Der Sucher (German Edition)
Dämon zu bändigen?«
»Der Legende zufolge ja. Er hat es fertig gebracht, Targon in einen Gegenstand zu bannen und damit ungefährlich zu machen. Natürlich wurde Rivas als Retter gefeiert.«
»Was für Leute wurden Targon denn geopfert? Jungfrauen oder so?«
»Nein, vorlaute Jungen«, brummte Udiko und stellte seine Essschale weg.
Ich zuckte die Schultern, wärmte mein Essen mit einer gemurmelten Formel noch einmal auf und aß weiter. Es bietet sich selten eine Gelegenheit, alle Fähigkeiten unserer Gilde anzuwenden – aber beim Kochen ist es enorm praktisch, Wasser erhitzen und abkühlen zu können, indem man sich konzentriert und die alten Worte spricht. Denn niemand von uns kann offenes Feuer leiden, und Brennmaterial ist ohnehin knapp in Vanamee.
Den nächsten Tag gab Udiko mir frei. Ich beschloss spontan, Joelle zu besuchen – das Mädchen, das ich während meiner ersten Zeit als Sucherlehrling kennen gelernt hatte. Ob sie mich überhaupt noch erkannte? Wir hatten uns zuletzt vor drei Monaten gesehen, als ich gerade gelernt hatte, ohne Worte zu sprechen. In der Zeit danach hatte ich vor allem an Lourenca gedacht, und freie Abende waren rar gewesen. Aber nun musste ich unbedingt jemandem von der Traumsuche erzählen. Und ich freute mich darauf, Joelle wieder zu sehen. Weil Udiko mich mit immer neuen Aufträgen in Atem hielt, kannte ich zwar viele Bewohner der Gegend, aber wirkliche Freunde hatte ich in Xanthu noch nicht gefunden.
Ich schwamm zu dem Ort, wo sie wohnte, und fragte mich zu ihrer Luftkuppel durch. Doch statt des Mädchens öffnete mir ein alter Mann, der mich misstrauisch musterte. »Ich ... ich würde gerne Joelle sprechen«, stammelte ich.
»Joelle? Kenne ich nicht. Ach, doch. Du meinst die kleine Blonde. Die ist weggezogen mit ihrer Familie.«
»Wisst Ihr, wohin?«
»Nein«, sagte der Mann und ließ den Vorhang fallen.
Enttäuscht schwamm ich hoch an die Oberfläche, blies meine Schwimmhaut ein wenig auf und ließ mich treiben. Joelles Gesicht stand mir noch so klar vor Augen wie an dem Tag, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Ich wusste, dass ich sie finden könnte. Aber erstens wusste ich nicht, wie lange es dauern würde, und Udiko würde mir kaum mehrere freie Tage geben. Und zweitens war ich nicht sicher, ob Joelle mich überhaupt sehen wollte. Nachdem ich Lourencas wegen unser Treffen abgesagt hatte, hatte ich ihr noch eine zweite Botschaft geschickt, aber keine Antwort bekommen. Wahrscheinlich hatte Joelle mich abgeschrieben ...
Niedergeschlagen schwamm ich zur Schänke, um mit den Leuten aus dem Nachbarsee einen Krug Polliak zu trinken und eine Partie Kelo zu spielen. Aber ich dachte den ganzen Abend immer wieder mit Wehmut an Joelle.
Der Winter brach sehr plötzlich über Vanamee herein, als der Eisgott Zarbas seine Hand über das Seenland legte. Ein Schneesturm fegte über die Gewässer und ließ sie zufrieren. Nur unsere Gegend blieb verschont, weil das Wasser der Vulkanquellen den See wärmte. Trotzdem schwammen wir nicht viel raus und blieben in unserer Kuppel, während drei Menschenlängen über uns Schneestürme tobten.
Udiko ließ sich davon nicht irritieren, dass in dieser Jahreszeit nicht viele Leute mit Aufträgen kamen. Er setzte meine Ausbildung drinnen fort und lehrte mich zum Beispiel, die Merkmale von Landschaften in die große Sandschale zu zeichnen. So prägte ich mir die Beschaffenheit aller wichtigen Gegenden von Vanamee ein und war nie auf Landkarten angewiesen, sondern könnte mir alles, was ich auf einer Suche benötigte, ins Gedächtnis rufen.
Auch die alte und schwierige Kunst, den Geist zu sondieren, ließ er mich üben. Sie wird fast nur von Heilern angewandt, aber auch manche Sucher beherrschen sie – uns dient sie dazu, an verschüttete Erinnerungen heranzukommen, die für eine Suche wichtig sind. Es freute Udiko sehr, dass ich eine Begabung für das Sondieren hatte.
Anderes brauchte Udiko mir nicht beizubringen. Da meine Mutter als Künstlerin viel mit Gildenformeln gearbeitet hatte, hatte sie mich besser als die meisten darin ausgebildet. Ich war genauso gut darin wie Udiko, mit einer gemurmelten Formel Nebel zu rufen und Wellen zu formen. Anderes fiel mir schwer. Udiko bestand zum Beispiel darauf, dass ich mich im Nahkampf übte. »Du wirst als Sucher in vielen gefährlichen Gegenden unterwegs sein«, erklärte er. »Wer sich seiner Haut nicht wehren kann, der wird nicht alt in dieser Berufung. Und bei deiner großen Klappe wundert
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