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Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der Tag bricht an: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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teuer zu stehen! Aber die Zeit drängt. Ich will nicht mit dir schachern. Nimm dir das schwarze von den Pferden und zieh ab, eh ich mich anders besinne. Poussevent, Pissebœuf, helft dem Meister Tronson beim Ausspannen!«
    »Ha! Allerschönsten Dank, Herr Marquis!« rief Tronson, der mir ohne seinen Bauch und seinen Küraß wohl eine Verbeugung bis zur Erde gemacht hätte.
    »Mein Pierre«, sagte Miroul, sowie der Schreinermeister fort war, »das war Torheit. Du schuldest diesem Kerl nichts.«
    »Dieser Kerl wohnt dicht bei meinem Haus in der Rue des Filles-Dieu und genießt das Ohr der Nachbarschaft. Da ich das Haus behalte, will ich ihn nicht zum Feind.«
    »Schöner Feind! Eine Memme!«
    »Aber mit sehr redseliger Zunge!«
    »Trotzdem, Pierre, seit du Papist geworden bist, finde ich, neigst du mehr und mehr dazu, deine gute hugenottische Sparsamkeit zu vergessen. Diesem Raffzahn das schwarze Pferd zu schenken, das beste der vier!«
    »Braucht Ihr eine Brille, Herr Junker?« sagte ich aufgebracht. »Das schwarze Pferd hat einen Augenfehler und krumme Hinterbeine. Dafür bekommt Tronson keine hundert Ecus.«
    »Allewetter, mein Pierre, du hast es hinter den Ohren!«
    »Böse Katz, böse Ratz!«
    »Was soll das heißen?« fragte Guillemette, die ihr hübsches Schnäuzchen kühn zwischen Miroul und mich steckte.
    »Na«, sagte ich, »ist die Katze böse, wird es auch die Ratte. Und du, Mäuschen, was hast du hier zu knuspern?«
    »Gnädiger Herr, ich habe mir Zimmer für Zimmer gut angesehen,und ich denke, ich werde acht Tage brauchen, bis das Haus sauber ist, denn alles ist schmierig, verrußt, verdreckt und stinkt.«
    »Guillemette«, sagte ich, die Brauen rümpfend, »habe ich dich angestellt? Sind wir uns vielleicht schon handelseinig?«
    »Sind wir, Herr Marquis!« sagte die Kleine ohne ein Wimpernzucken, »aber zu Bedingungen.«
    »Zu Bedingungen, sieh einer an!« sagte ich auflachend. »Sie stellt mir Bedingungen! Und welche?«
    »Daß Ihr mir vier Ecus im Monat zahlt, dazu Essen und Schlafen.«
    »Das läßt sich hören.«
    »Und daß Ihr Euren zwei Arkebusieren sagt, sie sollen mir nicht den Hintern tätscheln, wie sie es versucht haben.«
    »Fuchtig ist sie auch noch! Bist du Jungfrau?«
    »Nein, gnädiger Herr. Jungfrau bin ich nicht mehr, aber deshalb laß ich mich trotzdem nicht mit jedem ein.«
    »Alsdann, nicht Pissebœuf, nicht Poussevent. Und Monsieur de La Surie?«
    »Auch nicht.«
    »Sehe sich einer die Frechheit an!« sagte Miroul lachend.
    »Und ich?« fragte ich.
    »Das bleibt zu überlegen«, sagte Guillemette, indem sie mich von Kopf bis Fuß musterte.
    »Ha, mein Pierre!« sagte Miroul auf okzitanisch, »die ist resolut, sie redet zum Herrn wie eine Herrin. Hältst du es für weise, sie einzustellen?«
    »Weise nicht. Aber muß man immer weise sein?«
     
    Es war Ende März, als ich von Angelinas Hand – von ihrer Hand, sage ich, und der Leser weiß, warum ich das betone – einen wunderschön gedrechselten Brief erhielt, worin sie mir schrieb, daß sie mit unseren Kindern lieber nicht in Paris leben wolle, solange die Versorgung dort so schwierig sei – auf meinem Gut Chêne Rogneux dagegen so günstig – und solange in der Hauptstadt noch die Fieberseuche wüte, die angeblich schon mehr Opfer gefordert habe als während der Belagerungszeit der Hunger. Ich konnte Angelina für diese Entscheidung, die ich ihrem Ermessen anheimgestellt hatte, wahrlich nicht tadeln, zumal sie mich sehr lieb und inständig bat, sie, sooft ich könne, inMontfort l’Amaury zu besuchen, weil meine Abwesenheit, wie sie sagte, »ihre Tage grau und ihre Nächte trostlos« mache.
    Ich verheimlichte ihr Nichtkommen vor Doña Clara, meiner spanischen Witwe, denn hätte sie es erfahren, hätte sie sicherlich verlangt, daß ich entweder in die Rue des Filles-Dieu zurückkehrte oder sie in der Rue du Champ Fleuri aufnähme.
    Hatte ich mit ihr, wie Augustinus sagt, die lichte Schwelle der Freundschaft auch nie übertreten, fühlte ich mich ihr doch sehr verbunden, so wie sie mir, und nur zu gern hätte sie mich ganz für sich gehabt. Was ich nicht wollte, vor allem um meine Angelina nicht zu kränken, aber auch, weil Doña Clara sich bei all ihrer Hochherzigkeit im längeren Zusammenleben als wenig behaglich erwies, gehörte sie doch zu jenen leidenschaftlichen und herrschsüchtigen Damen, die, weil sie sich ständig durch irgend etwas gestochen fühlen, ihrerseits stechen und nichts dagegen tun, daß ihre Stacheln in der

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