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Der Tag der Rache. Private Berlin

Der Tag der Rache. Private Berlin

Titel: Der Tag der Rache. Private Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson , Mark Sullivan
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Wiedervereinigung ins Bundesarchiv überführt.«
    »K önnten sie noch an einem anderen Ort archiviert worden sein?«
    »N icht dass ich wüsste.«
    Mattie überlegte, das Handtuch zu werfen, beschloss dann aber, sich das Waisenhaus anzusehen. Vielleicht würde es ihr helfen zu verstehen, was Chris während seiner Kindheit durchgemacht hatte.
    Der Gedanke an Chris als Jungen erinnerte sie an Niklas. Sie bekam einen Kloß im Hals, Tränen traten ihr in die Augen, und sie brauchte all ihre Kraft, um nicht von der nassen Straße abzukommen, die aus Halle Richtung Osten führte.
    Als Mattie die mit Schlaglöchern übersäte Straße von Klepzig nach Reußen erreichte, nahmen Wind und Regen noch mehr zu. Die Straße wand sich durch Felder, vorbei an bereits fast kahlen Laubbäumen und riesigen weißen Windrädern, deren Rotorblätter den stahlgrauen Himmel durchschnitten.
    Endlich erblickte Mattie durch das Gewirr von Gebüsch und Bäumen hindurch das Dach des Waisenhauses. Es stand neben einem Feld, auf dem ein Bauer auf einem Traktor hin- und herfuhr. Zwischen zwei dicken Holzpfählen hing ein neues Stahlseil über der von Unkraut überwucherten Einfahrt. An beiden Pfosten war der laminierte Enteignungsbeschluss befestigt, am Seil hing ein »B etreten verboten«-Schild.
    Mattie stellte den Wagen am Straßenrand ab, setzte sich die Kapuze auf und stieg aus. Sie sprang über das Seil und ging die Einfahrt weiter durch nasses Unkraut und Dornengestrüpp, das sich an ihre Hosenbeine klammerte.
    Weinranken kletterten an den maroden Mauern des Waisenhauses hinauf, einem dreistöckigen Gebäude mit durchhängendem Dach. Wenn sich noch Scheiben in den Fenstern befanden, dann nur als spitze Zähne, die sich an die Fensterrahmen klammerten.
    Mattie ging die verfallenen Stufen zum Eingang hinauf. Die Tür lag auf dem Boden eines langen, düsteren Flurs.
    Sie hatte kein gutes Gefühl. Eine Stimme in ihr riet ihr, das Waisenhaus 44 nicht zu betreten und sein Geheimnis nicht weiter zu ergründen. Doch dann krachte in der Ferne ein Donner, und es begann noch stärker zu regnen. Sie war nicht nur nervös, sondern auch wahnsinnig, überlegte sie, als sie eintrat.

54
    Mattie zog ihre Taschenlampe heraus. Rechts befand sich ein Raum voller Laub, die Wände waren von Schwamm und Schimmel überzogen. Einige Relikte ließen darauf schließen, dass es früher ein Büro gewesen war: ein Schreibtisch mit zwei Beinen, ein Stuhl, bei dem die verrosteten Federn herausstanden, und ein umgekippter Aktenschrank ohne Schubladen.
    Dieses Büro müsste dem Leiter des Waisenhauses gehört haben, überlegte Mattie. Sie ging weiter durchs Erdgeschoss, aus dem fast alles ausgeräumt worden war. Auch die Küche und der Speisesaal waren völlig leer.
    Während sie die Treppe hinaufstieg, versuchte sie, sich Chris als achtjährigen Jungen ohne Vater und Mutter an diesem schrecklichen Ort vorzustellen. Sie dachte an Niklas. Was wäre, wenn man ihn in ein Waisenhaus stecken müsste? Wieder fing sie beinahe an zu weinen.
    Im ersten Stock mit den Resten alter Klassenzimmer merkte Mattie, dass der Regen nachgelassen hatte und der Traktor verstummt war. Sie stieg in den zweiten Stock hinauf, wo rechts und links eines langen Mittelflurs die Schlafräume lagen. Der erste war leer, in dem gegenüber standen verrostete Stockbetten, die an der Wand befestigt waren.
    Mattie ging über die knarrenden Bodendielen zu den anderen Schlafräumen. Im ersten, den sie sich genauer ansah, war das Dach über einem der Stockbetten eingebrochen, dem einzigen Bett, auf dem noch eine Matratze lag. Diese war schwarz vor Dreck und Schimmel, Pfützen hatten sich darauf und auf dem Boden daneben gesammelt. Aus ihr unerfindlichen Gründen fühlte sich Mattie von dieser Matratze angezogen.
    Die Dielen unter ihren Füßen fühlten sich weich und vermodert an. Doch sie ging trotzdem weiter, stellte sich unter das Loch im Dach in den Regen, erstarrt vom Anblick der Matratze und der gesplitterten Dachbalken, von denen die Matratze durchbohrt wurde.
    Hatte Chris früher in diesem Bett geschlafen?
    Mattie stellte ihn sich vor, wie er dort im Bett lag. Die Bilder erschienen vor ihrem geistigen Auge genauso schnell wie alle anderen Erinnerungen…
    …als sie mit Chris in einer Skihütte bei Garmisch im Bett lag, einer der seltenen Momente, in denen sie von Niklas getrennt war. Chris bereitete das Frühstück vor und brachte es ihr auf einem Tablett zusammen mit einer Rose und einer kleinen, mit

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