Der Streik
empfängt, aber noch nicht gelernt hat, feste Gegenstände voneinander zu trennen. Dem Säugling stellt sich die Welt als verschwommene Bewegung dar, ohne sich bewegende Gegenstände, und sein Verstand erwacht an jenem Tag, an dem ihm bewusst wird, dass der Streifen, der immerzu an ihm vorbeiflackert, seine Mutter und der Wirbel hinter ihr ein Vorhang ist, dass dies zwei feste Entitäten sind, von denen sich keine in die andere verwandeln kann, dass sie sind, was sie sind, dass sie existieren. Der Tag, an dem er begreift, dass Materie keinen Willen besitzt, ist zugleich der Tag, an dem er begreift, dass er hingegen einen Willen hat – und das ist der Tag seiner Geburt als Mensch. Der Tag, an dem er begreift, dass sein Spiegelbild keine Täuschung, sondern Wirklichkeit, aber dennoch nicht er selbst ist, dass die Luftspiegelung in einer Wüste keine Täuschung ist, dass zwar die Luft und die Lichtstrahlen, die sie verursachen, wirklich sind, dass sie aber dennoch keine Stadt ist, sondern das Spiegelbild einer Stadt; der Tag, an dem er begreift, dass er kein passiver Empfänger der Empfindungen eines beliebigen Augenblicks ist, dass seine Sinne ihn nicht mit automatischem Wissen in voneinander getrennten, vom Zusammenhang losgelösten Bruchstücken beliefern, sondern nur mit dem Grundstoff von Wissen, den zu integrieren sein Verstand lernen muss; der Tag, an dem er begreift, dass seine Sinne ihn nicht täuschen können, dass physische Objekte nicht ohne Ursache agieren können, dass seine Sinnesorgane physischer Natur sind und weder einen Willen noch eine Erfindungsgabe haben und auch nichts verzerren können, dass die Befunde, die sie ihm liefern, absolut sind, aber sein Verstand lernen muss, sie zu begreifen, dass sein Verstand die Beschaffenheit, die Ursachen und den gesamten Zusammenhang seiner sinnlichen Wahrnehmungen entdecken muss, dass sein Verstand die Dinge, die er wahrnimmt, identifizieren muss – das ist der Tag seiner Geburt als Denker und Wissenschaftler.
Wir sind diejenigen, die jenen Tag erreicht haben; ihr seid diejenigen, die gewillt sind, ihn teilweise zu erreichen; ein Wilder ist einer, der ihn nie erreicht.
Für einen Wilden ist die Welt ein Ort unverständlicher Wunder, an dem unbelebter Materie alles, ihm aber nichts möglich ist. Seine Welt ist nicht das Unbekannte, sondern die irrationale Schreckenswelt des Unerkennbaren. Er glaubt, physische Gegenstände verfügten über einen geheimnisvollen Willen und würden von ursachelosen, unvorhersehbaren Launen getrieben, während er als hilflose Schachfigur der Gnade von Mächten jenseits seines Einflussbereichs ausgeliefert ist. Er glaubt, die Natur werde von allmächtigen Dämonen regiert und die Wirklichkeit sei ihr wandelbarer Spielplatz, auf dem sie jederzeit seinen Essnapf in eine Schlange und seine Frau in einen Käfer verwandeln können, auf dem das A, das er nie entdeckt hat, zu einem beliebigen Nicht-A werden kann, auf dem seine einzige Erkenntnis darin besteht, dass er nicht versuchen darf, Erkenntnis zu erlangen. Er kann sich auf nichts verlassen, er kann nur wünschen , und er verbringt sein Leben damit zu wünschen, Dämonen zu bitten, ihm seine Wünsche durch die willkürliche Macht ihres Willens zu erfüllen; ihnen zu danken, wenn sie es tun, es sich selbst zur Last zu legen, wenn sie es nicht tun; ihnen Opfer darzubringen als Zeichen seiner Dankbarkeit oder als Zeichen seiner Schuld; sich aus Furcht auf den Boden zu werfen und die Sonne, den Mond, den Wind, den Regen und jeden Ganoven anzubeten, der sich als deren Sprecher ausgibt, vorausgesetzt, seine Worte sind unverständlich und seine Maske ist hinreichend furchterregend – er wünscht, bettelt, kriecht und stirbt und hinterlässt euch als Zeugnis seiner Vorstellung von Existenz die grotesken Ungeheuer, die er vergöttert hat, teils Mensch, teils Tier, teils Spinne, die Verkörperungen der Welt von Nicht-A.
Sein geistiger Stand entspricht dem eurer modernen Lehrer, und seine Welt ist diejenige, in die sie euch versetzen wollen.
Falls ihr euch fragt, wie sie dabei vorgehen, dann besucht irgendeinen College-Hörsaal, und ihr werdet hören, wie eure Professoren euren Kindern beibringen, dass der Mensch keinerlei Gewissheit erlangen könne, dass sein Bewusstsein keinerlei Gültigkeit besitze, dass er weder Tatsachen noch Gesetze der Existenz erlernen könne, dass er nicht in der Lage sei, eine objektive Wirklichkeit zu erkennen. Was ist dann aber sein Maßstab für Wissen und
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