Ein Liebestraum auf den Bahamas
1. KAPITEL
Als sie die Lobby ihres Hotels betrat, hielt Cassie den Atem an. Unwillkürlich blieb sie stehen, völlig in den Bann gezogen von dem Mann, der in diesem Moment an der Rezeption des „Garrison Grand-Bahamas“ eincheckte. Es war lange her, seit ein Mann ihre Aufmerksamkeit so stark auf sich gezogen hatte wie dieser – der schlicht und einfach umwerfend war.
Er musste knapp eins neunzig groß sein. Sein athletischer Körperbau ließ darauf schließen, dass er entweder Profi-Sportler war oder aus anderen Gründen großen Wert auf Fitness legte. Und er war Amerikaner, das sah Cassie ihm sofort an. Wahrscheinlich führten ihn keine Geschäfte hierher, denn er war eher salopp gekleidet. Die dunkelbraune Hose passte perfekt zu dem hellbraunen Hemd, das seinen schönen Teint betonte.
Cassie wusste nicht genau, woran es lag. Aber irgendetwas an diesem Mann weckte ihr Interesse. Und nach der Art zu schließen, wie manch andere Frau in der Lobby ihn beobachtete, konnte er sich über fehlende Verehrerinnen sicher nicht beschweren.
Energisch riss sie sich zusammen und erinnerte sich daran, dass sie keine Zeit hatte, wegen eines Fremden in Verzückung zu geraten. Cassie drückte auf den Knopf des Aufzugs, der sie zu ihrem Büro in der obersten Etage bringen würde. Dieses Büro hatte früher ihrem Vater gehört.
Vor fünf Jahren, als sie zweiundzwanzig war, hatte John Garrison sie zur Managerin gemacht und seinen Entschluss nach eigenen Worten kein einziges Mal bereut. Deswegen war Cassie auch nicht überrascht gewesen, das Hotel zu erben. Auf diese Weise hatte er bestätigt, was einige der Angestellten wahrscheinlich schon geahnt hatten – dass sie seine Tochter war.
An ihre Eltern zu denken versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. Zum Glück war der Lift leer, in dieser Stimmung wollte sie lieber allein sein. Cassie hatte sich in den vergangenen fünf Monaten große Mühe gegeben, stark zu bleiben. Trotzdem konnte sie den Schock kaum verkraften. Ihre Mutter war nach einem Autounfall verstorben, ihr Vater kaum einen Monat später durch einen Herzinfarkt – Cassie glaubte jedoch insgeheim, dass er an gebrochenem Herzen gestorben war.
Sie hatte sich oft gefragt, wie er es schaffen sollte, nach dem Tod ihrer Mutter weiterzuleben. Als Cassie ihn das letzte Mal gesehen hatte – es war nur wenige Tage, bevor er für immer von ihr gegangen war –, hatte sie sich große Sorgen über seinen Zustand gemacht. Wieder und wieder hatte ihr Vater gesagt, dass ihm der Verlust seiner Ava so vorkam, als hätte er einen Teil seiner selbst verloren.
Obwohl er ein verheirateter Mann gewesen war, hatte er sich in Cassies Mutter verliebt, in die schöne, lebhafte Ava Sinclair. Und sie war über achtundzwanzig Jahre lang John Garrisons große Liebe geblieben.
Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass sie den reichen, gut aussehenden Amerikaner damals beim Schönheitswettbewerb für die Miss Universe kennenlernte. Als amtierende Miss Bahamas hatte Ava daran teilgenommen. Ihre Wege hatten sich jedoch erst einige Jahre später wieder gekreuzt. John war auf die Insel gereist, um ein Grundstück für das große Hotel zu kaufen, das er bauen wollte.
Er hatte bereits eine Familie in den Vereinigten Staaten, eine Frau und fünf Kinder. Allerdings war er unglücklich gewesen und hatte seine Frau nicht mehr geliebt. Um bei den Kindern zu bleiben, hatte er sich nicht getrennt.
Cassie hatte die Beziehung ihrer Eltern erst mit den Jahren richtig zu verstehen begonnen. Trotzdem war ihr immer klar gewesen, dass etwas Besonderes sie zusammenhielt, etwas Einmaliges, das nur wenige Menschen erlebten. Was ihre Eltern verbunden hatte, war die große Liebe, die ein Leben lang anhielt. Ava stellte nie Bedingungen, sie forderte nie etwas. Dennoch hatte John sich immer großzügig gezeigt, sodass es ihr und Cassie nie an etwas gefehlt hatte.
Sie wusste, dass die Leute sich ein anderes Bild von der Beziehung ihrer Eltern gemacht hatten. John war verheiratet und Ava seine Geliebte. Dass es sehr viel mehr zwischen ihnen gab als das, wusste nur Cassie. Sie war davon überzeugt, dass ihre Eltern verwandte Seelen gewesen waren. Sie hatte beide von ganzem Herzen geliebt; und kein Tag war vergangen, an dem sie Cassie ihre Liebe nicht hätten spüren lassen.
Allerdings litt sie jedes Mal, wenn ihr Vater zu seiner Familie nach Miami reiste – eine Familie, von der sie erst im Teenageralter erfahren hatte. Die Wahrheit zu hören hatte wehgetan. Aber ihre Eltern
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