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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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weitere Entgegnung.
     
     
    Kurz nach Sonnenaufgang führte
man Elihap in Salomos kleines Privatzimmer. Es war ein erschöpfter Mann, der
sich da vor seinem Herrscher auf die Knie warf, doch trotz seiner abgerissenen
Kleidung strahlte er einen Stolz aus, den auch ein widriges Geschick nicht
hatte brechen können. Dieser kahle, hochgewachsene Fünfziger mit den
durchdringenden, schwarzen Augen erzitterte nicht vor seinem Herrscher, der
gleich sein Urteil sprechen würde.
    «Wird Israel
von Jerusalem richtig regiert?» wollte der König wissen.
    Die Frage verwunderte Elihap.
Sie war an den ehemaligen, sachkundigen Schreiber des Palastes gerichtet.
    «Nein,
Majestät. Im Verhältnis zur Hauptstadt haben die Provinzen zu viele Rechte.»
    «Wie werden
die Steuern eingezogen?»
    «Zum Teil in
bar, zum Teil in Form von Fronarbeit auf den Baustellen des Königs.»
    «Wie viele
gibt es?»
    «Sehr wenige.
Zwei, drei in der Provinz, eine in Jerusalem, dort wird ein Teil der südlichen
Befestigungsmauer ausgebessert.»
    «Setze dich an die Palette
da, Elihap.»
    Mit
sichtlicher Freude griff der Ägypter zu seiner Schreibbinse, einem Papyrus und
dem Napf mit schwarzer Tusche. Ungezwungen nahm er die Schreiberhaltung ein:
Aufrechter Oberkörper, gekreuzte Beine.
    «Du wirst
mein Schreiber und mein Vertrauter», sagte Salomo. «Und du wirst meine Erlässe
schreiben. Fangen wir mit dem an, der deinen Aufgabenbereich im einzelnen
beschreibt. Du setzt die Briefschaften des Palastes für das Inland und das
Ausland auf, du empfängst und schreibst auf, was an Steuern hereinkommt, du
bist der oberste Schreiber.»
    Elihap schrieb sicher und
schnell.
    «Wer ist dein
Gott?» fragte Salomo.
    Der Ägypter
legte die Schreibbinse auf die Palette. Vor ihm gähnte eine Falle, doch er
zögerte nicht.
    «Ich verehre
den Gott Apis. Das bedeutet auch mein Name: ‹Apis ist mein Gebieter.› In ihm
verkörpert sich der oberste Gott.»
    Mit diesen
Worten hatte Elihap sich selbst verurteilt. Im Land des Einen Gottes, der
eifersüchtig über seiner Oberhoheit wachte, war es gegen das Gesetz, sich zu
einem anderen Glauben zu bekennen, doch der Ägypter wollte nicht mehr wie ein
Einsiedler leben und sein Herz verleugnen.
    «Und wie ist
dieser oberste Gott beschaffen?» wollte der König wissen.
    «Er ist das Licht», erwiderte
der Schreiber. «Der Apis-Stier ist das weltliche Symbol seiner Macht. Darum
trägt der Pharao einen Stierschwanz an seinem Schurz.»
    «Der Gott Israels ist auch
das Licht. Höre auf das, was dich dein Glaube lehrt, Elihap. Aber hüte deine
Zunge. Nimm deine Schreibbinse, wir haben noch viel zu tun.»
     
     
    Öl- und Feigenbäume schützten das Kidron-Tal vor der
ärgsten Sommerhitze. Hier war es lieblich und friedlich. Der Lärm der
Hauptstadt brach sich an den Hängen der angrenzenden Hügel.
    Dennoch gab
es nur wenige, die sich zu diesem abgeschiedenen Fleckchen trauten. Man hatte
dort nämlich einen Friedhof angelegt, auf dem Helden wie Absalom ruhten.
    König Salomo
betete vor Nathans Grab zum HERRN.
    Der Lehrer
war in einer Vollmondnacht im Schlaf gestorben. Sein Gesicht war die
vollkommene Ruhe, die Ruhe eines Dieners, der nie unterwürfig gewesen war. Mit
ihm war auch Salomos Jugend gestorben. Von nun an hatte er keinen Vertrauten
mehr, keinen Freund, bei dem er sich aussprechen konnte, niemanden, mit dem er
seine Zweifel und Ängste teilen konnte. Nathan hatte ihn aufgezogen, hatte ihn
zum König erzogen, ohne ihn Eitelkeit zu lehren, nur weil er eines Tages über
die Geschicke Israels bestimmen würde. Er hatte sich hinter seiner Aufgabe
unsichtbar gemacht, damit er das Gewissen seines Schülers besser bilden konnte.
Fern der Gerüchte und Intrigen des Hofes hatte er Salomo sein Leben geweiht.
    Der König
hatte seinem Lehrer eigenhändig das Grab gegraben und sich Klageweiber
verbeten, denn er wollte in der duftenden Stille des Kidron-Tals mit einem
Lehrer Zwiesprache halten, dessen Seele ihn sein wahres Wesen hatte erkennen
lassen.
    Salomo wußte
nicht, ob er Nathans Erwartungen erfüllen konnte. Da er allein war und ihn
seine engsten Vertrauten verlassen hatten, war er gezwungen, allein zu
regieren, und mußte versuchen, sein Volk und sein Land zur Ehre des Höchsten zu
gestalten.
    Das schwor er
Nathan an dessen Grab.

 
    Kapitel 6
     
     
     
    Wer
hatte verkündet: «Ich erschaffe Jerusalem
zu meiner Freude und seine Einwohner zu meiner Kurzweil», wenn nicht David? Wer
hatte der Stadt ihren Namen gegeben, indem er

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