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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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einer Reihe mehrere Centurion-Panzer aufgefahren. Sandsäcke waren zwischen ihnen aufgetürmt, auf dem Kettenschutz waren Stahlplatten aufmontiert miteinander verbunden und bildeten so einen Windschild, in dessen Schutz die Rettungstrupps, die einen Ausgang aus dem Keller freilegten, einigermaßen Bewegungsfreiheit hatten. Der Erfolg der Arbeiten war schwer abzuschätzen, doch Marshall war sich klar darüber, daß nur mit wenigen Überlebenden gerechnet werden konnte. Die schweren Rettungsgeräte, alle für den dritten Weltkrieg gebaut und jetzt aus der Mottenkiste hervorgeholt, brauchten mehr Spielraum. Da waren beispielsweise riesige Zugmaschinen, ausgerüstet mit einklappbaren Kranbalken, die zwischen zwei zusammengedrückten Stockwerken eingeführt werden konnten.
    Musgrave fuhr den Bethlehem auf den gegenüberliegenden Gehsteig und an der Reihe der Fahrzeuge entlang bis dahin, wo ein massiver Traktor, fast so groß wie ein Haus, aus dessen Vorderseite sechzig Fuß lange Kranbalken herausragten, ein rundes Rettungsrohr an seinen Platz bugsierte. Das Rohr pendelte zwischen den Balken hin und her. Das untere Ende wurde durch ein schmales Fenster in das Souterrain eingeführt, dann trieben es starke hydraulische Rammen in den Boden der Ruine. In diesem Rohr befanden sich Rettungsmannschaften mit Stahlstempeln, die dann im Keller, der vermutlich zu einer Höhe von einem Fuß zusammengedrückt worden war, herumkriechen konnten.
    Daneben hielten zwei weitere Kettenfahrzeuge mit Transportbändern, die aus der Ruine einen endlosen Strom von Schutt herausgruben und ihn auf den Fahrdamm schütteten. Einige der Trümmerstücke waren sechs Fuß lang, schwere Betonbrocken von einer halben Tonne Gewicht.
    »Wenn da drin noch Überlebende sind, werden sie bestimmt gefunden«, sagte Marshall zu Deborah. In diesem Augenblick setzte der Bethlehem plötzlich zurück, und sie wurden gegen den Splitterschutz geschleudert. Marshall fluchte und rieb sich den linken Ellbogen. Deborah hatte sich an der Stahlkante die Stirn aufgeschlagen. Sie richtete sich auf, und Marshall wollte ihr eben zu Hilfe kommen, als er über die Sprechanlage Musgraves erregte Stimme vernahm.
    »Achtung, Sir, der Bagger kippt!«
    Marshall stürzte ans Fenster. Der Wind hatte einen der beiden Bagger gepackt und schwenkte die dreißig Fuß hohe Maschine hin und her wie eine Pappattrappe. Das riesige Fahrzeug drehte sich hilflos. Dann strafften sich die Ketten, als die Dieselmaschine anzog. Der Fahrer setzte den Bagger rückwärts von der Ruine fort und versuchte so, sie aufrecht zu halten. In engem Bogen fuhr er im Rückwärtsgang auf den gegenüberliegenden Gehsteig zu, wo der Bethlehem mit den Hinterrädern an den Stufen eines Hauses steckengeblieben war.
    Doch der Baggerfahrer sah den Bethlehem noch rechtzeitig im Rückspiegel und warf sofort den Vorwärtsgang hinein. Die Stahlklauen der Ketten gruben sich in die Straßendecke und blockierten. Die zwanzig Grabeimer schwangen zurück und kippten über, ihr Inhalt prasselte auf die Straße herunter.
    Ein Mauerbrocken von fünfzehn Fuß Länge, ein halber Balkon, fiel direkt auf die Kühlerhaube des Bethlehem. Die Arme schützend über den Kopf gelegt, wurde Marshall in der Kabine herumgeschleudert. Deborah stürzte. Als der Wagen endlich wieder ruhig stand, half Marshall Deborah wieder auf die Beine und führte sie zu ihrem Sitz.
    Die Vorderradaufhängung des Bethlehem war gebrochen, und der Wagen lag schräg. Marshall spähte durchs Fenster und sah den langen Betonbrocken quer über der Kühlerhaube liegen. Das untere Ende hatte sich in die Fahrerluke gebohrt.
    »Musgrave!« brüllte Marshall über die Sprechanlage. »Musgrave! Alles in Ordnung, Mann?«
    Er warf das Mikrophon hin, bückte sich, riß das Funkgerät unter dem Splitterschutz heraus und hämmerte an die stählerne Klappwand, die die Kabine vom Fahrerabteil trennte. Musgrave hatte sie von seiner Seite her verriegelt. Marshall zerrte an ihr herum und schaffte es schließlich, die ein Achtelzoll dicke Stahlplatte ein wenig abzubiegen. Durch den Schlitz sah er die zusammengesunkene Gestalt des Fahrers. Er war vom Sitz heruntergerutscht und steckte mit dem Kopf nach unten in dem schmalen Zwischenraum zwischen den Pedalen.
    Marshall richtete sich auf, kletterte auf den Splitterschutz und schob den Lukenriegel zurück. Deborah sprang auf und wollte ihn zurückhalten, doch er schüttelte sie ab und stieß die Lukendeckel auf. Luft fuhr in die Kabine herein,

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