Der Tempel der vier Winde - 8
dir als dem Herrscher Rahl.«
Richard zuckte verlegen die Achseln. »Ich kann mich noch immer nicht recht daran gewöhnen, daß die Menschen mich Lord Rahl nennen.« Er strich sich mit dem Finger über die Unterlippe. »Haben wir … weißt du, ob wir … noch weitere Halbgeschwister haben?«
»Da bin ich ganz sicher. Einige müssen überlebt haben. Einem Gerücht zufolge haben wir zumindest noch eine jüngere Schwester.«
»Eine Schwester?« Richard schmunzelte. »Wirklich? Eine Schwester. Was glaubst du, wo sie ist? Kennst du ihren Namen?«
»Tut mir leid, Lord … Richard; nun, wenigstens kenne ich ihren Namen: Lindie. In der Nachricht, die ich erhielt, hieß es, wenn sie noch lebte, müsse sie wenigstens vierzehn Jahre alt sein. Der Betreffende, der mir ihren Namen verriet, behauptete, er wisse nur ihren Vornamen und daß sie in D’Hara geboren sei, im Südwesten des Palastes des Volkes.«
»Sonst noch etwas?«
»Ich fürchte nein. Jetzt hast du alles gehört, was ich weiß.« Drefan wandte sich zu Kahlan. »Wie fühlt Ihr Euch? Hat diese Kräuterfrau, wie hieß sie doch gleich, Euch ordentlich zusammengeflickt?«
»Ja«, antwortete Kahlan. »Nadine hat ihre Sache gut gemacht. Es tut noch etwas weh, und mir dröhnt der Kopf ein wenig, wahrscheinlich wegen all der Dinge, die sich zugetragen haben. Vergangene Nacht habe ich wegen der Schmerzen in meiner Schulter nicht gut geschlafen, aber das war zu erwarten. Es geht mir gut.«
Er trat auf sie zu, und bevor sie wußte, wie ihr geschah, hatte er ihren Arm gepackt. Er hob ihn an, drehte ihn, zog daran, fragte jedesmal, ob es weh tue. Als er zufrieden war, stellte er sich hinter sie und umfaßte ihr Schlüsselbein mit den Fingern, während er ihr gleichzeitig die Daumen in den Halsansatz drückte. Ein Schmerz schoß ihre Wirbelsäule hoch. Das Zimmer verschwamm vor ihren Augen.
Er drückte unter ihrem Arm zu, dann hinten auf der Schulter. »So. Wie ist das?«
Kahlan ließ ihren Arm kreisen und stellte fest, daß der Schmerz stark nachgelassen hatte. »Viel besser. Vielen Dank.«
»Seid aber vorsichtig. Ich habe die Schmerzen teilweise betäubt, trotzdem muß der Arm in Ruhe verheilen, bevor Ihr ihn wieder richtig benutzen könnt. Habt Ihr noch Kopfschmerzen?« Kahlan nickte. »Mal sehen, was ich dagegen tun kann.«
An der Hand führte er sie zum Tisch und setzte sie auf einen Stuhl. Er ragte groß über ihr auf und versperrte ihr die Sicht auf Richard.
Drefan zog an ihren Armen, drückte und bearbeitete die Haut zwischen ihren Daumen und den Zeigefingern. Im Vergleich zu seinen Händen wirkten ihre so klein. Seine ähnelten denen von Richard. Groß und kräftig, wenn auch nicht so schwielig. Er preßte so stark, daß es schmerzte, aber sie beklagte sich nicht, denn sie fand, er müsse wissen, was er tue.
Da er unmittelbar vor ihr stand, mußte sie die Augen nach oben verdrehen, wenn sie nicht gezwungen sein wollte, auf seine enge Hose zu starren. Sie beobachtete, wie seine Hände die ihren kneteten – wie seine Finger sich über ihr Fleisch tasteten. Sie mußte daran denken, wie er Cara berührt hatte. Lebhaft erinnerte sie sich noch an die kräftigen Finger, die sich unter Caras rote Lederkleidung und zwischen ihre Beine geschoben hatten. Sich in sie hineingebohrt hatten.
Ohne Vorwarnung zog Kahlan ihre Hände zurück.
»Danke, es geht schon viel besser«, log sie.
Er sah lächelnd mit seinem stechenden, falkenartig blauäugigen RahlBlick auf sie herab. »So schnell habe ich Kopfschmerzen noch nie geheilt. Seid Ihr sicher, daß sie schon besser sind?«
»Ja. Es waren nur leichte Kopfschmerzen. Sie sind jetzt fort. Danke.«
»Gern geschehen«, antwortete er. Er betrachtete sie eine ganze Weile, das dünne Lächeln nach wie vor auf den Lippen. Endlich wandte er sich zu Richard um.
»Man sagte mir, du sollst der Mutter Konfessor hier angetraut werden. Du bist ein völlig anderer Lord Rahl als unser Vater. Darken Rahl hätte eine Heirat niemals in Betracht gezogen. Natürlich ist er wahrscheinlich nie von einer so wunderschönen Frau wie deiner Verlobten in die Ehe gelockt worden. Erlaubt, daß ich euch beiden meine Glückwünsche ausspreche. Wann ist die Hochzeit?«
»Bald«, warf Kahlan rasch ein und stellte sich neben Richard.
»Ganz recht«, stimmte Richard zu. »Bald. Das genaue Datum steht noch nicht fest. Wir … müssen zuvor noch einiges erledigen.
Hör zu, Drefan, ich könnte deine Hilfe gebrauchen. Wir haben eine Anzahl Verwundeter,
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