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Der Tag der Ameisen

Der Tag der Ameisen

Titel: Der Tag der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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Maigret, Hercule Poirot, Dupin oder Rick Deckard bis zu Sherlock Holmes hatte er sich an dreitausend Jahren polizeilicher Ermittlungen satt gefressen.
    Sein persönlicher Gral war das perfekte Verbrechen, das immer wieder mal gestreift, aber nie wirklich umgesetzt wurde.
    Um sich besser vervollkommnen zu können, hatte er sich ganz selbstverständlich am Institut für Kriminalwissenschaft von Paris eingeschrieben. Dort erlebte er seine erste Autopsie an einer frischen Leiche (und seine erste Ohnmacht). Dort lernte er, wie man mit einer Haarnadel ein Schloß öffnet, eine selbstgebastelte Bombe herstellt oder sie entschärft. Er erkundete die tausenderlei Todesarten des Menschen.
    Etwas jedoch enttäuschte ihn bei seinen Kursen: Das Ausgangsmaterial war schlecht. Man kannte nur die Verbrecher, die sich hatten fassen lassen. Die Deppen also.
    Von den anderen, den Intelligenten, wußte man nichts, da man sie ja nie aufgespürt hatte. Hätte einer dieser straflos Ausgegangenen enthüllt, wie man das perfekte Verbrechen ausführt? Der einzige Weg, es herauszubekommen, war, bei der Polizei zu arbeiten und sich selbst auf die Jagd zu begeben. Und eben das tat er. Mühelos erklomm er die hierarchischen Stufen.
    Seinen ersten schönen Coup landete er, als er seinen eigenen Lehrer für die Entschärfung von Sprengkörpern festnehmen ließ – eine gute Deckung für den Führer einer Terroristen-gruppe!
    Kommissar Méliès machte sich daran, den Salon zu durchstöbern, suchte mit den Augen den kleinsten Winkel ab.
    »Sag mal, Emile, als du gekommen bist, waren da Fliegen hier drin?«
    Der Inspektor antwortete, daß er nicht darauf geachtet habe.
    Als er angekommen sei, seien die Türen und Fenster zu gewesen, aber dann habe man die Fenster geöffnet, und wenn Fliegen dagewesen seien, hätten sie genug Zeit gehabt, davonzufliegen.
    »Ist das wichtig?« fragte er besorgt.
    »Ja. Na ja, nein. Sagen wir, es ist schade. Hast du eine Akte über die Opfer?«
    Cahuzacq holte aus seiner Umhängetasche einen Aktendeckel. Der Kommissar sah sich die verschiedenen Papiere darin an.
    »Was hältst du davon …?«
    »Eine Sache ist da ganz interessant … Alle Saltas waren von Beruf Chemiker, aber einer der drei, Sébastien, war nicht so harmlos, wie es auf den ersten Blick scheint. Er hat ein Doppelleben geführt.«
    »Sieh einer an …«
    »Dieser Salta war der Spielsucht verfallen. Seine große Leidenschaft war das Pokern. Er hatte den Spitznamen
    ›Pokerriese‹. Nicht bloß wegen seiner Größe, sondern weil er sagenhafte Summen setzte. Vor kurzem hat er viel verloren. Er steckte in einer Schuldenspirale. Die einzige Möglichkeit, um da wieder rauszukommen, sah er darin, immer höher zu spielen.«
    »Woher weißt du das alles?«
    »Ich hab neulich erst im Spielermilieu rumgeschnüffelt. Er war ziemlich in der Klemme. Anscheinend hat man gedroht, ihn umzubringen, wenn er nicht ganz flink zahlt.«
    Nachdenklich hielt Méliès mit dem Kauen inne.
    »Was diesen Sébastien betrifft, hat’s also ein Motiv gegeben
    …«
    Cahuzacq schüttelte den Kopf.
    »Du meinst, daß er ihnen zuvorgekommen ist und sich selbst den Rest gegeben hat?«
    Der Kommissar überhörte die Frage und drehte sich erneut zur Tür um: »Als du gekommen bist, war sie von innen gut verriegelt, oder?«
    »Ganz genau.«
    »Und die Fenster auch?«
    »Sogar alle Fenster!«
    Méliès fing wieder an, eifrig auf seinem Kaugummi herumzukauen.
    »Woran denkst du?« fragte Cahuzacq.
    »An einen Selbstmord. Das mag zwar einfältig wirken, aber mit der Hypothese vom Selbstmord läßt sich alles erklären. Es gibt keine Spuren von Fremdeinwirkung, weil niemand von außen eingedrungen ist. Alles hat sich in einem geschlossenen Raum abgespielt. Sébastien hat seine Brüder umgebracht und dann sich selber.«
    »Ja, aber mit welcher Waffe denn?«
    Méliès schloß die Lider, um besser nach einer Eingebung suchen zu können. Schließlich verkündete er: »Ein Gift. Ein starkes Gift mit Langzeitwirkung. So was wie Zyanid mit Karamelumhüllung. Wenn das Karamel im Magen schmilzt, wird sein tödlicher Inhalt freigesetzt. Wie eine chemische Bombe mit Zeitverzögerung. Du hast mir doch gesagt, er war Chemiker?«
    »Ja, am LAC.«
    »Sébastien Salta hat also keine Mühe gehabt, sich eine Waffe zu basteln!«
    Cahuzacq schien noch nicht so ganz überzeugt.
    »Warum haben sie dann alle so entstellte Gesichter?«
    »Der Schmerz. Wenn das Zyanid in den Magen eindringt, tut es sehr weh. Wie ein

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