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Der Tempel der Ewigkeit

Der Tempel der Ewigkeit

Titel: Der Tempel der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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stürzen… Du machst wohl Witze!»
    «Unsere Überzeugungen sind unerschütterlich.»
    «Glaubt ihr, euer Gerede würde den König beeindrucken?»
    «Wer sagt dir denn, daß wir uns mit bloßem Gerede begnügen?»
    Moses betrachtete Ofir, als sehe er ihn zum erstenmal.
    «Ich wage nicht, zu verstehen, was du meinst…»
    «Im Gegenteil, Moses. Du hast denselben Schluß gezogen wie ich, und das macht dir angst. Echnaton wurde nur bezwungen und geächtet, weil er sich gescheut hat, mit Gewalt gegen seine Feinde vorzugehen. Doch ohne sie ist kein Kampf zu gewinnen. Wer wollte so einfältig sein, zu glauben, Ramses würde irgend jemandem auch nur ein Quentchen seiner Macht abtreten? Wir werden ihn von innen her zu Fall bringen, und ihr, die Hebräer, werdet euch gegen ihn auflehnen.»
    «Hunderte von Toten, vielleicht sogar Tausende… Wünschst du dir ein derartiges Blutbad?»
    «Wenn du dein Volk auf den Kampf vorbereitest, wird es den Sieg davontragen. Ist Gott nicht mit euch?»
    «Ich möchte nichts mehr davon hören. Verschwinde, Ofir!» «Wir sehen uns hier oder in Memphis wieder, ganz wie es dir beliebt.»
    «Zähle nicht darauf.»
    «Es gibt keinen anderen Weg, das weißt du. Widersetze dich nicht deiner eigenen Sehnsucht, Moses, und versuche nicht, ihre Stimme zu ersticken. Wir werden Seite an Seite kämpfen, und Gott wird triumphieren.»
     

FÜNFUNDFÜNFZIG
     
     
    RAIA, DER SYRISCHE Kaufmann, zupfte an seinem Spitzbart. Er konnte mit den Ergebnissen seiner Geschäfte zufrieden sein. Die Gewinne stiegen Jahr um Jahr. Die Güte des gepökelten Fleisches und die aus den Ostländern eingeführten Vasen lockten sowohl in Memphis als auch in Theben immer mehr wohlhabende Kunden an. Mit der Gründung der neuen Hauptstadt tat sich für ihn sogar noch ein neuer Markt auf. Er hatte die Genehmigung erhalten, im Herzen des Händlerviertels von Pi-Ramses einen geräumigen Laden zu eröffnen, und unterwies bereits fähige Verkäufer darin, wie man die anspruchsvollen Liebhaber seiner Waren zufriedenstellte.
    Im Hinblick auf diese glücklichen Tage hatte er in Syrien an die hundert kostbare, ungewöhnlich geformte Vasen bestellt. Jede sah anders aus und würde einen hohen Preis erzielen. Aus Raias Sicht arbeiteten die ägyptischen Handwerker zwar besser als seine Landsleute, doch der Reiz des Fremdländischen und vor allem das Bedürfnis seiner Kunden, sich mit erlesenen Dingen zu umgeben, die sonst keiner besaß, sicherten ihm ein wachsendes Vermögen.
    Obgleich die Hethiter ihrem Spion befohlen hatten, Chenar in seinem Kampf gegen Ramses zu unterstützen, hatte Raia davon Abstand genommen, nachdem ein Versuch, einen Anschlag auf den König vorzubereiten, gescheitert war. Der Pharao wurde zu gut bewacht, und eine zweite Niederlage hätte die Ermittler möglicherweise auf eine Fährte geführt, die bis zu ihm reichte.
    Seit drei Jahren herrschte Ramses nun schon mit ebensolcher Macht wie Sethos, vom Ungestüm der Jugend zusätzlich angespornt. Der König mutete wie ein Sturzbach an, der jedwedes Hindernis fortzuspülen drohte. Niemand war imstande, sich gegen seine Entscheidungen zu wehren, selbst wenn seine Bauvorhaben jeglicher Vernunft entbehrten. Der Hof und das Volk, von ihm unterjocht, schienen angesichts des Tatendurstes eines Herrschers, der alle Widersacher hinwegfegte, wie gelähmt.
    Unter den eingeführten Vasen befanden sich zwei aus Alabaster.
    Raia schloß die Tür des Lagerraums und preßte noch eine Weile sein Ohr dagegen. Sobald er sich allein wußte, griff er in jene Vase, deren Hals mit einem unauffälligen roten Punkt gekennzeichnet war, und zog ein Täfelchen aus Kiefernholz heraus, auf dem ihre Maße und der Ort ihrer Herkunft standen.
    Der Kaufmann kannte den Zahlenschlüssel auswendig und entzifferte mühelos die geheime Botschaft der Hethiter, die ihm der Händler im Süden Syriens, der wie er dem Netz der Kundschafter angehörte, auf diesem Weg übermittelt hatte.
    Fassungslos vernichtete er das Holztäfelchen und lief eilends aus dem Haus.
    «Die ist ja prächtig», schwärmte Chenar, während er die blaue Vase mit dem Schwanenhals bewunderte, die Raia ihm zeigte. «Was soll sie kosten?»
    «Ich befürchte, ihr Preis ist beträchtlich, Hoher Herr. Aber sie findet nicht ihresgleichen.»
    «Laß uns darüber reden, einverstanden?»
    Raia drückte die Vase an seine Brust und folgte Ramses’ älterem Bruder, der ihn zu einer überdachten Terrasse seines vornehmen Hauses führte, wo sie sich

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