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Der Tag der zuckersueßen Rache

Der Tag der zuckersueßen Rache

Titel: Der Tag der zuckersueßen Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Moriarty
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hat mir verboten zu spielen! Was für eine beschissene Welt. Ich denke, einiges an Deinen Briefen kam mir echt vor, zum Beispiel, dass Deine Hände zu kalt sind, um Klavier zu spielen, und dieser ganze Kram. Ich weiß nicht, manchmal vergesse ich ganz, wie sehr ich Dich hasse, und dann kommt es mir so vor, als wärst Du eine nette Geschichte, die ich gerade lese. Aber jedes Mal, wenn ich an das Ende Deiner Briefe komme, muss ich daran denken, was für miese Schlampen ihr Ashbury-Mädchen seid und dass Du eine von ihnen bist.
    Matthew
     
     
    Wahnsinn, Matthew,
das war der absolut längste Brief, den ich je von Dir bekommen habe. Vielen Dank, dass Du ihn geschrieben hast. Ich weiß nicht, wer das Mädchen war, aber warum verrätst Du mir nicht ihren Namen, damit ich sie für Dich hassen kann. Tut mir leid, dass sie ein solches Miststück ist, aber ich verspreche Dir, dass nicht alle Mädchen an unserer Schule so mies sind. Ehr lich, es gibt auch viele nette Mädchen hier. Es tut mir sehr leid, dass Du dieses Jahr beim Schulbezirkskonzert nicht Trompete spielen darfst. Ich finde das eine verdammt harte Strafe, wenn man bedenkt, wie viel Dir daran liegt. Weil Du mir ein Geheimnis erzählt hast, werde ich Dir auch eines verraten: Was ich am allerliebsten mache, ist singen. Ich bin ziemlich musikalisch und das sage ich jetzt nicht, um anzugeben, ich habe es einfach von meiner Mutter geerbt. Ich bin musikalisch und ich singe wahnsinnig gerne und ich träume insgeheim schon seit Ewigkeiten davon, als Sängerin auf einer richtigen Bühne zu stehen.
    Leider habe ich so furchtbares Lampenfieber, das kannst Du Dir gar nicht vorstellen. Dabei bin ich eigentlich kein ängstlicher Mensch. O.k., ich bin manchmal ziemlich still, aber nicht, weil ich Angst hätte zu reden, sondern weil ich keine Lust dazu habe. Die Sache ist die: Ich wünschte einfach, ich hätte meine Hand in die Höhe gestreckt und mich freiwillig gemeldet, zu Beginn dieses Trimesters, als sie Freiwillige suchten für das Frühlingskonzert unserer Schule. Die Direktorin sagte: »Bitte hebt eure Hände, wenn ihr etwas zur Talentshow am Ende des Schuljahres beitragen wollt.« Und mein Verstand rief: Heb die Hand, Cassie, heb einfach die Hand. Ich starrte auf meine Hände, aber sie blieben in meinem Schoß liegen und rührten sich nicht. Entschuldige, dass ich Dir das erzähle. Ich will Dir damit nur zeigen, dass ich mit Dir fühle, weil Du nicht Trompete spielen kannst, obwohl Du es gerne willst. Vielleicht solltest Du mal mit eurer Schulleiterin reden und ihr erklären, wie wichtig es für Dich ist, und sie bitten, ob sie Dir nicht eine andere Strafe geben kann? Vielleicht hilft das ja?
    Bis dann
Cassie
     
     
    Liebe Cassie,
ich habe getan, was Du vorgeschlagen hast, und jetzt habe ich noch mehr Ärger am Hals. Tut mir leid, ich weiß, es ist nicht Deine Schuld. Du bist ein Engel mit den Flügeln einer DC-10, ich weiß, und an Deiner Handschrift kann ich erkennen, dass Du ein hübsches Gesicht und süße Ohren hast. Manchmal denke ich daran, Dir einen Kuss hinter diese Ohren zu geben. Jedenfalls habe ich ein schlechtes Gewissen wegen der Drohungen, die ich Dir geschickt habe. Also, Folgendes ist passiert: Ich ging zu unserer Direktorin und sagte, was Du vorgeschlagen hast. Sie saß hinter ihrem Schreibtisch mit diesem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht, und ehe ich überhaupt fertig war, schüttelte sie schon den Kopf. Da wurde ich schrecklich wütend und konnte meine Wut nicht mehr beherrschen; Du kennst ja meine Wut, dann bin ich einfach nicht ich selbst. Dabei bin ich eigentlich ganz anders. Das weißt Du ja jetzt, nicht wahr, Cassie? Bestimmt tust Du das. Jedenfalls sagte eine kleine Stimme in meinem Kopf: »Matthew! Halt die Klappe! Bleib cool!«, aber ich platzte mit sämtlichen Schimpfwörtern heraus, die man im Wörterbuch finden kann oder auch nicht (was wahrscheinlicher wäre). Doch ich sagte sie trotzdem und fügte dann noch ein wenig Zynismus hinzu und das Ergebnis ist, dass ich jetzt auch keinen Trompetenunterricht mehr nehmen darf. Ich habe nämlich Trompetenunterricht bei meinem Musiklehrer in der Schule gehabt, weil meine Eltern es sich sonst nicht leisten könnten. Mein Vater ist nur ein Fabrikarbeiter und meine Mum verscherbelt irgendwelches Zeug am Telefon und jetzt kommt es mir so vor, als hätte die Welt mir die Tür vor der Nase zugeschlagen. Ich hämmere mit meinen Fäusten gegen diese Tür und dahinter sitzt die Welt und schüttelt nur

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