Der Tempel der vier Winde - 8
und einige von ihnen befinden sich in ernstem Zustand. Sie wurden von demselben Mann verwundet, der auch Cara verletzt hat. Ich wüßte es wirklich zu schätzen, wenn du sehen könntest, was du für sie tun kannst.«
Drefan nahm seine Messer wieder an sich und steckte sie ein, ohne hinzusehen. »Deswegen bin ich hier: um zu helfen.« Er wollte zur Tür.
Richard faßte ihn am Arm. »Laß mich besser vorgehen. Solange ich keinen anderen Befehl gebe, stirbst du, wenn du das Zimmer vor mir verläßt. Das wollen wir schließlich nicht.«
Als Richard Kahlans Arm nahm und sich zur Tür umdrehte, trafen sich für einen Augenblick ihrer und Caras Blick. Ihr Gehör habe keinen Schaden erlitten, hatte Drefan gesagt. Sie hatte alles mitbekommen, auch wenn sie nicht hatte reagieren können. Sie muß gehört haben, wie Kahlan ihn gewarnt hatte, sie nicht noch einmal dort unten zu berühren. Sie muß gewußt haben, was Drefan tat, war aber nicht in der Lage gewesen, ihn daran zu hindern. Kahlans Gesicht brannte, wenn sie daran dachte.
Sie drehte sich um und drückte beim Hinausgehen Richards Hand.
Richard blickte rechts und links den Flur entlang, und als er niemanden sah, schob er sie rückwärts gegen die holzgetäfelte Wand vor ihren Gemächern und drückte ihr einen Kuß auf die Lippen. Sie war froh, daß Drefan ihre Schmerzen im Arm ein wenig gelindert hatte. Es tat kaum noch weh, wenn sie Richard die Arme um den Hals schlang.
Sie stöhnte, als ihre Lippen sich berührten. Der lange Tag hatte sie ermüdet, und ihr Arm schmerzte immer noch ein bißchen, doch stöhnte sie weder vor Müdigkeit noch vor Unbehagen – sondern aus Verlangen.
Er zog sie in seine Arme und drehte sich so, daß er statt ihrer mit dem Rücken an der Wand lehnte. Er drückte sie mit seinen kräftigen Armen an seinen Körper und hob sie, als sein Kuß fordernder wurde, fast mit den Zehen vom Boden. Sie biß ihm zärtlich in die Unterlippe, dann löste sie sich, um Luft zu holen.
»Ich kann gar nicht recht glauben, daß weder Nancy noch eine ihrer Aufpasserinnen hier auf uns wartet«, wunderte sich Richard.
Sie hatten ihre Bewacher hinter einer Ecke zurückgelassen. Endlich waren sie allein – ein seltener Luxus. Kahlan war zwar unter Menschen aufgewachsen, aber jetzt fand sie ihre ständige Gegenwart ermüdend. Es lag ein großer Wert darin, einfach seine Ruhe zu haben.
Sie drückte ihm schnell einen neckischen Kuß auf die Lippen. »Ich glaube nicht, daß Nancy uns behelligen wird.«
»Bestimmt nicht?« fragte Richard mit einem verschmitzten Grinsen. »Aber, Mutter Konfessor, wer wacht denn jetzt über Eure Tugend?«
Sie gab ihm einen zarten Kuß. »Gütige Seelen, hoffentlich niemand.«
Er überraschte sie mit einem plötzlichen Themenwechsel. »Was hältst du von Drefan?«
Auf diese Frage war sie nicht vorbereitet. »Und du?«
»Ich hätte gerne einen Bruder, dem ich vertrauen und an den ich glauben kann. Er ist ein Heiler. Unser Heiler war beeindruckt, wie er einigen der Männer geholfen hat. Er meinte, wenigstens einer von ihnen werde nur dank Drefans Zutun überleben. Nadine war mehr als nur ein wenig neugierig auf die Kräutermischungen, die er in den Lederbeuteln an seinem Gürtel bei sich trägt. Die Vorstellung, einen Bruder zu haben, der den Menschen hilft, gefällt mir. Etwas Nobleres als das kann es nicht geben.«
»Glaubst du, er besitzt Magie?«
»In seinen Augen habe ich nichts davon gesehen. Ich bin sicher, sonst hätte ich sie erkannt. Ich kann nicht erklären, wie ich Magie spüre. Manchmal sehe ich sie um einen Menschen in der Luft funkeln oder jemandem an den Augen an, doch bei Drefan ist mir nichts dergleichen aufgefallen. Meines Erachtens ist er einfach ein begabter Heiler.
Ich bin ihm dankbar, daß er Cara gerettet hat. Was er zumindest behauptet. Nun, was wäre, wenn sie sich nach Marlins Tod und nachdem die Verbindung zu ihm unterbrochen war, von selbst erholt hätte?«
Daran hatte Kahlan nicht gedacht. »Du traust ihm also nicht?«
»Ich weiß nicht recht. Nach wie vor glaube ich nicht an Zufälle.« Er seufzte ungeduldig. »Kahlan, du mußt ganz ehrlich sein. Du darfst nicht zulassen, daß ich mich blenden lasse, nur weil er mein Bruder ist und ich ihm vertrauen will. Ich war noch nie besonders sicher in meinem Urteil, wenn es um einen Bruder ging. Wenn du irgendeinen Grund hast, an ihm zu zweifeln, dann sag ihn mir.«
»Einverstanden,«
Er beugte sich zu ihr vor. »Du könntest mir zum Beispiel erklären,
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