Der Tempel der vier Winde - 8
die Art ihrer Hinrichtung selbst zu wählen.«
»Und wofür würdet Ihr Euch entscheiden?«
»Für meinen Strafer, Lord Rahl. Ich weiß, ich habe Euch enttäuscht – ich habe ein unverzeihliches Verbrechen begangen – aber in der Vergangenheit habe ich ehrenvoll gedient. Bitte! Erlaubt, daß es mit meinem Strafer geschieht. Das ist mein einziger Wunsch. Entweder Berdine oder Raina kann die Hinrichtung durchführen. Sie wissen, wie.«
Richard kam um den Tisch herum. Er lehnte sich an dessen Kante und sah hinab auf Caras zusammengesunkene, bebende Gestalt. Er verschränkte die Arme.
»Abgelehnt.«
Ihre Schultern erbebten, als sie zu schluchzen begann. »Darf ich fragen, für was Lord Rahl sich … entscheiden wird?«
Fast zärtlich sagte er: »Seht mich an, Cara.« Ihr tränenverschmiertes Gesicht kam hoch. »Ich bin wütend, Cara, aber ganz gleich, wie wütend ich zuvor war, nie, niemals würde ich eine von euch hinrichten lassen.«
»Ihr müßt. Ich habe Euch enttäuscht. Ich habe Euren Befehl mißachtet, Eure Geliebte zu beschützen. Ich habe einen unverzeihlichen Fehler begangen.«
Richard mußte lächeln. »Ich weiß nicht, ob es Fehler gibt, die unverzeihlich sind. Verrat ist vielleicht unverzeihlich, ein Fehler jedoch nicht. Wenn wir damit anfangen wollten, Menschen für ihre Fehler hinzurichten, dann, so fürchte ich, wäre ich schon lange tot. Ich mache ständig Fehler. Einige davon waren ziemlich schwerwiegend.«
Sie schüttelte den Kopf und sah ihm staunend ins Gesicht. »Eine MordSith weiß, wann sie es verdient hat, hingerichtet zu werden. Ich habe es verdient.« Er bemerkte die eiserne Entschlossenheit in diesen blauen Augen. »Entweder führt Ihr sie durch, oder ich werde es tun.«
Richard stand eine Weile da und versuchte abzuschätzen, an welche Pflichten eine Mord-Sith gebunden sein mochte. Versuchte, den Wahnsinn in diesen Augen abzuschätzen.
»Sehnt Ihr Euch nach dem Tod, Cara?«
»Nein, Lord Rahl. Seit Ihr unser Lord Rahl seid, überhaupt nicht mehr. Deswegen muß ich es tun. Ich habe Euch enttäuscht. Eine Mord-Sith lebt und stirbt nach einem strengen Pflichtenkodex ihrem Herrn gegenüber. Weder Ihr noch ich könnt verhindern, was geschehen muß. Mein Leben ist verwirkt. Ihr müßt die Hinrichtung durchführen, oder ich werde es tun.«
Richard wußte, daß sie nicht um Mitgefühl buhlen wollte. Mord-Sith blufften nicht. Wenn es ihm nicht irgendwie gelang, ihre Meinung zu ändern, würde sie tun, was sie sagte.
Dies wissend und aus der daraus folgenden, widerwärtigen Erkenntnis heraus, daß es seine einzige Wahl war, tat er den geistigen Sprung von der Klippe des gesunden Menschenverstandes hinab in den Wahnsinn, wo ein Teil des Verstandes dieser Frau und, wie er fürchtete, auch des seinen heimisch war.
Die Entscheidung war gefallen, so unwiderruflich wie ein Herzschlag.
Die Muskeln angesichts der Unwiderruflichkeit gespannt, zog er sein Schwert. Das leise, unverwechselbare Klirren von Stahl erklang im Raum und fuhr ihm in die Knochen.
Dieser scheinbar einfache Vorgang setzte den Zorn des Schwertes frei. Der Riegel des Tors zum Tod war zurückgezogen. Es raubte ihm den Atem wie eine Wand aus Säuredampf. Aus diesem Wind erhob sich ein Sturm des Zorns.
»Dann«, erklärte er ihr, »soll Magie zu Eurem Richter und zu Eurem Henker werden.«
Sie kniff krampfhaft die Augen zu.
»Seht mich an!«
Der Zorn des Schwertes durchfuhr ihn und wollte ihn mit sich fortreißen. Er mußte kämpfen, nicht die Beherrschung zu verlieren, wie stets, wenn er der Raserei freien Lauf ließ.
»Ihr werdet mir in die Augen sehen, während ich Euch töte!«
Sie öffnete die Augen. Sie runzelte die Stirn, Tränen liefen ihr übers Gesicht. Alles Gute, das sie je getan hatte, alle Tapferkeit im Anblick der Gefahr, jedes Opfer, das sie für ihre Pflicht erbracht hatte, war ihr durch ihre Schande genommen. Man hatte ihr die Ehre eines Todes durch ihren eigenen Strafer verwehrt. Aus diesem Grund, und allein aus diesem Grund, weinte sie.
Richard preßte die rasiermesserscharfe Schneide gegen seinen Unterarm und gab der Klinge ihren Vorgeschmack auf das Blut. Er legte das Schwert der Wahrheit an seine Stirn, berührte seine Haut mit dem kalten Stahl und dem warmen Blut.
Er sprach die beschwörenden Worte. »Klinge, sei mir heute treu.«
Dies war der Mensch, der ihn mit seiner Vermessenheit, und nur durch Glück letztendlich doch nicht, fast um Kahlan gebracht hätte. Ihn um alles gebracht hätte.
Sie
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