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Der Tempel zu Jerusalem

Der Tempel zu Jerusalem

Titel: Der Tempel zu Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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anbrach, das aus Israel jenes Paradies machen würde, von dem Moses
geträumt hatte.
    Der König
verweilte bei der Töpferscheibe des Töpfers. Wer hätte dabei nicht an Gott
gedacht, als er mit diesem über alle Maßen vollendeten Werkzeug die menschliche
Rasse schuf und dem Lehm lebendige Formen abrang, die er mit Seiner Hand und
Seinem Geist formte? In Ägypten wiederum hatte der Widdergott die Welt
erschaffen. Die Hebräer hatten diese Symbolik beibehalten, denn ihre Handwerker
hatten ihr Gewerbe im Land der Pharaonen gelernt. Salomo träumte von einer
Welt, die er dem Chaos entreißen wollte. Verdankte man den Töpfern nicht
alltägliche Dinge genauso wie erlesenste Gefäße, kleine Krüge wie große
Kornkrüge, Lampen wie Spielzeug? Salomo wollte es dem Töpfer nachtun und seinem
Volk materiellen Wohlstand verschaffen. Doch der konnte nur Dauer haben, wenn
er aus geistiger Fülle rührte. Darum wollte der König ein neues Wegstück in
Angriff nehmen und hatte die zwölf Stämme Israels, nämlich Ruben, Simeon, Levi,
Juda, Sebulon, Isaschar, Dan, Asser, Gad, Naphtali, Joseph und Benjamin, fern
ihrer Stammesgebiete zusammengerufen. Diese reichen und mächtigen Männer, große
Landbesitzer, wetteiferten miteinander, wer den König an diesem unwürdigen Ort
mit seiner Pracht am meisten beeindrucken konnte. Ihre Leibbarbiere hatten mit
Gold- oder Elfenbeinkämmen erlesene Frisuren mit schwingenden Locken oder langen
geölten Strähnen geschaffen, die ihnen auf den Rücken fielen. Die Gürtel, die
farbenprächtige Tuniken in der Mitte zusammenhielten, waren mit Diamanten und
Rubinen besetzt. Neben den Stammesfürsten wirkte Salomo fast wie ein Mann aus
dem Volk.
    Er bat sie,
auf den Matten Platz zu nehmen, die Banajas zu Füßen eines großen Feigenbaums
ausgerollt hatte, dessen Schatten auf niemanden fallen durfte. Seine Gäste
waren neugierig, was diese seltsame Zusammenkunft zu bedeuten hatte. Salomo bot
ihnen ein Gericht aus Gurken, Zwiebeln und Lattich an. Einige aßen mit Appetit,
andere lehnten ab, denn Könige griffen oftmals zu Gift, wenn sie Gegner
loswerden wollten. Und wurde nicht gemunkelt, daß Salomo als alleiniger
Herrscher regieren wolle?
    «Ich habe
Weinstöcke gepflanzt», machte ihnen der Herrscher klar, «habe Weinberge und
Obsthaine geschaffen, Wasserleitungen zur Bewässerung der Plantagen bauen
lassen, ich habe euch Dienstboten, Rinder- und Schafherden gegeben. Ihr lebt so
gut wie selten jemand vor euch. Warum seid ihr mir gegenüber so mißtrauisch?»
    «Du hast uns
reich gemacht», bestätigte der Fürst des Stammes Dan, «aber war das nicht eine
List, mit der du unsere Wachsamkeit einschläfern wolltest? Du gehörst nicht zu
den Menschen, die Geschenke verteilen, ohne dafür etwas zu verlangen.»
    «Das ist
wahr», bekannte Salomo. «Niemand bestreitet eure Rechte. Ohne euch wären die
Provinzen verloren. Aber ihr schuldet dem König Treue.»
    «Wer daran
denkt, sich gegen dich zu erheben», entrüstete sich der Fürst des Stammes Levi,
«dem werde ich aufs Haupt schlagen!»
    Das
bestätigten seine Gefährten mehr oder minder beflissen mit einem Kopfnicken.
    «Ich weiß,
daß ihr mir treu ergeben seid», meinte Salomo, «doch das reicht mir nicht.»
    Die
Stammesfürsten warfen sich verwunderte Blicke zu.
    «Solange ihr
Rivalen seid, wird Israel ein schwacher Staat bleiben. Die einzige Möglichkeit,
das zu bewahren, was ihr errungen habt, steht und fällt mit dem König. Ich will
aus Jerusalem eine echte Hauptstadt machen. Und aus unserem Volk eines der
mächtigsten und glorreichsten. Dazu brauche ich eure völlige Unterwerfung. Ihr
führt weiterhin eure Stämme, seid jedoch meine gehorsamen Vasallen. Wenn ich
Soldaten brauche, schickt ihr mir diese und setzt damit das Interesse des
Landes vor euer eigenes. Wenn ich neue Steuern erhebe, so erhebt ihr sie für
mich und dürft einen Teil davon behalten. Jeden meiner Wünsche erfüllt ihr mir
beflissen. Nicht für mich, sondern für Israel. Ich will eine Antwort von euch,
hier und heute.»
    Salomo hatte in
sehr sanftem, freundlichem Ton gesprochen, hatte aber keinen Hehl aus seinen
Absichten gemacht. Die Stammesfürsten zogen sich hinter das Haus des Töpfers
zurück, in dem der König ihren Entschluß abwartete.
    Der
Handwerker verzierte einen Weinkrug, er fuhr trotz der Anwesenheit des Königs
mit seiner Arbeit fort.
    «Töpfer, was
erwartest du von deinem König?»
    «Wohlergehen
für meine Kinder», war die Antwort.
    «Und wovon
hängt das

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