Der Sucher (German Edition)
geschlüpften Quappen zu betreuen, das ist seine Lebensaufgabe geworden. Leider ist er mit dem Alter nicht vorsichtiger geworden, und ich fürchte, er wird eines Tages bei einem Treck getötet werden.
Dem Herrn der Quallen bin ich zu meiner Verblüffung später noch einmal begegnet. Auf dem Markt von Uskali, wo er hingebungsvoll ein riesiges Stück Sonnenalgen-Pastete in sich hineinstopfte. Er war nicht so dünn wie früher, stank nicht mehr und trug eine ordentliche Schwimmhaut inklusive eines gefälschten Gildenamuletts. Trotzdem erkannte ich ihn sofort, und als er mich bemerkte, ergriff er die Flucht. Später hörte ich von den Halbmenschen, dass Ri‘naldus ihn im Stich gelassen und dadurch gezwungen hatte, aus den Tausend Schächten hervorzukommen. In der Oberwelt stellte der ehemalige Herr der Quallen anscheinend fest, dass er sich ohne große Mühe unerkannt durchschlagen konnte. Ich wette, er bedauert heftig, dass er das nicht schon früher versucht hat.
Lourenca lernte auf der Reise, auf der sie mich von Udiko weglocken wollte, auch den jungen Mann kennen, der später Kommandant der Xanthu-Region wurde. Ein paar Winter später schloss sie mit ihm den Bund. Sie entwarf sich und ihm eine Aufsehen erregende Luftkuppel und baute dann nie wieder etwas. Inzwischen hat sie fünf Kinder. Man sagt, sie sei noch genauso schön wie damals. Aber das interessiert mich längst nicht mehr. Die tiefe Liebe, die mir das Schicksal prophezeit hat, habe ich bei der Frau gefunden, die Daresh Frieden gebracht hat: bei Rena ke Alaak.
Ich traf Rena, als ich – gerade dreiundzwanzig Winter alt geworden – vom Me‘ru gebeten wurde, sie durch Vanamee zu begleiten. Neben mir war sie der einzige lebende Mensch, der die Quelle berührt hatte. Natürlich war ich fürchterlich neugierig auf sie, zumal ich von den Halbmenschen schon einiges über sie gehört hatte. Es gefiel mir bei unserer ersten Begegnung sofort, dass sie sich nichts bieten ließ und doch über sich selbst lachen konnte. Außerdem habe ich seit Lourenca eine Schwäche für Frauen mit den großen Augen der Erd-Gilde.
Doch obwohl ich schnell merkte, dass diese Augen mich ansahen wie sonst keinen anderen Menschen, dachte ich lange nicht darüber nach, ob es etwas werden könnte mit uns. Nach Joelles Tod hatte ich keine Gefährtin mehr gesucht, mich mit kurzen Affären begnügt, ich war nichts anderes mehr gewohnt. Außerdem war Udikos Gesetz – nie mit einer Frau zu flirten, deren Auftrag ich übernommen hatte, für die ich im Seenland die Verantwortung trug – noch immer tief in mir verankert.
Zum Glück hat mir Rena längst verziehen, dass ich mich am Anfang ihr gegenüber wie ein Idiot benommen habe. Auf der furchtbaren Suche nach dem Smaragdgarten, die ihre Freundin Alix das Leben kostete und mich beinahe auch, wurde das Band zwischen uns stärker und stärker. Bis mir klar wurde: So eine Frau findest du nie wieder, du liebst sie, halt sie fest!
Inzwischen leben wir seit zehn Wintern zusammen, in einem Haus in Vanamee, das halb in einen See und halb in einen Hügel hineinreicht. Und so habe auch ich das gefunden, was ich lange vergeblich gesucht habe – das Glück.
Tjeri ke Vanamee
geschrieben im Schneemonat des fünfzehnten Jahres der 158. Regentin.
Danksagung
Ich danke Eva Camenzind dafür, dass sie mich auf die Idee gebracht hat, diesen Roman zu schreiben; meinem Mann Christian dafür, dass er sich doch noch verzaubern ließ; Isabel Abedi für die vielen Brainstormings, ihre wertvollen Kommentare zum Manuskript (ich sage nur: drei Farben Blau!) und den einzigartigen Umschlag, in dem sie verschickt wurden; Daniel Westermayr, David Nagel (Sinthoras) und Franziska Fröhlich (Thyme), Evelyn Heller (Drachenmädchen) und meiner Schwester Sonja für ihr ausführliches Feedback und ihre Begeisterung; meinen jugendlichen Testlesern Laura und Karen (Aimee) für ihre Meinung; und nicht zuletzt Michael Krug und Christian Volk vom Otherworld Verlag, die sofort entschieden, dass sie den Sucher machen wollten.
Katja Brandis
Katja Brandis wurde 1970 geboren, wuchs im Rhein-Main-Gebiet auf und studierte dort Amerikanistik, Anglistik und Germanistik. Sie begann schon als Kind, Geschichten zu schreiben, die oft in fernen Welten spielten. Heute lebt sie in München und arbeitet dort als Journalistin und Autorin. Ihre Fantasyromane sind in der Welt Daresh angesiedelt, in der jeder Mensch einer der vier Gilden angehört: Feuer, Wasser, Erde oder Luft. Bisher sind von
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