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Der stumme Ruf der Nacht

Titel: Der stumme Ruf der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Griffin
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dachte, was sie seit neun Uhr heute Morgen umtrieb. Da hatte sie wieder so eine Dose vor der Wohnungstür gefunden. Den ganzen Tag lag ihr die Frage bereits auf der Zunge, und jetzt konnte sie sich nicht mehr zurückhalten.
    »Wer ist Lori?«, platzte sie heraus.
    »Wer?«
    »Lori. Die mit den Cookies.«

    Als er nur lächelte, wallte der Ärger in ihr auf.
    »Was ist denn daran so lustig?«, explodierte sie.
    »Du. Du sagst ›Cookies‹, als sei das eine Geschlechtskrankheit.«
    »Wer ist sie?«
    »Eine Nachbarin. Wann hat sie die Cookies denn gebracht?«
    Sie funkelte ihn wütend an.
    »Was denn? Ich habe ihr am Wochenende geholfen, ein Bild aufzuhängen.«
    »Na, was auch immer.«
    Sie erreichten das Regierungsgebäude aus weißem Granit. Will hielt an einer Parkuhr. Courtney fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und bemühte sich, so zu wirken, als sei sie weder verletzt noch käme sie sich dumm vor. Beziehungen waren einfach scheiße. Das hatte sie schon immer gewusst. Warum nur versuchte sie es dann ständig aufs Neue? Weil sie glaubte, dass es irgendwann doch klappen müsste?
    Er stellte den Motor ab und drehte sich zu ihr. »Courtney.«
    »Ach, egal. Mir jedenfalls. Mach, was du willst.«
    »Ich soll machen, was ich will?«
    »Na klar. Von mir aus gehst du auch mit deiner Nachbarin ins Bett. Das macht mir nichts aus.«
    »Das macht dir nichts aus?«
    Sie wollte ihn nicht ansehen. Mein Gott, war das peinlich. Sie benahm sich wie in einer Telenovela. Aber sie konnte nicht anders. Was war in letzter Zeit bloß in sie gefahren?
    »Courtney.«

    »Es ist mir ganz egal, was du machst. Es ist dein Leben.«
    Nun endlich blickte sie ihm mit ernster Miene in die Augen.
    »Ich glaube nicht, dass es dir egal ist«, sagte er. »Ganz im Gegenteil. Ich denke, es macht dir mehr aus, als dir lieb ist. Und das macht dir Angst.«
    Sie verschränkte die Arme und sah zum Fenster hinaus.
    »Das ist es also, oder?«, fuhr er fort. »Diese blauen Haare und die blöde Aromatherapie, nach der es in der ganzen Wohnung riecht – das machst du nur, um mich dir vom Leib zu halten.«
    Sie schlug ihre Beine übereinander und pickte ein unsichtbares Staubfussel von ihrem schwarzen Rock. »Du klingst wie ein Psychiater.«
    »Stimmt’s denn nicht?«
    Sie schwieg. Dann räusperte sie sich. »Vielleicht.«
    »Dann hör auf damit. Das nervt nämlich.«
    Mein Gott, warum stellte sie sich nur so an? Sie war doch völlig übergeschnappt, dass sie wegen ein paar Cookies so ausrastete. Sie suchte seine Augen. »Ich habe noch nie mit jemand anderem zusammengelebt.«
    »Prima, da sind wir ja zu zweit.«
    »Ich habe einfach Angst davor, dass das alles nicht wahr ist. Ich weiß es nicht.«
    »Es gibt auch andere Typen als David. Oder mit wem du mich sonst vergleichst.« Er zog den Schlüssel aus dem Zündschloss und stieß die Tür auf. »Und jetzt komm. Wir sind spät dran.«
    Sie stieg ebenfalls aus dem Wagen, und nachdem er
zu ihr gekommen war, gingen sie gemeinsam die Betontreppe hinauf. Er nahm ihre Hand.
    Sie sah ihn aus dem Augenwinkel an. Ihr gefiel seine kerzengerade Haltung, die sie immer an seine militärische Herkunft erinnerte. Und irgendwie mochte sie auch, dass er sich immer viel zu konservativ kleidete.
    »Stören dich die blauen Haare denn wirklich?«, fragte sie.
    »Nein, gar nicht.«
    »Und die Aromatherapie?«
    »Nur manchmal.« Er öffnete die Glastür und hielt sie ihr auf. Gemeinsam betraten sie die Eingangshalle. »Aber manchmal riecht es auch richtig gut.«
    Er führte sie zu den Aufzügen und drückte auf den Rufknopf. Danach warteten sie schweigend, und er zupfte nervös an seinem Kragen.
    Als der Aufzug kam, stiegen sie ein. Er drückte den Knopf für den dritten Stock, und sie fuhren nach oben. Dabei drückte er ihr immer wieder die Hand. Als die Türen aufgingen, rührte sie sich nicht.
    Irgendwas ging hier doch vor. Will verhielt sich total seltsam. Er war nervös, obwohl er das eigentlich nie war. Er konnte Schwerverletzten unter Feuer erste Hilfe leisten, ohne zu schwitzen, und jetzt, vor einem informellen Gespräch, hatte er feuchte Hände.
    Er zog sie hinter sich her und trat aus dem Aufzug.
    Oder war es etwa kein informelles Gespräch? Möglicherweise war das auch eine Art Falle? Cernak war da. Vielleicht wollte er sie festnehmen. Vielleicht hatten sie neue Beweise gefunden oder etwas anderes, das sie ihr vorwerfen konnten.

    Sie wurde immer langsamer, als sie über den Linoleumboden auf dem Gang gingen. Sie sah

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