Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
geschäftlichen Nutzen hatte ich nicht davon, denn obwohl der Priester kam und bei uns saß und klönte, konnte keiner von seinen Leuten dazu verlockt werden, in meinen Kaufladen zu kommen; und hätte ich nicht noch eine zweite Beschäftigung für uns ausgesonnen, so hätte ich überhaupt kein Pfund Kopra ins Haus bekommen. Die Sache war so: Fa'avao (Umas Mutter)hatte ein paar Dutzend ertragreiche Bäume. Natürlich konnten wir keine Arbeiter bekommen, da wir so gut wie unter Tabu standen, und die beiden Frauen und ich gingen daran und machten Kopra mit unseren eigenen Händen. Es war eine Kopra, daß einem der Mund wässern konnte, als sie fertig war – ich hatte niemals geahnt, wie sehr die Eingeborenen mich betrogen hatten, bis ich diese vierhundert Pfund mit meiner eigenen Hand gemacht hatte – und die Kopra wog so leicht, daß ich Lust bekam, sie selber zu wässern.
    Als wir bei der Arbeit waren, pflegten eine Menge Kanaken stundenlang uns zuzusehen; einmal kam auch der Nigger. Er stand hinten bei den Eingeborenen und lachte und spielte den großen Mann und den lustigen Hund, bis mir eine Laus über die Leber kroch und ich sagte:
    »Höre, du Nigger!«
    »Ich verkehre nicht mit Ihnen, Herr!« sagte der Nigger. »Spreche nur mit Gentlemen.«
    »Ich weiß. Aber zufällig habe ich Sie angeredet, Herr Schwarzer Jack. Und ich möchte weiter nichts wissen als dies: Sahen Sie Cases Visage vor ungefähr einer Woche?«
    »Nö, Herr.«
    »Na, dann will ich dir das Gegenstück dazu zeigen, bloß in schwarzer Couleur, und zwar binnen zwei Minuten.«
    Und damit begann ich ganz langsam und mit herabhängenden Händen auf ihn zuzugehen; nur in meinen Augen hätte einer was sehen können, wenn er sich die Mühe genommen hätte, darauf zu achten.
    »Sie sind ein gemeiner Krakeeler, Herr!« sagt der Nigger.
    »Na und ob!« sage ich.
    Inzwischen dachte er, ich sei nun wohl so nahe, wie er wünschen könnte, und er riß aus – Sie hätten eine Freude dran gehabt, zu sehen, wie er loszog! Und das war alles, was ich von der feinen Gesellschaft sah, bis ich das erlebte, was ich Ihnen jetzt erzählen werde.
    Es war in jenen Tagen eine meiner Hauptbeschäftigungen, mit meiner Flinte in den Wäldern herumzupirschen, die ich – wie Case mir ganz richtig gesagt hatte – sehr wildreich fand. Ich erwähnte bereits das Vorgebirge, das das Dorf und meine Station von der Ostseite der Insel trennt. Ein Fußweg ging ungefähr bis an das Ende des Kaps und führte dann nach der nächsten Bucht. Hier wehte täglich ein starker Wind, und da die Reihe der Uferklippen am Ende des Kaps aufhörte, so stand in der Bucht eine schwere Brandung. Ein kleiner Felsenhügel trennte das Tal in zwei Teile und reichte bis dicht an den Strand, und bei Hochwasser brach die See sich gerade an diesem Felsen, so daß dann jeder Verkehr zu Fuß unmöglich war. Waldberge schlossen diesen Ort von allen Seiten ein. Die Barriere nach Osten zu war ganz besonders steil und dicht bewaldet; ihr unterer Teil, am Meer entlang, bestand aus nackten schwarzen, rotgestreiften Felsen, der obere Teil aber war dicht bewachsen mit großen Bäumen. Einige von diesen Bäumen waren leuchtend grün, einige rot, und der Sand am Strande war so schwarz wie Ihre Schuhe. Zahlreiche Vögel hausten an der Bucht, einige von ihnen schneeweiß, und der fliegende Fuchs (oder Vampir) flog da am hellen Tage herum und fletschte seine Zähne.
    Lange Zeit pirschte ich immer nur bis an diesen Ort und ging nicht weiter. Jenseits war keine Spur von einem Fußwege, und die Kokospalmen auf dem Grunde des Tales waren die letzten nach dieser Richtung zu. Denn das ganze Auge der Insel, wie die Kanaken das Luvende nennen, war öde. Von Falesa an bis ungefähr nach Papamalulu war kein Haus, kein Mensch, kein gepflanzter Fruchtbaum; und da Klippen fast ganz fehlten, der Strand also ungeschützt lag, schlug die See gegen das Ufer an, und es war kaum ein Landungsplatz vorhanden.
    Nun sollte ich Ihnen sagen, daß ich, als ich in den Wäldern zu streifen begonnen hatte, Leute genug fand, die nichts dagegen hatten, mit mir zu schwatzen, wo niemand sie sehen konnte; meinem Kaufladen kam allerdings niemand nahe. Da ich nun schon begonnen hatte, etwas von der Eingeborenensprache aufzuschnappen und die meisten von ihnen ein paar Worte Englisch konnten, ließ sich schon eine kleine Unterhaltung zusammenstoppeln; viel Zweck hatte dies Geplauder natürlich nicht, aber es benahm mir doch das unangenehme Gefühl – denn es ist

Weitere Kostenlose Bücher