Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
hielt inne und vernahm Meheux’ Stimme, der auf der Kampanje seine Befehle brüllte. Es gab viel zu tun. Segel mußten gesetzt, ein Kurs mußte abgesteckt werden, damit das Schiff, wenn irgend möglich, wieder zum Geschwader stieß. Er sah auf ihre Hände, die neben Parejas stillem Antlitz in ihrem Schoß ruhten. »Ich schicke Ihnen jemanden zu Hilfe, sobald ich wieder an Deck bin.«
    Ihre Stimme klang, als käme sie aus weiter Ferne. »Sie können mir nicht helfen. Mein Mann ist tot, und ich bin wieder eine Fremde in seinem Land. Ich besitze nichts als das, was ich auf dem Leibe trage, und ein paar Schmuckstücke. Nicht viel für das, was ich gelitten habe.« Sanft hob sie Parejas Kopf von ihrem Schoß und ließ ihn auf den Planken ruhen. »Und das verdanke ich Ihnen, Captain.« Sie blickte auf; ihre Augen glitzerten im Laternenschein. »Also gehen Sie, tun Sie weiter Ihre
Pflich
t

und lassen Sie mich in Ruhe!«
    Wortlos stand Bolitho auf und ging zur Kampanjeleiter. Draußen in der frischen Luft stand er minutenlang still, atmete tief und sah in den dunkelglühenden Sonnenuntergang.
    »Hören Sie nicht auf sie, Captain«, sagte Allday. »Ihre Schuld war es nicht. Viele sind gefallen, und bis dieser Krieg aus ist, werden noch eine ganze Menge fallen.« Er verzog das Gesicht. »Sie hat Glück, daß sie noch lebt – wir alle haben Glück.«
    Meheux kam nach achtern. »Kann ich die Dons anstellen, Sir? Ich dachte, wir setzen Bramsegel und die Fock, damit sie sich wieder steuern läßt. Wenn der Wind zu stark wird, können wir immer noch alles bis auf Klüver und Großbramsegel reffen.« Er rieb sich geräuschvoll die Hände. »Daß wir wieder Fahrt machen, ist ein reines Wunder!«
    »Recht so, Mr. Meheux.« Bolitho trat an die Reling und blickte auf die ersten bleichen Sterne. »Wir werden auf Steuerbordbug gehen und Ostsüdost steuern.« Er warf einen Blick auf den Rudergast – fast dachte er, Grindle stände daneben und paßte auf. »Aber sowie Sie merken, daß der Druck zu stark wird, pfeifen Sie ›Alle Mann‹ und reffen.«
    Der Leutnant eilte davon, um die müden Matrosen aufzupurren, und Allday fragte: »Soll ich den Koch suchen gehen, Captain? Ich finde, eine warme Mahlzeit wirkt manchmal Wunder, wenn sonst nichts hilft.«
    Er richtete sich starr auf, denn unten an Deck kam Witrand herbei.
    »Und der da – soll ich ihn in Eisen legen, wie er es verdient?«
    »Der stellt nichts mehr an, Allday«, erwiderte Bolitho mit einem gelassenen Blick auf den Franzosen. »Solange hier noch Piraten auftauchen können, wird niemand etwas gegen uns unternehmen, denke ich.« Er wandte sich wieder Allday zu. »Ja, sagen Sie dem Koch Bescheid.« Allday ging zur Treppe, und Bolitho rief ihm nach: »Und ich danke Ihnen!«
    Allday blieb stehen, einen Fuß in der Luft. »Captain?«
    Bolitho sagte nichts weiter; Allday wartete noch einen Moment, stieg dann die Leiter hinunter und machte sich Gedanken über diese neue und seltsam beunruhigende Stimmung seines Kommandanten.
    Um Mitternacht, als die
Navarr
a

langsam in die tiefe Finsternis hineinsegelte, stand Bolitho am Leedecksgang. Der kühle Wind spielte in seinem Haar. Die Bestattung der Gefallenen nahm ihren Fortgang. Ein Gebetbuch war nicht vorhanden, auch war kein spanischer Priester unter den Passagieren, der für die Gefallenen oder ihren Wunden Erlegenen einen Gottesdienst hätte abhalten können.
    Auf eine Art, dachte er, war das tiefe Schweigen beeindruckender als Gebete. Auch gab es noch andere Laute: die See, die Segel, Wanten und Stage, das Knarren des Ruders. Ein passender Grabspruch für Männer, die vom Meer gelebt hatten, das sie jetzt für alle Ewigkeit aufnahm.
    Grindle und Pareja waren zusammen bestattet worden, und Bolitho hatte gesehen, wie Ashton sich die Augen wischte, als der Steuermannsmaat über Bord ging.
    »Das sind jetzt alle, Sir«, rief Meheux. Er rief es mit gedämpfter Stimme, und Bolitho war ihm dankbar dafür. Ohne daß er es ihm sagen mußte, hatte der Leutnant verstanden, daß die Gefallenen besser bei Nacht bestattet wurden, um es den am Leben Gebliebenen nicht noch schwerer zu machen. Es hatte absolut keinen Sinn, ihren Kummer zu vermehren; und morgen würde es weitere Tote geben, dessen war er sicher.
    »Gut«, antwortete er, »ich schlage vor, wir trimmen den Großmast und lassen dann die Wache unter Deck gehen. Sie und ich gehen Wache um Wache; ich glaube nicht, daß uns jemand dieses zweifelhafte Privileg streitig machen

Weitere Kostenlose Bücher