Der Tempel der vier Winde - 8
könnt Jagang ausrichten, ich sei daran interessiert, Frieden zu schließen.«
»Frieden?« Schwester Jodelle strich sich umständlich ein paar dunkle Strähnen aus dem Gesicht. »In welcher Position seid Ihr, ein solches Angebot zu machen?«
Nathan reckte sein Kinn. »Ich bin Lord Rahl. Bald werde ich Herrscher D’Haras sein und damit die Befehlsgewalt über die Neue Welt in Händen halten. Soweit ich weiß, ist Jagang in einen Krieg mit der Neuen Welt verstrickt.«
Schwester Jodelle kniff die Augen zusammen. »Was wollt Ihr damit sagen, Ihr würdet bald der Herrscher D’Haras sein?«
»Berichtet Jagang einfach, sein gewagter Plan steht kurz vor der Vollendung. Er wird den derzeitigen Lord Rahl in Kürze ausgeschaltet haben. Allerdings hat Jagang einen Fehler begangen. Er hat nicht mit mir gerechnet.«
»Aber … aber…« stammelte Schwester Jodelle, »Ihr seid nicht Lord Rahl.«
Nathan beugte sich verstohlen grinsend zu ihnen. »Wenn Jagang den Erfolg hat, den ich als Prophet vorhersehe, werde ich bald Lord Rahl sein. Ich bin ein Rahl, ich wurde mit der Gabe geboren. Alle D’Haraner werden mir über die Bande verpflichtet sein. Wie Ihr wißt, werden diese Bande den Traumwandler daran hindern, seine Fähigkeiten im Kampf gegen die Neue Welt einzusetzen.
Ihm ist ein Fehler unterlaufen.« Nathan verpaßte Pierce einen Klaps auf den Kopf. »Er bedient sich Möchtegernpropheten wie dieser hirnlosen Kaulquappe hier.«
Pierce lief rot an. »Ich bin kein Möchtegernprophet!«
Nathan sah ihn verächtlich an. »Ach, nein? Wieso hast du Jagang dann nicht davor gewarnt, daß er sich, so er sich einer Prophezeiung bedient, um Richard auszuschalten, nur in eine noch mißlichere Lage bringt? Denn nun bleibt mir gar keine andere Wahl, als Lord Rahl, der Herrscher D’Haras sowie aller Mächte von Rang in der Neuen Welt zu werden. Hast du ihn vor diesem Ausgang gewarnt? Richard mag vielleicht entschlossen sein, aber er hat so gut wie keine Ahnung von Magie, ich dagegen weiß eine Menge darüber. Eine gewaltige Menge.«
Nathan baute sich vor Pierce auf. »Frag Vincent. Ein wahrer Prophet hätte die Gefahr erkannt, die hinter meinen einfachen Schilden lauert und nur darauf wartet, von einem Angreifer ausgelöst zu werden. Hast du sie erkannt?«
Schwester Willamina streckte einen Arm vor und hielt Pierce zurück. Gerade rechtzeitig, wie Clarissa fand, denn Nathan machte ganz den Eindruck, als wollte er jeden Augenblick ein weiteres Häuflein weißer Asche produzieren.
»Was verlangt Ihr also, Lord Rahl?« fragte sie.
»Jagang hat die Wahl. Entweder er hört sich meine Bedingungen an, oder er gerät in große Schwierigkeiten. In sehr viel größere Schwierigkeiten als durch Richard Rahl.«
»Bedingungen?« Schwester Jodelle zog das Wort argwöhnisch in die Länge.
»Der derzeitige Lord Rahl ist jung und voller Idealismus und würde sich Jagang niemals ergeben. Ich dagegen bin älter und weiser. Ich weiß, wie töricht ein Krieg wäre, der unzählige Menschen das Leben kosten würde. Und wozu? Nur für das Recht, dem Herrscher einen neuen Namen zu geben?
Richard ist ein junger Narr, der nicht ahnt, wie er seine Kraft benutzen soll. Ich bin kein junger Narr, und wie Ihr gesehen habt, weiß ich sehr wohl, wie ich meine Kraft einsetzen kann. Ich bin bereit, die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, Jagang nach Belieben über die Neue Welt herrschen zu lassen.«
»Und im Gegenzug?«
Nathan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ich will nichts weiter als einen Teil der Beute für mich – als Gegenleistung für meine Hilfe. Ich werde die Herrschaft D’Haras übernehmen. Unter seiner Oberherrschaft natürlich. Ich werde sein Stellvertreter sein und die Geschäfte D’Haras führen. Außer Jagang steht niemand im Rang über mir. Das erscheint mir ganz gerecht.«
Der junge Pierce war immer noch weiß wie ein Laken und versuchte, sich hinter den beiden Frauen unsichtbar zu machen. Die beiden Schwestern dagegen wirkten plötzlich sehr viel weniger unglücklich. Sie hatten ein schmales, interessiertes Lächeln aufgesetzt.
»Woher weiß Jagang, daß er Euch trauen kann?«
»Trauen? Hält er mich für genauso dumm wie den jungen Lord Rahl, der zur Zeit die Neue Welt regiert? Ich habe gesehen, was mit Renwold geschehen ist. Wenn ich D’Hara nicht so regiere, wie Jagang es wünscht, und ihm einen gewaltigen Tribut bewillige, könnte er am Ende einmarschieren und uns vernichten. Kriege sind teuer. Diesen Reichtum hätte ich
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