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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Vorgefallenen erinnerte: Sie waren alle wie Betrunkene, sangen und lachten im Boot und trieben Possen. Der Wind frischte auf und wurde zum Sturm, und die See ging ungeheuer hoch; es war ein Wetter, daß jeder Mann von den Inseln davor geflohen und schleunigst nach Falesa heimgefahren wäre; aber diese fünf waren wie Wahnsinnige, setzten alle Segel auf und trieben ihr Boot in die See hinaus. Lotu machte sich daran, das Wasser auszuschöpfen; von den andern aber dachte keiner daran, ihm zu helfen, sondern sie sangen und trieben ihre Possen weiter und redeten seltsame Dinge, die über das Verständnis eines Menschen gehen, und lachten dabei laut, wie sie sagten. So schöpfte Lotu den ganzen Tag über auf Leben und Tod das Wasser aus dem Boot und war ganz klatschnaß vor Schweiß und kaltem Meerwasser; und keiner kümmerte sich um ihn. Gegen alle Erwartung kamen sie lebendig in einem fürchterlichen Sturm nach Papa-malulu, wo die Palmen im Winde heulten und die Kokosnüsse wie Kanonenkugeln auf die Dorfwiese flogen; und in derselben Nacht wurden die fünf jungen Herren krank und sprachen niemals wieder ein vernünftiges Wort, bis sie starben.
    »Und willst du mir im Ernst behaupten, du kannst einen solchen Quatsch glauben?« fragte ich.
    Sie sagte mir, die Geschichte sei wohlbekannt, und hübsche junge Männer, die allein wären, erlebten sogar häufig so etwas; dieses sei aber der einzige Fall, daß fünf gleichzeitig an demselben Tage und miteinander den Tod gefunden hätten durch die Liebe der Teufelinnen; und es hätte großes Aufsehen auf der Insel erregt; und sie wäre ja verrückt, wenn sie daran zweifelte.
    »Na, jedenfalls brauchst du meinetwegen keine Angst zu haben. Ich habe keine Verwendung für die Teufelinnen. Du bist die einzige Frau, die ich brauche, und auch der einzige Teufel, alte Dame!«
    Hierauf antwortete sie, es gäbe aber doch Teufelinnen, und sie habe mit ihren eigenen Augen eine gesehen. Eines Tages sei sie allein nach der nächsten Bucht gegangen und dabei vielleicht dem Rande des verzauberten Ortes zu nahe gekommen. Der Schatten von dem Gebüsch des Hochwaldes an der Hügelseite fiel über sie, sie selber aber war draußen auf einer flachen ebenen Stelle, die sehr steinig und dicht mit jungen, vier und fünf Fuß hohen Mummy-Apfelbäumen bestanden war. Es war ein dunkler Tag in der Regenzeit; bald kamen Windstöße und rissen die Blätter ab, daß sie herumwirbelten, bald war wieder alles still wie in einem Hause. Während einer solchen Stille geschah es, daß ein ganzer Schwarm von Vögeln und fliegenden Füchsen aus dem Busch herausflatterte, wie wenn die Tiere Todesangst hätten: gleich darauf hörte sie ein Rascheln ganz in der Nähe und sah am Waldsaum unter den Mummy-Äpfeln einen dürren, grauen alten Eber erscheinen. Wie er so herankam, schien er zu denken – wie ein Mensch; und wie sie ihn so herankommen sah, merkte sie plötzlich, daß es kein Eber war, sondern ein Wesen, das ein Mensch war und die Gedanken eines Menschen hatte. Da rannte sie davon und das Schwein hinter ihr her, und als das Schwein so rannte, schrie es laut, daß es widerhallte.
    »Ich wollte, ich wäre da mit meiner Flinte gewesen«, sagte ich, »ich glaube, dann hätte das Schwein geschrien, daß es sich über sich selbst gewundert hätte.«
    Aber sie sagte mir, eine Flinte nütze nichts gegen solche Geschöpfe, denn die wären Geister der Toten.
    Na, mit diesem Geschwätz ging der Abend hin, und das war noch das Beste daran; aber natürlich änderte es nichts an meiner Meinung, und am nächsten Tage ging ich mit meinem Gewehr und einem guten Messer auf eine Entdeckungsreise aus.
    Ich ging so nahe wie möglich an die Stelle heran, wo ich Case hatte aus dem Busch kommen sehen; denn ich rechnete so: Wenn er wirklich irgendein Gebäude im Busch hätte, so würde ich auch einen Pfad finden. Der Beginn der Wildnis wurde durch einen Wall bezeichnet, wenn ich es so nennen soll; denn es war eigentlich mehr ein langer Steinhaufen. Man sagt, dieser Steinhaufen gehe quer über die ganze Insel, aber woher man das weiß, das ist eine andere Frage; denn ich bezweifle, ob in hundert Jahren auch nur ein einziger Mensch diesen Weg gegangen ist, da die Eingeborenen hauptsächlich am Strande hausen und ihre kleinen Kolonien an der Küste haben, während dieser Teil der Insel verdammt hoch und steil und voll von Felsen ist. An der Westseite des Walles ist der Boden freigemacht worden, und dort wachsen Kokospalmen und Mummy-Äpfel

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