Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Todesstrafe hätte eine Erklärung dieses Geheimnisses geben sollen, wäre er das nicht im Stande gewesen.
»Das ist der größte Diamant…« (S. 99.)
Jedenfalls wollte er über die Sache in’s Klare kommen. Er ergriff also einen Hammer und zertrümmerte die Sparbüchse.
Es war in der That eine solche, und noch dazu eine, welche einen ganz unschätzbaren Werth enthielt. Nein, er konnte sich über die Natur des Steines, der sich jetzt den erstaunten Augen des jungen Ingenieurs zeigte, keinen Moment täuschen! Dieser Stein war ein in seine Gangart eingeschlossener Diamant, der den hier gewöhnlich gefundenen vollkommen glich, aber ein Diamant von kolossalen, fast unglaublichen und jedenfalls nie vorhergesehenen Dimensionen.
Man urtheile selbst, der Diamant erschien größer als ein Hühnerei, glich äußerlich etwa einer Kartoffel und mußte mindestens dreihundert Gramm wiegen.
»Ein Diamant!… Ein künstlicher Diamant! wiederholte halblaut der erstaunte Cyprien. Ich habe also die Lösung des Problems der Herstellung solcher entdeckt, trotz Mißgeschickes mit dem Rohre!… Ich bin also reich!… Alice, meine geliebte Alice ist mein!«
Dann aber wollte er wieder nicht an das glauben, was er sah.
»Doch nein, das ist unmöglich… ist eine Illusion, eine Täuschung!… wiederholte er, von bangem Zweifel gequält. O, ich werde ja bald wissen, woran ich bin!«
Und ohne sich Zeit zu nehmen, den Hut aufzusetzen, lief Cyprien außer sich vor Freude, wie es ehemals Archimedes war, als er aus dem Bade stieg, in dem er seinen berühmten Lehrsatz entdeckte, in aller Eile hinaus und platzte gleich einer Bombe in die Hütte Jacobus Vandergaart’s hinein.
Hier fand er den alten Steinschneider eben beschäftigt, von Nathan aufgekaufte Diamanten zu prüfen, welche dieser ihm zum Schleifen übergeben hatte.
»Ah, Herr Nathan, Sie sind hier gerade am Platze! rief Cyprien. Sehen Sie einmal! Und Sie auch, Herr Vandergaart, sehen Sie, was ich bringe, und sagen Sie mir, was das ist!«
Er hatte seinen Stein auf den Tisch gelegt und blieb mit gekreuzten Armen davor stehen.
Nathan griff zuerst nach dem Stein, erblaßte vor Verwunderung und übergab jenen mit weit aufgerissenen Augen und offen stehendem Munde Jacobus Vandergaart. Dieser führte den betreffenden Gegenstand dicht vor die Augen, ging damit an’s Fenster und betrachtete ihn sorgsam mit dem Vergrößerungsglase. Dann legte er ihn wieder auf den Tisch und starrte Cyprien an.
»Das ist der größte Diamant, den es auf Gottes Erdboden gibt, sagte er ruhig.
– Ja, der allergrößte, wiederholte Nathan. Vier-oder fünfmal so groß, wie der Koh-i-noor, der »Berg des Lichts«, der Stolz des englischen Königsschatzes, der geschliffen noch hundertsiebenzig Karat wiegt!
– Zwei-oder dreimal so groß, wie der »Großmogul«, der größte bisher bekannte Stein, der ein Gewicht von zweihundertachtzig Karat hat! fuhr der Steinschneider fort.
– Vier-oder fünfmal so groß, wie der Diamant des Czaren, der dreiundneunzig Karat wiegt! fügte Nathan immer verwunderter hinzu.
– Sieben-oder achtmal so groß, wie der »Regent«, der mit hundertsechsunddreißig Karat angegeben worden ist! vervollständigte Jacobus Vandergaart.
– Zwanzig-oder dreißigmal so groß, wie der Diamant in Dresden, der nur einunddreißig wiegt!« rief Nathan.
Dann setzte er hinzu:
»Ich schätze ihn nach dem Schliffe noch mindestens auf vierhundert Karat! Aber, wer wäre im Stande, nur annähernd seinen Werth zu taxiren! Das entzieht sich jeder Berechnung!
– Warum? erwiderte Jacobus Vandergaart, der von den beiden Männern am ruhigsten geblieben war. Der Koh-i-noor wird auf dreißig Millionen Francs geschätzt, der »Großmogul« auf zwölf Millionen, der Diamant des Czaren auf acht und der »Regent« auf sechs Millionen. Danach müßte dieser hier einen Werth von, gering angeschlagen, hundert Millionen haben!
– O, da hängt doch noch sehr viel von seiner Farbe und Qualität ab! warf Nathan ein, der sich nach und nach wieder sammelte und im Hinblick auf ein später mögliches Kaufgeschäft einige Vorbemerkungen anbringen zu müssen glaubte. Wenn er farblos und von ganz reinem Wasser ist, ist sein Werth freilich ganz unschätzbar. Ist er aber gelblich, wie die meisten Diamanten des Griqualandes, so vermindert sich sein Preis damit ganz bedeutend!… Ich weiß übrigens kaum, ob mir für einen Krystall von solcher Größe nicht ein hübscher saphirblauer Schein, wie der des
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