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Der Tempel der vier Winde - 8

Der Tempel der vier Winde - 8

Titel: Der Tempel der vier Winde - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Ringfinger küßt? Hast du es mit eigenen Augen gesehen? Bist du absolut sicher, daß sie nicht einen anderen Finger geküßt hat?«
    »Ich habe an ihrem Krankenbett gewacht und versucht, sie zu trösten. Da habe ich sie beobachtet.« Janet küßte ihren eigenen Ringfinger und sprach dabei mit leiser Stimme ein Bittgebet, sie wolle auf der Stelle tot umfallen, wenn sie nicht die Wahrheit sagte.
    »Einfach so? Sie küßt ihren Finger einfach so?«
    »Ja. Sie küßt ihren Finger und weint und betet, der Schöpfer möge sie für das Grauen töten, das sie angerichtet hat.«
    »Was hat sie denn angerichtet?«
    »Das weiß ich nicht. Sobald ich sie danach frage, schreit und weint sie sich fast in den Wahnsinn. Jagang erlaubt nicht, daß sie sich selbst tötet. Er hat die Kontrolle über ihren Verstand, genau wie bei uns anderen. Er erlaubt keinem von uns, sich umzubringen; wir müssen ihm weiter dienen.
    Amelia dürfen wir nicht zurücklassen, Verna. Wir müssen sie mitnehmen. Ich bin der einzige Trost, den sie auf der Welt hat. Was Jagang ihr antut…«
    Verna wandte sich ab. Die Vorstellung, Amelia zurückzulassen, wenn sie dem Hüter tatsächlich abgeschworen hatte, drehte ihr den Magen um. Die fünf waren nahezu fünfhundert Jahre lang, seit sie junge Novizinnen waren, die allerbesten Freundinnen gewesen.
    Eine Schwester des Lichts führte ein hartes Leben. Sie hatten einen Eid geschworen, einander stets beizustehen.
    »Sie ist wieder eine von uns, Verna, eine Schwester des Lichts. Sie ist eine von uns fünf. Bitte, Verna, ich möchte lieber bei ihr bleiben, als sie im Stich zu lassen.«
    Verna drehte sich um und sah Janets angsterfüllten Blick.
    »Wir müssen ihn mit Exzellenz anreden, Verna«, sagte Janet leise schaudernd. »Wenn wir sein Mißfallen erregen, aus welchem Grund auch immer, läßt er uns eine Woche lang in den Zelten Dienst tun.«
    Warren rief warnend Vernas Namen. Verna gab ihm einen Wink, er solle still sein. »In den Zelten? Wovon redest du?«
    Janets Augen quollen abermals vor Tränen über. »Er überläßt uns eine Woche lang seinen Soldaten. Wir haben Ringe aus Gold, deshalb töten sie uns nicht, weil die mit dem goldenen Ring Jagang gehören, aber davon abgesehen können sie mit uns anstellen, was immer ihnen beliebt. Sie reichen uns eine Woche lang von einem Zelt zum nächsten weiter. Selbst die älteren Schwestern werden in die Zelte geschickt. Jagang bezeichnet es als Lektion in Sachen Disziplin, die wir alle lernen müßten.«
    Janet fiel auf die Knie, brach schluchzend zusammen und schlug beide Hände vor den Mund. Verna sank neben ihr nieder und nahm sie in den Arm.
    »Du hast keine Vorstellung, was Jagangs Männer uns antun«, weinte Janet. »Keine, Verna!«
    »Ich verstehe«, erwiderte Verna leise. »Still jetzt. Es ist alles in Ordnung. Wir bringen dich von hier fort.«
    Janet schüttelte den Kopf an Vernas Schulter. »Ich werde Amelia nicht zurücklassen. Sie hat nur noch mich. Ich bin eine Schwester des Lichts. Der Schöpfer würde es mir niemals verzeihen. Wenn ich sie alleine lasse, würde ich meine Pflicht dem Schöpfer gegenüber verletzen.
    Jagang hat sie wieder einmal in die Zelte geschickt. Sie dreht durch, wenn sie zurückkommt und ich nicht da bin. Niemand sonst wird sich um sie kümmern. Die Schwestern der Finsternis werden einen großen Bogen um sie machen, und die Schwestern des Lichts werden ihr nicht verzeihen. Ich bin ihre einzige Freundin. Ich bin die einzige, die ihr vergeben und akzeptiert hat, daß sie zum Licht zurückgekehrt ist.
    Sie wird übel zugerichtet sein, wenn sie zurückkommt. Ihr wißt nicht, wie Jagangs Männer sind. Außer bei gebrochenen Knochen erlaubt uns Jagang nicht, unsere Gabe einzusetzen, um uns gegenseitig zu heilen, wenn wir von den Zelten zurückkehren. Er meint, das sei Teil der Lektion. Nach dem Tod gehören unsere Seelen vielleicht dem Schöpfer, in diesem Leben jedoch ist unser Körper Jagangs Eigentum.
    Wenn wir zurück sind, dürfen wir uns die gebrochenen Knochen mit Hilfe der Gabe richten lassen, aber bis dahin müssen wir diese entsetzlichen Schmerzen ebenso ertragen wie alles andere. Sollte ich nicht hier sein, wird niemand sie heilen oder auch nur trösten.«
    Vernas versagte die Stimme. »Wie ertragt ihr das alles nur?«
    Janet preßte eine Faust auf ihr Herz. »Wir sind Schwestern des Lichts, wir müssen es für den Schöpfer über uns ergehen lassen.«
    Verna und Warren sahen sich einen Augenblick lang besorgt an. »Weißt

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