Der Sturm aus dem Nichts
Staubwolken verdunkelten den Tag und machten ihn zu einem Winterabend.
Marshalls Fahrer, ein kleiner, drahtiger Korporal mit Namen Musgrave, öffnete eine schmale Tür in dem stählernen Schott am Ende des Korridors. Deborah und Marshall folgten ihm in eine niedrige Garage, wo drei Panzerwagen standen. Es waren Bethlehems, Modell M-53, wuchtige Zehntonner mit schräg gepanzerten Seitenflächen, ursprünglich gedacht, um Granaten abzuhalten, und jetzt hervorragend geeignet als Schild gegen den Wind. Die 85-mm-Kanonen waren entfernt und an ihrer Stelle sechszöllige Perspex-Fenster eingesetzt worden.
Marshall half Deborah in den Wagen. Dann schwang er sich selbst mit geschickten Bewegungen hinein. Musgrave prüfte den Einstiegdeckel, kletterte auf den Fahrersitz neben dem Motor und machte auch seine Luke dicht.
Er fuhr den Wagen auf die breite Stahlplatte eines hydraulischen Lifts. Vom Funkgerät des Wagens aus ferngesteuert, stieg sie auf ihrem runden Schah: empor und trug den Wagen hinauf zur Decke. Diese glitt zur Seite, und der Bethlehem tauchte mitten im Hof zwischen der Admiralität und dem Anbau des Außenministeriums auf.
Drinnen in der Kabine saß Marshall auf der Kante eines gepolsterten Stahlhockers und reckte den Hals, um aus dem runden Fenster zu sehen. Deborah hockte hinter ihm und stellte das Funkgerät auf die Wellenlänge der OZ ein.
Sie erreichten den Trafalgar Square und fuhren an dessen Westseite entlang auf die National Gallery zu. Es war ein Uhr, doch die Luft war grau und dunkel, der Himmel bedeckt. Sie kamen am Canada House und am Cunard-Gebäude vorbei, und sowohl die Sandsackwälle als auch die exponierten Giebel hoch oben schwankten unter dem heftigen Ansturm der Staubwolken.
Die Nelsonsäule war umgestürzt. Vor zwei Wochen, als die Windstärke fünfundneunzig mph betrug, hatte sich plötzlich im oberen Drittel ein Riß gezeigt, der fünfundsiebzig Jahre unentdeckt geblieben war. Am nächsten Tag war das obere Stück heruntergefallen; die zerschmetterten zylindrischen Fragmente lagen noch zwischen den vier Bronzelöwen herum.
Der Platz war menschenleer. Die Nordseite entlang lief ein Sandsacktunnel vom Haymarket bis in die Charing Cross Road, jedoch nur Militärpersonal und Polizei benutzten diese überdeckten Gänge; alle anderen Menschen weigerten sich, ihre Häuser zu verlassen, solange der Wind anhielt. Die neuen Bürogebäude am Strand und die Klubs der Pall Mall lagen hinter dicken Sandsackbarrieren und sahen aus, als seien sie von ihren Bewohnern verlassen und einsam der Gewalt dieser apokalyptischen Heimsuchung ausgeliefert worden. Die meisten der kleineren Bürogebäude waren jedoch ungeschützt, ihre Fensterscheiben verschwunden, ihre Böden und Decken herausgerissen.
Als sie in die Charing Cross Road einbogen, sah Marshall, daß das Garrick Theater eingestürzt war. Die freistehenden Wände des Zuschauerraums waren eingefallen, die Bögen der oberen Ränge blickten hinunter auf einen windgepeitschten Trümmerhaufen. Marshall beobachtete, wie die Sitzreihen aus ihren Halterungen gerissen und hoch in die Luft gewirbelt wurden, wo sie sich in ihre Bestandteile auflösten.
Als sie die Shaftesbury Avenue auf Holborn zu fuhren, winkte Marshall Deborah nach vorne. Sie kam und stützte die Ellbogen auf den Splitterschutz.
Er legte seine Hand über die ihre. »Angst, Deborah?«
Sie umschloß seine Hand fest. »Nicht nur Angst, Simon. Wenn man so hinaussieht ... Es ist, als blicke man direkt in die Hölle. Alles ist so ungewiß, und ich bin sicher, das ist noch nicht das Ende.«
Über Kingsway spielten die Scheinwerfer, leuchteten ins Fenster herein und blendeten sie für kurze Zeit. Der Bethlehem stoppte an einer Kreuzung, während Musgrave mit dem Kommandoposten sprach, der sich am Eingang des U-Bahnhofs Holborn eingegraben hatte. Vor ihnen, auf der Southampton Row, fuhr eine Gruppe von Fahrzeugen: drei Centurion-Panzer, die jeder einen Stahlanhänger zogen.
Musgrave schloß sich ihnen an, und gemeinsam bewegte sich die Kolonne auf den Russell Square zu. Auch andere Fahrzeuge hatten das eingestürzte Hotel zum Ziel, und einige fuhren auf dem Platz herum und walzten mit ihren Ketten die letzten Reste der Büsche und Zäune um, die noch aus dem gequälten Boden hervorragten. Zwei Bethlehems mit Marine-Emblemen standen vor dem Hotel und suchten mit ihren Scheinwerfern die Trümmer ab.
Sie fuhren um den Block herum auf die windabgekehrte Seite des Gebäudes. Hier waren in
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