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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Cases Kirche ansehen, und dann wollen wir feststellen, wie es mit der Lobpreisung Gottes wegen der Wunder steht.«
    Hierüber bekam Uma eine fürchterliche Angst; wenn ich in den dichten Busch ginge, würde ich niemals wieder heimkommen; niemand könne da hineingehen, wenn er nicht unter Tiapolos Schutz stände.
    »Ich will es daraufhin riskieren, daß ich unter Gottes Schutz stehe!« sagte ich. »Ich bin ein ganz braver Bursche, Uma, wie Menschen nun mal sind, und ich denke, der liebe Gott wird mir durchhelfen.«
    Sie war eine Weile still und sagte dann, mächtig feierlich: »Ich denken.« Und dann rief sie plötzlich: »Viktoriia sie große Häuptling?«
    »Na und ob!«
    »Sie dich viel gern haben?« fragte sie.
    Ich sagte ihr mit einem Grinsen, ich glaube, die alte Dame halte recht große Stücke auf mich.
    Da sagte sie: »Nun schön und gut. Viktoriia sie große Häuptling, dich viel gern haben. Nicht können helfen dir hier in Falesa; zu weit weg. Maea er kleine Häuptling – sein hier. Wenn nun er dich viel gern haben – er dir helfen. Ebenso Gott und Tiapolo. Gott, er große Häuptling – zu viel zu tun haben. Tiapolo er kleine Häuptling – er viel gern haben sich zeigen, sich viel Mühe geben.«
    »Ich werde dich Herrn Tarleton in Arbeit geben müssen! Deine Theologie ist etwas aus dem Leim!«
    Wir sprachen aber über diese Geschichte den ganzen Abend, und über all den Fabeln, die sie mir von der Wildnis und ihren Gefahren erzählte, wurde sie vor Angst beinah verrückt. Natürlich erinnere ich mich kaum des vierten Teils der Geschichten, denn ich gab wenig auf sie; aber zwei davon fallen mir doch heute wieder ein.
    Ungefähr sechs Meilen die Küste weiter aufwärts ist eine vor dem Wind geschützte Bucht, Fanga-anaana genannt, das bedeutet: der Hafen voll von Höhlen. Ich habe sie selber von der See her gesehen, und zwar so nahe, wie ich meine Ruderer dazu kriegen konnte, sich heranzuwagen, und es ist ein kleiner Streifen gelben Sandes. Schwarze Klippen hängen darüber, voll von schwarzen Höhlenöffnungen; große Bäume stehen auf den Klippen, und Lianen hängen von ihnen herunter, und an einer Stelle, ungefähr in der Mitte, stürzt ein großer Bach als Wasserfall herab, Na, dorthin fuhr ein Boot mit sechs jungen Männern von Falesa, ›alle viel hübsch‹, wie Uma sagte, und das war deren Unglück. Es blies ein starker Wind, die See ging hoch, und als sie auf der Höhe von Fanga-anaana waren und den weißen Wasserfall und den schattigen Strand sahen, da waren sie alle müde und durstig, und das Trinkwasser war alle. Einer von ihnen schlug vor, dort zu landen und zu trinken, und da sie waghalsige Burschen waren, stimmten sie alle ihm bei, mit Ausnahme des Jüngsten. Lotu war sein Name; er war ein sehr guter junger Gentleman und sehr vernünftig; und er stellte ihnen vor, daß sie verrückt seien, und sagte ihnen, der Ort gehöre Geistern und Teufeln und den Toten, und es seien keine lebenden Menschen da, mehr als sechs Meilen nach der einen Seite und vielleicht zwölf nach der anderen. Aber sie lachten ihn aus, und da sie fünf gegen einen waren, so ruderten sie in die Bucht, brachten das Boot an den Strand und gingen an Land. Es war ein wundervoll lieblicher Ort, erzählte Lotu, und das Wasser ausgezeichnet. Sie gingen den ganzen Strand entlang, konnten aber nirgends einen Pfad finden, der auf die Klippen hinaufführte, und das war ihnen um so angenehmer. Schließlich setzten sie sich hin, um von den Speisen zu essen, die sie mitgebracht hatten. Kaum saßen sie, so kamen aus einer von den schwarzen Höhlen heraus sechs schöne Weiber, so wunderschön, wie man sie nie zuvor gesehen hat: Sie hatten Blumen in ihren Haaren und die allerschönsten Brüste und Halsbänder von scharlachroten Bohnen; und sie begannen mit den jungen Herren zu scherzen, und die jungen Herren scherzten wieder mit ihnen – alle außer Lotu. Lotu sah, daß an solchem Ort keine lebenden Weiber sein könnten, und er lief davon und warf sich auf den Boden des Bootes, bedeckte sein Antlitz und betete. Die ganze Zeit über, während die Geschichte dauerte, lief Lotus Gebet wie ein reines Bächlein, und weiter wußte er nichts davon; dann kamen seine Freunde zurück und hießen ihn sich auf die Ruderbank setzen, und dann fuhren sie aus der Bucht wieder in die See hinaus, und von den sechs schönen Damen war nicht mehr die Rede. Am meisten aber erschrak Lotu darüber, daß kein einziger von den fünfen sich an das Geringste von dem

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