Der Südstern oder Das Land der Diamanten
abzuwarten Nun wollte das Väterchen bald nachher versuchen, selbst einen Diamanten zu machen und hatte mich beauftragt, das Feuer zu unterhalten. Am zweiten Tage, als ich mich allein am Ofen befand, platzte der Apparat mit schrecklichem Krachen und es fehlte nicht viel, so wurde ich von den Bruchstücken erschlagen. Da dachte ich mir, das Väterchen werde sich darüber härmen, daß sein Experiment mißglückt sei. Ich brachte also in das gesprungene Kanonenrohr den mit einer Handvoll Erde umhüllten Diamanten und beeilte mich, alles im Ofen möglichst wieder in Ordnung zu bringen, so daß das Väterchen nichts bemerkte…. Dann wartete ich ruhig, ohne ein Wort zu sagen, und als das Väterchen den Diamanten fand, war er hoch erfreut darüber!«
Ein schallendes Gelächter, das die fünf maskirten Männer nicht zurückhalten konnten, begleitete Matakits letzte Worte.
Cyprien selbst lachte freilich nicht, sondern biß sich aus Enttäuschung in die Lippen. Der Ton des jungen Kaffern ließ gar keinen Zweifel aufkommen. Seine Erzählung beruhte offenbar auf Wahrheit!
Vergeblich forschte Cyprien in seiner Erinnerung oder Einbildung nach Thatsachen, dieselben anzuzweifeln und Jenen Lügen zu strafen. Vergebens sagte er sich:
»Ein natürlicher Diamant hätte sich, einer Hitze, wie der im Ofen ausgesetzt, verflüchtigen müssen….«
Die einfache gesunde Vernunft gab ihm dagegen ein, daß der von einer Art Lehmhülle umschlossene Stein recht wohl der intensiven Einwirkung der Hitze habe entgehen können, oder daß dieselbe nur theilweise auf ihn gewirkt habe. Vielleicht verdankte er gerade dieser langen Erwärmung seine schwarze Farbe; vielleicht hatte er sich innerhalb seiner Kruste verflüchtigt und war dann erst wieder krystallisirt.
Alle diese Gedanken bestürmten das Hirn des jungen Ingenieurs und verknüpften sich in demselben mit außerordentlicher Geschwindigkeit. Er stand betroffen vor der ihm unerklärlichen Thatsache.
»Ich entsinne mich recht wohl, am Tage jenes Einsturzes in der Hand des Kaffern einen Klumpen Erde gesehen zu haben, bemerkte da einer der Männer, als die allgemeine Heiterkeit sich etwas beruhigt hatte. Er preßte denselben so fest darin zusammen, daß man darauf verzichten mußte, den Erdkloß daraus zu entfernen.
– An der ganzen Sache ist überhaupt nicht mehr zu zweifeln, meinte ein Anderer. Ist’s denn möglich, Diamanten künstlich herzustellen? Wahrlich, wir sind rechte Schwachköpfe, so etwas je haben glauben zu können. Da könnte Einer ebensogut versuchen, einen Stern machen zu wollen!«
Wieder fingen Alle an zu lachen.
Cyprien litt sicher mehr von ihrer jetzigen Ausgelassenheit, als vorher von ihrem rohen Auftreten.
Nachdem die fünf Männer endlich heimlich berathschlagt, nahm ihr Anführer wieder das Wort:
»Wir sind der Ansicht, Cyprien Méré, sagte er, daß wegen des über Sie verhängten Todesurtheils noch eine Berathung stattzufinden habe. Sie gehen vorläufig frei aus! Vergessen Sie aber nicht, daß dieses Urtheil nach wie vor über Ihnen schwebt! Ein Wort, ein Zeichen, davon die Polizei zu benachrichtigen, und Sie sind unrettbar verloren!«
Mit diesen Worten zog er sich, gefolgt von seinen Begleitern, nach der Thür zurück.
Das Zimmer lag wieder im Dunklen. Cyprien hätte sich fast fragen können, ob er nicht das Spiel eines bloßen Traumes gewesen sei. Das Schluchzen Matakits aber, der sich auf dem Boden niedergestreckt hatte und heftig, den Kopf in die Hände stützend, weinte, zwang ihn wohl zu glauben, daß Alles, was hier vor sich gegangen, auch wirklich geschehen war.
Die Wahrheit lag also zutage! Er war zwar dem Tode entgangen, aber um den Preis einer fast vernichtenden Demüthigung. Er, ein Bergwerksingenieur, er, ein Zögling der polytechnischen Schule, ein hervorragender Chemiker und schon namhafter Geolog, er hatte sich durch die plumpe List eines elenden Kaffern betrügen lassen! Oder es war vielmehr seine eigene Eitelkeit, seine lächerliche Voreingenommenheit, welche ihn diesen entsetzlichen Bock hatte schießen lassen. Seine Verblendung war so weit gegangen, eine Theorie für die Entstehung der Krystallbildungen finden zu wollen!… Konnte es etwas Lächerlicheres geben?… Ist es nicht die Sache der Natur allein, unter Mithilfe Jahrhunderte überdauernder Zeiträume, derartige Bildungsprocesse zu Ende zu führen?… Und doch, wer hätte sich gegenüber der vor Augen liegenden Thatsache nicht täuschen lassen?… Er erhoffte einen Erfolg, hatte
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