, Mr. Meheux, dagegen können wir diesmal nicht viel tun.«
    Er nahm den Degen auf und schnallte ihn um; dann ging er hinter Meheux her hinaus. Es war früh am Morgen, die Luft war noch frisch, heiß werden würde es später. Die Wanten hingen voller Kleidungsstücke, meistens Frauenkleider, und Meheux murmelte entschuldigend: »Sie haben gebeten, waschen zu dürfen, Sir. Aber jetzt, da Sie an Deck sind, werde ich ihnen sagen, sie sollen das Zeug runterne hmen.«
    »Nein.«
    Bolitho setzte das Teleskop ans Auge. Dann warf er es einem Matrosen zu und sagte: »Das Glas ist entzwei. Wir müssen abwarten.«
    Er schritt zur Heckreling, beschattete die Augen gegen das grelle Sonnenlicht und spähte nach dem Schiff aus. Die schlanke, leuchtend weiße Segelpyramide über der Kimm sprach Bände. Er hörte Schritte an Deck und wandte sich um: da stand Witrand und beobachtete ihn.
    »Sie sind Frühaufsteher,
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    Witrand hob die Schultern. »Und Sie sind sehr ruhig,
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.« Er blickte über die Wasserfläche. »Obwohl es um Ihre Freiheit vielleicht bald geschehen ist.«
    Bolitho lächelte. »Hören Sie, Witrand, was machen Sie eigentlich auf diesem Schiff? Wo wollten Sie hin?«
    »Ich habe das Gedächtnis verloren«, grinste der Franzose.
    Der Ausguck rief dazwischen: »Das ist ‘ne Fregatte, Sir!«
    Leise fragte Meheux: »Wie meinen

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