Der Tempel der vier Winde - 8
lieber für mich selbst.«
Schwester Jodelle lächelte höflich. »Und bis dahin? Woher wissen wir, daß es Euch wirklich ernst damit ist?«
»Ihr wollt eine Sicherheit?« Nathan rieb sich das Kinn und starrte an die Decke. »Nördlich von hier steht eine d’Haranische Armee von nahezu einhunderttausend Mann. Ohne meine Hilfe würdet Ihr sie niemals finden, bevor sie Jagangs Expeditionsstreitkräfte überfällt. Sobald Jagang den derzeitigen Lord Rahl beseitigt hat, werden die Bande dieser Armee auf mich übergehen. Sie wird mir treu ergeben sein. Gleich anschließend werde ich diese Armee seinen Truppen überstellen und ihm dadurch zusätzliche Männer unter Waffen in die Hände spielen. D’Haraner haben eine lange Tradition des Beutekrieges. Sie werden sofort an Jagangs Seite kämpfen.«
»Eine ganze Armee ausliefern«, meinte Schwester Jodelle nachdenklich.
»Seht Ihr, meine lieben Schwestern, Jagang bedient sich einer Prophezeiung, um diesen Krieg zu gewinnen. Genau das war sein Fehler. Er vertraut Zauberern, die keine richtigen Propheten sind. Ich könnte ihm die fachkundigen Dienste eines wahren Propheten anbieten. Seine Alternative wäre, einen wahren Propheten zum Feind zu haben. Die Hilfe von Möchtegernpropheten hat ihn doch erst in diese … mißliche Lage gebracht, seht Ihr das nicht ein?
Für einen kleinen, unbedeutenden Teil der Beute kann ich ihn daraus befreien. Ihr werdet sicherlich verstehen, daß ich nach all den Jahren unter der Obhut von Euch edlen Schwestern meine wenigen mir verbleibenden Jahre damit verbringen möchte, die Freuden des Lebens zu genießen.
Mit meiner Hilfe wird es seitens der Neuen Welt nicht mehr Widerstand geben als in Renwold. Sollte Jagang beschließen, unvernünftig zu sein, nun, wer weiß, mit einem echten Propheten auf seiten der Neuen Welt könnte sie am Ende gar gewinnen.«
Schwester Jodelle musterte Nathans Augen. »Hm, jetzt verstehe ich, worauf Ihr hinauswollt.«
Nathan reichte ihr seinen Brief. »Hier. Gebt dies Jagang. Darin werden mein Vorschlag und meine Bedingungen erklärt, als Gegenleistung für die Übergabe der Neuen Welt an mich. Wie gesagt, ich bin sicher, er wird mich viel vernünftiger finden als den derzeitigen Lord Rahl. Ich weiß, daß man mit Krieg nichts gewinnen kann. Ein Herrscher oder ein anderer, der Unterschied ist gering. Warum sollten Hunderttausende von Menschen ihr Leben für den Namen lassen, den man diesem Herrscher gibt?«
Die beiden Schwestern ließen den Blick durch den luxuriösen Raum wandern und lächelten Nathan verschwörerisch an.
»Welch ein gerissener alter Mann Ihr seid«, sagte Schwester Jodelle. »Und wir dachten die ganze Zeit, Ihr wärt nur ein alter Narr, der sein Leben in seinen Gemächern fristet. Nun, Lord Rahl, wir werden Euren Vorschlag an Kaiser Jagang weiterleiten. Ich denke, er wird ihn mit äußerstem Interesse aufnehmen. Wäre der derzeitige Lord Rahl ebenso vernünftig gewesen, steckte er gegenwärtig nicht in diesen verhängnisvollen Schwierigkeiten.«
»In so vielen Jahren findet ein Mann viel Zeit zum Nachdenken.«
An der Tür drehte sich Schwester Jodelle noch einmal um. »Ich kann nicht für den Kaiser sprechen, Lord Rahl, aber ich denke, diese Neuigkeiten werden ihn aufs äußerste erfreuen. Ich glaube, wir dürfen das Ende dieses Krieges ins Auge fassen und den Sieg, der damit enden wird, daß Jagang der Name ist, den man dem Herrscher aller Menschen geben wird.«
»Ich will lediglich, daß das Morden ein Ende hat. Davon profitieren alle, Schwester. Oh, und sagt Jagang, die Sache mit Vincent tut mir leid, aber der Junge hat ihm ohnehin keine guten Dienste erwiesen.«
Schwester Jodelle zuckte die Achseln. »Ganz recht, Lord Rahl. Das hat er wirklich nicht.«
50. Kapitel
Richard fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und stützte die Stirn in die Hände. Er hörte, wie jemand ins Zimmer kam, und sah auf. Es war Kahlan.
Als er ihr Lächeln sah, ihre strahlend grünen Augen, ihr üppiges dichtes Haar – ihre ganze Schönheit, faßte er wieder Mut. Diese Schönheit und die Tatsache, daß sie ihn liebte, verwunderte ihn stets aufs neue.
Das Gefühl der Selbstgewißheit, das ihm diese Liebe verlieh, hätte er sich niemals träumen lassen. Er hatte sich immer vorgestellt, jemanden zu lieben, doch das Gefühl von Sicherheit und Frieden, das dies seiner Seele gab, hatte er sich nicht träumen lassen. Sollte Shota jemals versuchen, daran zu kratzen…
Kahlan hielt eine dampfende
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