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Der Sturm aus dem Nichts

Der Sturm aus dem Nichts

Titel: Der Sturm aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James G. Ballard
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Fenstertüren hatte nie mehr fest geschlossen, seit Bobby de Vet, ein riesiger Fußballer aus Südafrika, der sich vor fünf Jahren hartnäckig an Susans Fersen geheftet hatte, nach einer Party dagegengefallen war.
    Maitland bückte sich, stemmte langsam das untere Ende des Fensterflügels aus der geborstenen Angel und drückte den Rahmen so weit nach innen, daß er den Riegel herausziehen konnte.
    Er öffnete die Fenstertür und trat ins Wohnzimmer.
    Doch noch ehe er drei Schritte getan hatte, packte ihn jemand beim Kragen und riß ihn hintenüber. Er fiel auf die Knie. Gleichzeitig ging das Licht an, und er sah Susan neben der Tür stehen.
    Er versuchte sich aus dem eisernen Griff zu befreien und verrenkte den Hals, bis er feststellen konnte, daß es ein breitschultriger junger Mann im Dinnerjackett war, der ihm die Luft abdrehte.
    Schmerzlich stöhnend setzte sich Maitland auf den Teppich. Susan kam in ihrem schulterfreien Kleid auf ihn zugerauscht.
    »Buh!« machte sie laut.
    Ärgerlich, weil er eine so schlechte Figur machte, stieß Maitland die Hand weg, die ihn noch immer am Kragen gepackt hielt, und krabbelte auf die Füße.
    »Nanu, das ist ja der Professor!« rief der junge Mann. Maitland erkannte Peter Sylvester, einen Möchtegern-Rennfahrer. »Hoffentlich habe ich Ihnen nicht wehgetan, Don.«
    Maitland strich sein Jackett glatt und mühte sich, seine Krawatte zu lockern.
    »Tut mir leid, daß ich einbrechen mußte, Susan«, sagte er.
    »Muß dir einen ziemlichen Schrecken eingejagt haben. Hab' die Schlüssel verloren.«
    Susan lächelte. Dann griff sie auf den Plattenspieler und hielt den Umschlag in der Hand, den Maitland durch den Briefschlitz gesteckt hatte.
    »Und denk mal an, Liebling, wir haben sie gefunden! Als du anfingst, das Fenster zu bearbeiten, haben wir überlegt, wer das wohl sein könnte, und du hast so groß und gefährlich ausgesehen, daß Peter meinte, wir sollten lieber auf Nummer Sicher gehen.«
    Sylvester schlenderte an ihnen vorbei und lümmelte sich in einen Lehnsessel. Er kicherte. Maitland bemerkte auf der Bar eine halbleere Flasche und im Zimmer verteilt ein halbes Dutzend schmutziger Gläser. Susan konnte also kaum länger als einen Tag hier sein.
    Das letztemal hatte er sie vor drei Wochen gesehen, als sie ihren Wagen zum Waschen in die Kellergarage gegeben hatte und heraufgekommen war, um zu telefonieren. Wie immer wirkte sie auch heute strahlend schön und glücklich, trotz der Monotonie ihres Lebensstils. Als einziges Kind eines alternden, reichen Reeders war sie mit fünfundzwanzig Jahren noch immer wie ein Schulmädchen gewesen.
    Als Maitland sie kennenlernte, befand sie sich eben im »Übergangsstadium« zwischen jenem Zustand und ihrem heutigen. Ein Kompliment mußte er sich machen: Er hatte länger durchgehalten als all ihre anderen Verehrer. Die meisten schickte sie schon nach ein paar Wochen wieder zum Teufel. Zwei, drei Jahre lang waren sie einigermaßen glücklich gewesen. Susan hatte sich große Mühe gegeben, sich für Maitlands Arbeit zu interessieren, doch nach und nach hatte sie entdeckt, daß der von ihrem Vater stammende Treuhandfonds ihr einen amüsanteren Zeitvertreib verschaffen konnte: eine endlose Reihe von Parties und Weekends an der Riviera. Mit der Zeit sahen sie sich immer seltener, und als sie nach Worthing gefahren war, war der Bruch vollständig gewesen.
    Jetzt war sie zweiunddreißig, und vor kurzem hatte er bemerkt, daß sich in ihr Wesen eine unangenehme Note eingeschlichen hatte. Sie war dunkelhaarig und zierlich, ihre Haut war noch immer so weiß und klar wie vor zehn Jahren, doch ihr Gesicht war härter geworden, ihr Blick finsterer. Sie wirkte weniger selbstsicher, ein klein wenig herber, der augenblickliche Freund wurde schärfer herumkommandiert und etwas eher wieder abserviert. Das jedoch, was Maitland wirklich fürchtete, war, daß sie eines Tages wieder zu ihm zurückkehren könne, um die Ehe in der gräßlichen Form wieder aufzunehmen, in der sie sie während der Monate vor der endgültigen Trennung geführt hatten, nämlich als eine Kette von Zänkereien und Sticheleien.
    »Nett, dich mal wieder zu sehen, Susan«, sagte er und küßte sie auf die Wange. »Ich dachte, du wolltest in Worthing bleiben.«
    »Wollten wir auch«, sagte Susan. »Aber es war zu windig. Das Wasser kommt den ganzen Strand herauf, und dieses dauernde Rauschen macht einen ganz verrückt.« Sie ging im Zimmer umher und betrachtete die Bücher auf den Regalen.

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