Der Strand von Falesa
eine erbärmliche Sache, wie ein Aussätziger behandelt zu werden.
Nun saß ich eines Tages gegen Ende des Monats an dieser Bucht am Waldsaume mit einem Kanaken. Ich hatte ihm eine Pfeife voll Tabak gegeben, und wir plauderten miteinander, so gut es ging; er konnte wirklich mehr Englisch als die meisten von den Leuten.
Ich fragte ihn, ob denn kein Weg nach dem Osten zu gehe.
»Eine Zeit ein Weg – nun er tot«, sagte er.
»Niemand er gehen darf?«
»Nicht gut! Zuviel Teufel er sein da.«
»Oho! Sind da viele Teufel im Busch?«
»Mannteufel, Weibteufel; zuviel Teufel«, sagte mein Freund. »Sein da alle Zeit. Mensch er gehen da hinein, nicht kommen wieder.«
Ich dachte: Wenn dieser Bursche so gut mit Teufeln Bescheid wußte und so offenherzig davon erzählte, was nämlich selten ist, so wäre es gut, wenn ich ein bißchen über mich selbst und Uma aus ihm herausbringen könnte. Ich fragte ihn also:
»Du denken mich einen Teufel?«
»Nicht denken Teufel«, sagte er beschwichtigend. »Das denken nur Dumme.«
»Uma sie Teufel?« fragte ich wieder.
»Nein, nein, nicht Teufel. Teufel sein im Busch«, sagte der Jüngling.
Ich blickte vor mich hin über die Bai hinüber und sah, wie das herabhängende Laub der Waldbäume sich plötzlich öffnete, und Case, mit einem Gewehr in der Hand, trat in den Sonnenschein auf dem schwarzen Strand. Er trug einen hellen, beinahe weißen Flanellanzug, seine Flinte blitzte, er war eine mächtig auffallende Erscheinung, und die Landkrabben strebten rund um ihn herum auf ihre Löcher zu.
»Hallo, Freund!« rief ich. »Du doch nicht sprechen wahr. Ese er gehen, Ese er kommen wieder.«
»Ese nicht wie andere; Ese
Tiapolo!«
sagte mein Freund, und dann schlich er sich mit einem »Leben wohl!« davon.
Ich beobachtete Case auf seinem ganzen Weg rund um die Bucht, denn es war Ebbe und das Wasser niedrig; und ich ließ ihn auf dem Heimweg nach Falesa an mir vorbeigehen. Er war in tiefen Gedanken, und die Vögel schienen das zu wissen, denn sie hüpften ganz nahe um ihn herum auf dem Sande oder flatterten um seinen Kopf und schrien ihm in die Ohren. Als er an mir vorüberkam, konnte ich an den Bewegungen seiner Lippen sehen, daß er mit sich selber sprach, und – was mich mächtig freute – er trug auf seiner Stirn noch die Hausmarke meiner Faust. Ich sage Ihnen ganz offen: Ich hatte Lust, ihm eine Flinte voll in seine üble Schnauze zu geben, aber ich überlegte es mir dann besser.
Die ganze Zeit über, und während ich ihm heimwärts nachging, wiederholte ich mir das kanakische Wort; ich merkte es mir mit dem Satz: Polly, put the kettle on and make us all some tea – te-a-pollo.
»Uma«, sagte ich, als ich nach Hause kam, »was bedeutet Tiapolo?«
»Teufel.«
»Ich dachte, ›Aitu‹ sei das Wort dafür.«
»Aitu andere Sorte Teufel; sein im Busch, fressen Kanake. Tiapolo groß Teufelhäuptling, bleiben zu Hause; sein Christenteufel.«
»Na, damit bin ich auch noch nicht weiter. Wie kann Case Tiapolo sein?«
»Nicht so! Ese gehören Tiapolo; Tiapolo aussehen wie Ese; Ese wie sein Sohn. Wenn Ese er wünschen was, Tiapolo er machen es.«
»Das ist mächtig bequem für Ese! Und was für Dinge macht er denn für ihn?«
Na, da kam ja nun eine ganze Litanei von allen möglichen Geschichten zum Vorschein. Viele von diesen – wie die von dem Dollar, den er Herrn Tarleton aus dem Kopf holte – waren mir vollkommen klar, andere aber konnte ich mir nicht zusammenreimen; und das, was die Kanaken am meisten überraschte, wunderte mich am wenigsten – nämlich, daß er in die Wildnis unter all die Aitus ginge. Indessen hatten ihn einige der Kühnsten begleitet und ihn mit den Toten sprechen und ihnen Befehle geben hören und waren, dank seinem Schutz, unversehrt zurückgekommen. Einige sagten, er habe eine Kirche da, in der er Tiapolo anbete, und Tiapolo erscheine ihm; andere schworen darauf, Hexerei sei überhaupt nicht dabei, sondern er wirke seine Wunder nur durch die Macht des Gebetes, und die Kirche sei keine Kirche, sondern ein Gefängnis, in das er einen gefährlichen Aitu gebannt habe. Namu war einmal mit ihm im Busch gewesen und hatte nach seiner Rückkehr Gott um dieser Wunder willen gepriesen. Aus alledem begann mir über Cases hohe Stellung und über die Mittel, durch die er dazu gekommen war, ein Schimmer aufzugehen, und obgleich ich sah, er würde für mich eine harte Nuß zu knacken sein, war ich keineswegs mutlos.
»Na, schön! Ich will mir selber mal Meister
Weitere Kostenlose Bücher