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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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unterhalten konnten, ohne Gefahr zu laufen, daß jemand sie belauschte.
    «Wenn ich mich nicht irre, Raia, läßt dein Verhalten äußerste Dringlichkeit vermuten.»
    «So ist es, Hoher Herr.»
    «Und weshalb?»
    «Die Hethiter haben beschlossen, zur Tat zu schreiten.»
    Chenar hatte diese Nachricht erhofft, wiewohl sie ihn auch erschreckte. Wäre er an Ramses’ Statt Pharao, würde er die ägyptischen Truppen in Alarmbereitschaft versetzen und die Verteidigungsanlagen an den Grenzen verstärken. Ihm hingegen bot der gefährlichste Feind Ägyptens die Aussicht, an die Macht zu gelangen. Demzufolge mußte er sich das Staatsgeheimnis, zu dessen Mitwisser er soeben geworden war, allein zu seinem eigenen Vorteil zunutze machen.
    «Kannst du dich deutlicher ausdrücken, Raia?»
    «Du wirkst beunruhigt.»
    «Wäre man das nicht schon bei geringerem Anlaß?»
    «Das stimmt wohl, Hoher Herr. Ich bin von dieser Neuigkeit selbst noch vollkommen überwältigt. Die Entscheidung der Hethiter droht die gegebenen Verhältnisse von Grund auf zu verändern.»
    «Viel mehr als das, Raia, viel mehr… Das Los der ganzen Welt steht auf dem Spiel. Du und ich, wir werden Hauptdarsteller in dem Schauspiel sein, das uns bevorsteht.»
    «Ich bin nur ein schlichter Kundschafter.»
    «Du bist mein Mittler zu meinen Verbündeten außerhalb unseres Landes. Der Plan, den ich ins Auge fasse, beruht in erheblichem Maß auf der Zuverlässigkeit deiner Auskünfte.»
    «Du mißt mir eine zu große Bedeutung bei…»
    «Gedenkst du nach unserem Sieg in Ägypten zu bleiben?»
    «Ich habe mich hier eingewöhnt.»
    «Du wirst reich werden, Raia, sehr reich. Ich werde mich gegen jene, die mir dazu verholfen haben, die Macht zu ergreifen, nicht als undankbar erweisen.»
    Der Kaufmann verneigte sich.
    «Ich bin dein ergebener Diener.»
    «Verfügst du schon über genauere Kenntnisse?»
    «Nein, noch nicht.»
    Chenar trat an die Brüstung der Terrasse, stützte sich mit den Ellbogen auf und blickte gen Norden.
    «Heute ist ein großer Tag, Raia. Später werden wir uns daran erinnern, daß er den Anfang von Ramses’ Abstieg bedeutete.»
    Achas ägyptische Geliebte war ein kleines Wunder. Schelmisch, voller Erfindungsgabe und unersättlich, hatte sie seinem Körper noch nie gekannte Wonnen entlockt. Sie löste zwei Libyerinnen und drei Syrerinnen ab, die zwar hübsch, aber langweilig gewesen waren. In den Spielen der Liebe legte der junge Gesandte Wert auf Phantasie, denn nur sie vermochte die Sinne zu entfesseln und den Körper in eine Harfe voll unerwarteter Melodien zu verwandeln. Während er sich gerade anschickte, die zierlichen Füße der jungen Dame zu liebkosen, pochte sein Hausverwalter aufgeregt an die Tür des Schlafgemachs, obwohl er ihn vorsorglich angewiesen hatte, ihn unter keinen Umständen zu stören.
    Wutentbrannt öffnete Acha die Tür, ohne auch nur daran zu denken, sich zu bekleiden.
    «Vergib mir, Herr… Aber es ist eine dringende Botschaft aus deinem Amt eingetroffen.»
    Acha warf einen Blick auf die Holztafel. Da standen nur drei Worte: «Unverzügliche Anwesenheit erforderlich.»
    Um zwei Uhr morgens waren die Straßen von Memphis verwaist. Eilig preschte Achas Pferd vom Haus seines Herrn zum Amtssitz des Obersten Gesandten. Der junge Mann nahm sich nicht die Zeit, Thot ein Opfer darzubringen, sondern jagte, mit einem Schritt über vier Stufen, die Treppe zu seinem Dienstzimmer hinauf, in dem sein Schreiber ihn erwartete.
    «Ich hielt es für angebracht, dich hierherzubemühen.»
    «Weshalb?»
    «Wegen einer besorgniserregenden Ellmeldung von einem unserer Gewährsmänner im Norden Syriens.»
    «Falls es sich wieder nur um eine scheinbare Enthüllung ohne jegliche Bedeutung handelt, werde ich Strafmaßnahmen verhängen.»
    Der untere Teil des Papyrus sah noch jungfräulich aus. Über der Flamme einer Öllampe erhitzt, kamen indes hieratische Schriftzeichen zum Vorschein. Diese Art, Hieroglyphen schnell zu schreiben, entstellte sie bis zur Unkenntlichkeit. Dafür war die Handschrift des ägyptischen Spions in dem unter der Oberhoheit der Hethiter stehenden Norden Syriens unverwechselbar.
    Acha las und las noch einmal.
    «Ist die Eile gerechtfertigt?» fragte sein Schreiber.
    «Laß mich allein.»
    Acha faltete eine Karte auseinander und verglich sie mit den Angaben seines Spitzels. Falls er sich nicht täuschte, war das Schlimmste zu befürchten.
    «Aber die Sonne hat sich noch nicht einmal erhoben», murrte Chenar gähnend.
    «Lies

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