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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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werthlose Diamanten zu finden, sobald die Möglichkeit gegeben ist, diese auf künstlichem Wege ebenso leicht herzustellen, wie ein Vierpfundbrot?
    – Aber das ist abscheulich!… wetterte John Watkins los. Das ist eine Schändlichkeit, ein Greuel! Wenn das, was Sie sagen, auf Wahrheit beruht, wenn Sie wirklich das Geheimniß besitzen… Er schwieg außer Athem.
    – Sie sehen, sagte Cyprien sehr kühl, daß ich nicht grundlos rede, da ich Ihnen mein erstes Erzeugniß vorgelegt habe…. Es ist wohl auch groß und werthvoll genug, Sie zu überzeugen!
    – Nun gut, antwortete endlich Mr. Watkins, nachdem er wieder ein wenig zu Athem gekommen, wenn das wahr ist… müßte man Sie, Herr Méré… müßte man Sie sofort in der Hauptstraße des Lagers standrechtlich erschießen!… Das ist meine Meinung!
    – Und die meinige ebenfalls!« glaubte Annibal Pantalacci mit drohender Geberde hinzusetzen zu müssen.
    Ganz bleich war Miß Watkins aufgestanden.
    »Mich standrechtlich erschießen, weil ich ein seit fünfzig Jahren aufgestelltes chemisches Problem zu lösen unternommen hätte? antwortete der junge Ingenieur, die Achseln zuckend. Wahrhaftig, das wäre ein etwas vorschnelles Verfahren!
    – Hierbei ist gar nichts zu lachen! versetzte der Farmer wüthend. Haben Sie an die unausbleiblichen Folgen Ihrer sogenannten Entdeckung gedacht… an das Aufhören jeder Thätigkeit in den Minen… an die Lahmlegung der wichtigsten Industrie des Griqualandes… an mich, der dadurch an den Bettelstab gebracht würde?
    – Meiner Treu, ich muß Ihnen freilich gestehen, daß mir Alles das kaum in den Sinn gekommen ist! antwortete Cyprien offenherzig. Das sind eben unvermeidliche Folgen des industriellen Fortschrittes, und die Wissenschaft hat keinerlei Ursache, sich um diese zu kümmern! Was Sie übrigens persönlich angeht, Herr Watkins, so seien Sie außer Sorge! Was
mir
gehört, gehört auch Ihnen, und Sie wissen ja recht gut, welche Veranlassung mich dazu gedrängt hat, Untersuchungen in dieser Richtung anzustellen!«
    John Watkins begriff plötzlich, welchen Vortheil er selbst aus der Entdeckung des jungen Ingenieurs ziehen könne, und was der Neapolitaner auch davon halten mochte, zögerte er doch gar nicht, wie man sagt, die Flinte umzukehren.
    »Wenn ich mir’s recht überlege,« fuhr er fort, »so können Sie ja Recht haben und sprechen als braver, junger Mann, als den ich Sie kenne. Ja ich denke, es könnten sich Mittel und Wege zu einem Uebereinkommen finden lassen! Warum sollten Sie eine zu große Menge Diamanten fabriciren? Das wäre das sicherste Mittel, Ihre Erfindung zu entwerthen. Jedenfalls erscheint es weit klüger, das Geheimniß sorgfältig zu wahren, dasselbe nur in weiser Beschränkung auszunützen und vielleicht nur noch ein oder zwei Exemplare solcher Steine wie diese hier herzustellen oder sich sogar mit diesem ersten Erfolge zufrieden zu geben, der Ihnen ja mit einem Schlage ein beträchtliches Capital sichert und den reichsten Mann im Lande aus Ihnen macht. Auf diese Weise würden Alle zufriedengestellt; die Dinge hier nehmen ihren Lauf wie früher, und Sie vermeiden die Gefahr, mit ganz ansehnlichen fremden Interessen in feindliche Berührung zu kommen!«
    Das war eine neue Anschauung der Sachlage, an welche Cyprien bisher noch nicht gedacht hatte. Da trat ihm auch schon mit unerbittlicher Strenge das Dilemma vor Augen, entweder das Geheimniß seiner Entdeckung für sich zu behalten, es der Welt nicht mitzutheilen und es zur eigenen Bereicherung auszunützen, oder mit einem Schlage, wie John Watkins mit Recht sagte, alle natürlichen und künstlichen Diamanten der Welt völlig zu entwerthen und folglich auf jeden Vermögensvortheil zu verzichten um des einen Zweckes willen… die Steingräber von Griqualand, von Brasilien und Indien zu ruiniren!
    Vor diese Alternative gestellt, zauderte Cyprien vielleicht ein wenig, aber doch nur einen Augenblick. Und doch sah er ein, daß er, wenn er sich voll Offenheit für die Ehre und die Treue gegenüber der selbstlosen Wissenschaft entschied, für immer auf die Hoffnung verzichten müsse, welche doch der erste Beweggrund zu seiner Entdeckung gewesen war.
    Die peinliche Empfindung war für ihn ebenso bitter, ebenso schmerzlich und unerwartet, weil er ja plötzlich aus dem schönsten Traume gerissen wurde.
     

    Der Diamant war schwarz! (S. 107.)
     
    »Herr Watkins, sagte er sehr ernst, wenn ich meine Entdeckung als Geheimniß behandelte, wär’ ich doch nichts als

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